Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

10. März geschrieben, und soll den 11. abgehen. Burgsdorf
muß mir das schicken, was ich in dem kleinen Brief fordere,
der in Ihrem liegt: und der auch morgen erst abgeht.



An die Schwägerin M. Th. Robert, in Pyrmont.


-- Jetzt ist acht Uhr, deine Fanny und meine Hanne
haben jetzt eben, zum Geburtstag der erstern, Schokolade mit
Kuchen, anstatt Kaffee und Semmel, mit einer Glückseligkeit
und Redseligkeit hinter gesogen und gewürgt, deren auch nur
wenig Kinder fähig sind; bedenk', ob ich sie dir auf jedem
Ball in Pyrmont und bei jedem Vorfall im Leben wünsche.
Ich saß mit meiner auf einem Stuhl, deine hatte die Schulz
auf ihrem Schooß; sie hat Handschuh und Fußschuh von
Mama bekommen, und von mir und Hanne wird zum Nach-
mittag eine Puppe fabrizirt, der Vater bringt des Mittags
etwas, und so wird der ganze Tag gebähren, und ein wah-
rer Geburtstag sein. Überhaupt! wenn du dich mit der Sehn-
sucht abfinden kannst, so kannst du ganz ruhig sein. Für die
Putten wird unaussprechlich gesorgt: du kennst meine Lei-
denschaft
zu ihnen, sie sind ewig bei mir: ihr Fleisch wird
beiderseits fester, auch bleichen sie; meine schläft mit der Kou-
sine in der gelben Stube, ich im Saal, die Thüre offen. Um
neun Uhr essen wir, mit dem letzten Bissen geht meine zu
Bett, Line bleibt bei ihr, bis ich komme. Für Erkältung,
Deutsch, Artigkeit und Lektion, wird nach Möglichkeit gesorgt.
Ich thue weiter gar nichts, denn ich lese nicht einmal mehr,

10. März geſchrieben, und ſoll den 11. abgehen. Burgsdorf
muß mir das ſchicken, was ich in dem kleinen Brief fordere,
der in Ihrem liegt: und der auch morgen erſt abgeht.



An die Schwägerin M. Th. Robert, in Pyrmont.


