Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

Johann Wilhelm Heinrich Nolte wurde am 27. No¬
vember 1786 zu Berlin geboren. Er stammte aus einer
achtbaren Bürgerfamilie, und der Vater, ein überaus
redlicher und mit ungewöhnlicher Klarheit in die Ver¬
hältnisse des Lebens blickender Mann, sorgte eifrig dafür,
durch guten Unterricht die frühzeitig sichtbaren Anlagen
des Sohnes zu entwickeln. Dieser besuchte von der
zartesten Jugend an die Realschule, ging mit einem
reichen Vorrathe von Kenntnissen und Fertigkeiten zu
dem mit dieser Schule in enger Verbindung stehenden
Pädagogium, dem nachmaligen Friedrich-Wilhelms-
Gymnasium, über, und gewann hier insonderheit das
Studium der älteren und neueren Sprachen lieb, worin
er bald die ausgezeichnetsten Fortschritte machte. Ohne
hinlängliche Mittel, eine Universität zu beziehen, und
für die Erweiterung seiner Vorkenntnisse eifrig, hätte
er gern noch länger die Schule besucht, als ein günsti¬
ger Umstand ihn unerwartet zur Universität beförderte.
Die Oberkonsistorialräthe Teller, Büsching und Gedike
prüften ihn gleichzeitig mit seinem Jugendgenossen Kiese¬
wetter und einigen Anderen, und die Folge war, daß
ihm das kurmärkische Stipendium auf drei Jahre und
gleich darauf noch ein zweites zu Theil wurde. Er
ging daher Ostern 1785 nach Halle, wählte das Studium
der Theologie und hörte die wichtigsten theologischen
Vorlesungen bei Nösselt, Knapp und Niemeyer, philo¬
sophische und philologische bei Eberhard, Jakob und

Johann Wilhelm Heinrich Nolte wurde am 27. No¬
vember 1786 zu Berlin geboren. Er ſtammte aus einer
achtbaren Buͤrgerfamilie, und der Vater, ein uͤberaus
redlicher und mit ungewoͤhnlicher Klarheit in die Ver¬
haͤltniſſe des Lebens blickender Mann, ſorgte eifrig dafuͤr,
durch guten Unterricht die fruͤhzeitig ſichtbaren Anlagen
des Sohnes zu entwickeln. Dieſer beſuchte von der
zarteſten Jugend an die Realſchule, ging mit einem
reichen Vorrathe von Kenntniſſen und Fertigkeiten zu
dem mit dieſer Schule in enger Verbindung ſtehenden
Paͤdagogium, dem nachmaligen Friedrich-Wilhelms-
Gymnaſium, uͤber, und gewann hier inſonderheit das
Studium der aͤlteren und neueren Sprachen lieb, worin
er bald die ausgezeichnetſten Fortſchritte machte. Ohne
hinlaͤngliche Mittel, eine Univerſitaͤt zu beziehen, und
fuͤr die Erweiterung ſeiner Vorkenntniſſe eifrig, haͤtte
er gern noch laͤnger die Schule beſucht, als ein guͤnſti¬
ger Umſtand ihn unerwartet zur Univerſitaͤt befoͤrderte.
Die Oberkonſiſtorialraͤthe Teller, Buͤſching und Gedike
pruͤften ihn gleichzeitig mit ſeinem Jugendgenoſſen Kieſe¬
wetter und einigen Anderen, und die Folge war, daß
ihm das kurmaͤrkiſche Stipendium auf drei Jahre und
gleich darauf noch ein zweites zu Theil wurde. Er
ging daher Oſtern 1785 nach Halle, waͤhlte das Studium
der Theologie und hoͤrte die wichtigſten theologiſchen
Vorleſungen bei Noͤſſelt, Knapp und Niemeyer, philo¬
ſophiſche und philologiſche bei Eberhard, Jakob und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0334" n="320"/>
          <p>Johann Wilhelm Heinrich Nolte wurde am <hi rendition="#b">27</hi>. No¬<lb/>
vember <hi rendition="#b">1786</hi> zu Berlin geboren. Er &#x017F;tammte aus einer<lb/>
achtbaren Bu&#x0364;rgerfamilie, und der Vater, ein u&#x0364;beraus<lb/>
redlicher und mit ungewo&#x0364;hnlicher Klarheit in die Ver¬<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e des Lebens blickender Mann, &#x017F;orgte eifrig dafu&#x0364;r,<lb/>
