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Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837.

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Lebensbildung treulich gepflegt hatte, zeigte sich in späte¬
ren Jahren auch durch eigene Hervorbringungen, welche
einen ernsten Inhalt, Gedanken und Bilder frommer
Liebe, mit dichterischem Ausdruck bekleideten. Bis zu¬
letzt war sein Geist mit solchen Gegenständen beschäftigt,
bald die Schönheit der Darstellung, bald die Macht
der Gedanken erfassend; er wußte auch die ihm frem¬
desten Denkarten und Sinnesweisen zu durchdringen,
und in ihnen den Kern des Geistes und des Talents
hervorzuheben und zu schätzen. Sein eigenster Geistes¬
weg aber führte ihn immer auf's neue zu dem Troste
und der Beruhigung zurück, die ihm, wie seinem gleich¬
gesinnten Nächstenkreise von frühester Zeit durch evan¬
gelischen Glauben verliehen waren, mit dessen Kern
er seine eigenthümlichen Forschungen und Ansichten
durch umfassendes Gefühl leicht vereinigte.

Wir haben bereits seiner Verheirathung zu erwäh¬
nen gehabt; seine Ehe war ein ununterbrochenes Glück,
ein schönes Vorbild hoher und segenreicher Verbindung.
Seine Wittwe und seine noch übrigen Geschwister be¬
trauern den liebevollsten Gatten und Bruder, seine hinter¬
lassenen beiden Töchter den zärtlichsten Vater; in diesem
Kreise kann der Schmerz um den theuren Abgeschiedenen
nie versiegen, dessen schöne Seele sich hier am lichtvollsten
und beglückendsten entfaltete. Drei Söhne in frühen
Jahren und eine schon verheirathete Tochter gingen ihm
voran.

Lebensbildung treulich gepflegt hatte, zeigte ſich in ſpaͤte¬
ren Jahren auch durch eigene Hervorbringungen, welche
einen ernſten Inhalt, Gedanken und Bilder frommer
Liebe, mit dichteriſchem Ausdruck bekleideten. Bis zu¬
letzt war ſein Geiſt mit ſolchen Gegenſtaͤnden beſchaͤftigt,
bald die Schoͤnheit der Darſtellung, bald die Macht
der Gedanken erfaſſend; er wußte auch die ihm frem¬
deſten Denkarten und Sinnesweiſen zu durchdringen,
und in ihnen den Kern des Geiſtes und des Talents
hervorzuheben und zu ſchaͤtzen. Sein eigenſter Geiſtes¬
weg aber fuͤhrte ihn immer auf's neue zu dem Troſte
und der Beruhigung zuruͤck, die ihm, wie ſeinem gleich¬
geſinnten Naͤchſtenkreiſe von fruͤheſter Zeit durch evan¬
geliſchen Glauben verliehen waren, mit deſſen Kern
er ſeine eigenthuͤmlichen Forſchungen und Anſichten
durch umfaſſendes Gefuͤhl leicht vereinigte.

Wir haben bereits ſeiner Verheirathung zu erwaͤh¬
nen gehabt; ſeine Ehe war ein ununterbrochenes Gluͤck,
ein ſchoͤnes Vorbild hoher und ſegenreicher Verbindung.
Seine Wittwe und ſeine noch uͤbrigen Geſchwiſter be¬
trauern den liebevollſten Gatten und Bruder, ſeine hinter¬
laſſenen beiden Toͤchter den zaͤrtlichſten Vater; in dieſem
Kreiſe kann der Schmerz um den theuren Abgeſchiedenen
nie verſiegen, deſſen ſchoͤne Seele ſich hier am lichtvollſten
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Jahren und eine ſchon verheirathete Tochter gingen ihm
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[380/0394] Lebensbildung treulich gepflegt hatte, zeigte ſich in ſpaͤte¬ ren Jahren auch durch eigene Hervorbringungen, welche einen ernſten Inhalt, Gedanken und Bilder frommer Liebe, mit dichteriſchem Ausdruck bekleideten. Bis zu¬ letzt war ſein Geiſt mit ſolchen Gegenſtaͤnden beſchaͤftigt, bald die Schoͤnheit der Darſtellung, bald die Macht der Gedanken erfaſſend; er wußte auch die ihm frem¬ deſten Denkarten und Sinnesweiſen zu durchdringen, und in ihnen den Kern des Geiſtes und des Talents hervorzuheben und zu ſchaͤtzen. Sein eigenſter Geiſtes¬ weg aber fuͤhrte ihn immer auf's neue zu dem Troſte und der Beruhigung zuruͤck, die ihm, wie ſeinem gleich¬ geſinnten Naͤchſtenkreiſe von fruͤheſter Zeit durch evan¬ geliſchen Glauben verliehen waren, mit deſſen Kern er ſeine eigenthuͤmlichen Forſchungen und Anſichten durch umfaſſendes Gefuͤhl leicht vereinigte. Wir haben bereits ſeiner Verheirathung zu erwaͤh¬ nen gehabt; ſeine Ehe war ein ununterbrochenes Gluͤck, ein ſchoͤnes Vorbild hoher und ſegenreicher Verbindung. Seine Wittwe und ſeine noch uͤbrigen Geſchwiſter be¬ trauern den liebevollſten Gatten und Bruder, ſeine hinter¬ laſſenen beiden Toͤchter den zaͤrtlichſten Vater; in dieſem Kreiſe kann der Schmerz um den theuren Abgeſchiedenen nie verſiegen, deſſen ſchoͤne Seele ſich hier am lichtvollſten und begluͤckendſten entfaltete. Drei Soͤhne in fruͤhen Jahren und eine ſchon verheirathete Tochter gingen ihm voran.

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Karl August: Denkwürdigkeiten und vermischte Schriften. Bd. 1. Mannheim, 1837, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_denkwuerdigkeiten01_1837/394>, abgerufen am 28.03.2024.