— Jetzt iſt acht Uhr, deine Fanny und meine Hanne
haben jetzt eben, zum Geburtstag der erſtern, Schokolade mit
Kuchen, anſtatt Kaffee und Semmel, mit einer Glückſeligkeit
und Redſeligkeit hinter geſogen und gewürgt, deren auch nur
wenig Kinder fähig ſind; bedenk’, ob ich ſie dir auf jedem
Ball in Pyrmont und bei jedem Vorfall im Leben wünſche.
Ich ſaß mit meiner auf einem Stuhl, deine hatte die Schulz
auf ihrem Schooß; ſie hat Handſchuh und Fußſchuh von
Mama bekommen, und von mir und Hanne wird zum Nach-
mittag eine Puppe fabrizirt, der Vater bringt des Mittags
etwas, und ſo wird der ganze Tag gebähren, und ein wah-
rer Geburtstag ſein. Überhaupt! wenn du dich mit der Sehn-
ſucht abfinden kannſt, ſo kannſt du ganz ruhig ſein. Für die
Putten wird unausſprechlich geſorgt: du kennſt meine Lei-
denſchaft
zu ihnen, ſie ſind ewig bei mir: ihr Fleiſch wird
beiderſeits feſter, auch bleichen ſie; meine ſchläft mit der Kou-
ſine in der gelben Stube, ich im Saal, die Thüre offen. Um
neun Uhr eſſen wir, mit dem letzten Biſſen geht meine zu
Bett, Line bleibt bei ihr, bis ich komme. Für Erkältung,
Deutſch, Artigkeit und Lektion, wird nach Möglichkeit geſorgt.
Ich thue weiter gar nichts, denn ich leſe nicht einmal mehr,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0201" n="187"/>
10. März ge&#x017F;chrieben, und &#x017F;oll den 11. abgehen. Burgsdorf<lb/><hi rendition="#g">muß</hi> mir das &#x017F;chicken, was ich in dem kleinen Brief fordere,<lb/>
der in Ihrem liegt: und der auch morgen er&#x017F;t abgeht.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>An die Schwägerin M. Th. Robert, in Pyrmont.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Sommer 1799.</hi> </dateline><lb/>
          <p>&#x2014; Jetzt i&#x017F;t acht Uhr, <hi rendition="#g">deine</hi> Fanny und <hi rendition="#g">meine</hi> Hanne<lb/>
haben jetzt eben, zum Geburtstag der er&#x017F;tern, Schokolade mit<lb/>
Kuchen, an&#x017F;tatt Kaffee und Semmel, mit einer Glück&#x017F;eligkeit<lb/>
und Red&#x017F;eligkeit hinter ge&#x017F;ogen und gewürgt, deren auch nur<lb/>
wenig Kinder fähig &#x017F;ind; bedenk&#x2019;, ob ich &#x017F;ie <hi rendition="#g">dir</hi> auf jedem<lb/>
Ball in Pyrmont und bei jedem Vorfall im Leben wün&#x017F;che.<lb/>
Ich &#x017F;aß mit meiner auf einem Stuhl, deine hatte die Schulz<lb/>
auf ihrem Schooß; &#x017F;ie hat Hand&#x017F;chuh und Fuß&#x017F;chuh von<lb/>
Mama bekommen, und von mir und Hanne wird zum Nach-<lb/>
mittag eine Puppe fabrizirt, der Vater bringt des Mittags<lb/>
etwas, und &#x017F;o wird der ganze Tag gebähren, und ein wah-<lb/>
rer Geburtstag &#x017F;ein. Überhaupt! wenn du dich mit der Sehn-<lb/>
&#x017F;ucht abfinden kann&#x017F;t, &#x017F;o kann&#x017F;t du ganz ruhig &#x017F;ein. Für die<lb/>
Putten wird unaus&#x017F;prechlich ge&#x017F;orgt: du kenn&#x017F;t meine <hi rendition="#g">Lei-<lb/>
den&#x017F;chaft</hi> zu ihnen, &#x017F;ie &#x017F;ind ewig bei mir: ihr Flei&#x017F;ch wird<lb/>
beider&#x017F;eits fe&#x017F;ter, auch bleichen &#x017F;ie; meine &#x017F;chläft mit der Kou-<lb/>
&#x017F;ine in der gelben Stube, ich im Saal, die Thüre offen. Um<lb/>
neun Uhr e&#x017F;&#x017F;en wir, mit dem letzten Bi&#x017F;&#x017F;en geht meine zu<lb/>
Bett, Line bleibt bei ihr, bis ich komme. Für Erkältung,<lb/>
Deut&#x017F;ch, Artigkeit und Lektion, wird nach Möglichkeit ge&#x017F;orgt.<lb/>
Ich thue weiter <hi rendition="#g">gar</hi> nichts, denn ich le&#x017F;e nicht einmal mehr,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[187/0201] 10. März geſchrieben, und ſoll den 11. abgehen. Burgsdorf muß mir das ſchicken, was ich in dem kleinen Brief fordere, der in Ihrem liegt: und der auch morgen erſt abgeht. An die Schwägerin M. Th. Robert, in Pyrmont. Sommer 1799. — Jetzt iſt acht Uhr, deine Fanny und meine Hanne haben jetzt eben, zum Geburtstag der erſtern, Schokolade mit Kuchen, anſtatt Kaffee und Semmel, mit einer Glückſeligkeit und Redſeligkeit hinter geſogen und gewürgt, deren auch nur wenig Kinder fähig ſind; bedenk’, ob ich ſie dir auf jedem Ball in Pyrmont und bei jedem Vorfall im Leben wünſche. Ich ſaß mit meiner auf einem Stuhl, deine hatte die Schulz auf ihrem Schooß; ſie hat Handſchuh und Fußſchuh von Mama bekommen, und von mir und Hanne wird zum Nach- mittag eine Puppe fabrizirt, der Vater bringt des Mittags etwas, und ſo wird der ganze Tag gebähren, und ein wah- rer Geburtstag ſein. Überhaupt! wenn du dich mit der Sehn- ſucht abfinden kannſt, ſo kannſt du ganz ruhig ſein. Für die Putten wird unausſprechlich geſorgt: du kennſt meine Lei- denſchaft zu ihnen, ſie ſind ewig bei mir: ihr Fleiſch wird beiderſeits feſter, auch bleichen ſie; meine ſchläft mit der Kou- ſine in der gelben Stube, ich im Saal, die Thüre offen. Um neun Uhr eſſen wir, mit dem letzten Biſſen geht meine zu Bett, Line bleibt bei ihr, bis ich komme. Für Erkältung, Deutſch, Artigkeit und Lektion, wird nach Möglichkeit geſorgt. Ich thue weiter gar nichts, denn ich leſe nicht einmal mehr,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/201
Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/201>, abgerufen am 23.04.2024.