durch guten Unterricht die fru&#x0364;hzeitig &#x017F;ichtbaren Anlagen<lb/>
des Sohnes zu entwickeln. Die&#x017F;er be&#x017F;uchte von der<lb/>
zarte&#x017F;ten Jugend an die Real&#x017F;chule, ging mit einem<lb/>
reichen Vorrathe von Kenntni&#x017F;&#x017F;en und Fertigkeiten zu<lb/>
dem mit die&#x017F;er Schule in enger Verbindung &#x017F;tehenden<lb/>
Pa&#x0364;dagogium, dem nachmaligen Friedrich-Wilhelms-<lb/>
Gymna&#x017F;ium, u&#x0364;ber, und gewann hier in&#x017F;onderheit das<lb/>
Studium der a&#x0364;lteren und neueren Sprachen lieb, worin<lb/>
er bald die ausgezeichnet&#x017F;ten Fort&#x017F;chritte machte. Ohne<lb/>
hinla&#x0364;ngliche Mittel, eine Univer&#x017F;ita&#x0364;t zu beziehen, und<lb/>
fu&#x0364;r die Erweiterung &#x017F;einer Vorkenntni&#x017F;&#x017F;e eifrig, ha&#x0364;tte<lb/>
er gern noch la&#x0364;nger die Schule be&#x017F;ucht, als ein gu&#x0364;n&#x017F;ti¬<lb/>
ger Um&#x017F;tand ihn unerwartet zur Univer&#x017F;ita&#x0364;t befo&#x0364;rderte.<lb/>
Die Oberkon&#x017F;i&#x017F;torialra&#x0364;the Teller, Bu&#x0364;&#x017F;ching und Gedike<lb/>
pru&#x0364;ften ihn gleichzeitig mit &#x017F;einem Jugendgeno&#x017F;&#x017F;en Kie&#x017F;<lb/>
wetter und einigen Anderen, und die Folge war, daß<lb/>
ihm das kurma&#x0364;rki&#x017F;che Stipendium auf drei Jahre und<lb/>
gleich darauf noch ein zweites zu Theil wurde. Er<lb/>
ging daher O&#x017F;tern <hi rendition="#b">1785</hi> nach Halle, wa&#x0364;hlte das Studium<lb/>
der Theologie und ho&#x0364;rte die wichtig&#x017F;ten theologi&#x017F;chen<lb/>
Vorle&#x017F;ungen bei No&#x0364;&#x017F;&#x017F;elt, Knapp und Niemeyer, philo¬<lb/>
&#x017F;ophi&#x017F;che und philologi&#x017F;che bei Eberhard, Jakob und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[320/0334] Johann Wilhelm Heinrich Nolte wurde am 27. No¬ vember 1786 zu Berlin geboren. Er ſtammte aus einer achtbaren Buͤrgerfamilie, und der Vater, ein uͤberaus redlicher und mit ungewoͤhnlicher Klarheit in die Ver¬ haͤltniſſe des Lebens blickender Mann, ſorgte eifrig dafuͤr, durch guten Unterricht die fruͤhzeitig ſichtbaren Anlagen des Sohnes zu entwickeln. Dieſer beſuchte von der zarteſten Jugend an die Realſchule, ging mit einem reichen Vorrathe von Kenntniſſen und Fertigkeiten zu dem mit dieſer Schule in enger Verbindung ſtehenden Paͤdagogium, dem nachmaligen Friedrich-Wilhelms- Gymnaſium, uͤber, und gewann hier inſonderheit das Studium der aͤlteren und neueren Sprachen lieb, worin er bald die ausgezeichnetſten Fortſchritte machte. Ohne hinlaͤngliche Mittel, eine Univerſitaͤt zu beziehen, und fuͤr die Erweiterung ſeiner Vorkenntniſſe eifrig, haͤtte er gern noch laͤnger die Schule beſucht, als ein guͤnſti¬ ger Umſtand ihn unerwartet zur Univerſitaͤt befoͤrderte. Die Oberkonſiſtorialraͤthe Teller, Buͤſching und Gedike pruͤften ihn gleichzeitig mit ſeinem Jugendgenoſſen Kieſe¬ wetter und einigen Anderen, und die Folge war, daß ihm das kurmaͤrkiſche Stipendium auf drei Jahre und gleich darauf noch ein zweites zu Theil wurde. Er ging daher Oſtern 1785 nach Halle, waͤhlte das Studium der Theologie und hoͤrte die wichtigſten theologiſchen Vorleſungen bei Noͤſſelt, Knapp und Niemeyer, philo¬ ſophiſche und philologiſche bei Eberhard, Jakob und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/334
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/334>, abgerufen am 29.03.2024.