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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834.

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der vergangenen Welt dich ansprechen und deine Seele auf
Kunst lenken, dir jedes Studium erleichtern, dich dazu anrei-
zen: dort, wo der Mittelpunkt der ganzen Weltbewegung ist;
und wo du gezwungen bist, Geschichte zu denken; dies heißt
sie studiren, wenn man sich denn noch die Materialien dazu
zusammenliest. "Wie macht man es, um zu sparen? Ach es
ist mir gehässig!" sagst du. Dies ist die Anstrengung, die
uns Allen fehlt! Ich rathe es dir auch nicht im Detail, lie-
ber Junge; wo es alle Tage wieder kommt, und wirklich
unerträglich
ist. Mir wie dir; und ärger; und eben so
unmöglich. Sondern durch eine einzige kräftige Anordnung,
und Einrichtung im Großen. Die dir nichts entzieht, als was
Vergeudung -- le superflu (si peu) necessaire -- ist. Ich
weiß es von jungen Leuten, die ganz comme il faut sind, daß
sie mit der dir bewilligten Summe lebten. Du mußt dich in
Pension geben; einem Jungen kann es so sehr auf die Gegend
z. B. nicht ankommen. Du erkundigst dich nach einer guten.
In Frankreich ist das seit undenklichen Zeiten Sitte, und ein-
gerichtet. Rousseau, alle Gelehrten, lebten vor ihrer Krönung
so. Da bezahlt man Wohnung, Aufwartung, Kost, und auch
wohl Wäsche -- ein großer Artikel -- in Eins. Ich weiß,
diese drei Dinge geschmolzen sind beinah die zwanzig Thaler.
Ich kenne dein Logis, Restaurateurs und Wäsche in Paris.
Dies suche durchzusetzen, -- und vielleicht noch ein paar Klei-
nigkeiten, die ich der Ferne wegen nicht errathen kann, und
du bleibst a ton aise. Gieb dir aber ein wenig Mühe; bleibe
gelassen und übereile dich nicht! Daß du, lieber Junge, von
tausend Kleinigkeiten in dieser reizenden Stadt gereizt bist,

der vergangenen Welt dich anſprechen und deine Seele auf
Kunſt lenken, dir jedes Studium erleichtern, dich dazu anrei-
zen: dort, wo der Mittelpunkt der ganzen Weltbewegung iſt;
und wo du gezwungen biſt, Geſchichte zu denken; dies heißt
ſie ſtudiren, wenn man ſich denn noch die Materialien dazu
zuſammenlieſt. „Wie macht man es, um zu ſparen? Ach es
iſt mir gehäſſig!“ ſagſt du. Dies iſt die Anſtrengung, die
uns Allen fehlt! Ich rathe es dir auch nicht im Detail, lie-
ber Junge; wo es alle Tage wieder kommt, und wirklich
unerträglich
iſt. Mir wie dir; und ärger; und eben ſo
unmöglich. Sondern durch eine einzige kräftige Anordnung,
und Einrichtung im Großen. Die dir nichts entzieht, als was
Vergeudung — le superflu (si peu) nécessaire — iſt. Ich
weiß es von jungen Leuten, die ganz comme il faut ſind, daß
ſie mit der dir bewilligten Summe lebten. Du mußt dich in
Penſion geben; einem Jungen kann es ſo ſehr auf die Gegend
z. B. nicht ankommen. Du erkundigſt dich nach einer guten.
In Frankreich iſt das ſeit undenklichen Zeiten Sitte, und ein-
gerichtet. Rouſſeau, alle Gelehrten, lebten vor ihrer Krönung
ſo. Da bezahlt man Wohnung, Aufwartung, Koſt, und auch
wohl Wäſche — ein großer Artikel — in Eins. Ich weiß,
dieſe drei Dinge geſchmolzen ſind beinah die zwanzig Thaler.
Ich kenne dein Logis, Reſtaurateurs und Wäſche in Paris.
Dies ſuche durchzuſetzen, — und vielleicht noch ein paar Klei-
nigkeiten, die ich der Ferne wegen nicht errathen kann, und
du bleibſt à ton aise. Gieb dir aber ein wenig Mühe; bleibe
gelaſſen und übereile dich nicht! Daß du, lieber Junge, von
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[314/0328] der vergangenen Welt dich anſprechen und deine Seele auf Kunſt lenken, dir jedes Studium erleichtern, dich dazu anrei- zen: dort, wo der Mittelpunkt der ganzen Weltbewegung iſt; und wo du gezwungen biſt, Geſchichte zu denken; dies heißt ſie ſtudiren, wenn man ſich denn noch die Materialien dazu zuſammenlieſt. „Wie macht man es, um zu ſparen? Ach es iſt mir gehäſſig!“ ſagſt du. Dies iſt die Anſtrengung, die uns Allen fehlt! Ich rathe es dir auch nicht im Detail, lie- ber Junge; wo es alle Tage wieder kommt, und wirklich unerträglich iſt. Mir wie dir; und ärger; und eben ſo unmöglich. Sondern durch eine einzige kräftige Anordnung, und Einrichtung im Großen. Die dir nichts entzieht, als was Vergeudung — le superflu (si peu) nécessaire — iſt. Ich weiß es von jungen Leuten, die ganz comme il faut ſind, daß ſie mit der dir bewilligten Summe lebten. Du mußt dich in Penſion geben; einem Jungen kann es ſo ſehr auf die Gegend z. B. nicht ankommen. Du erkundigſt dich nach einer guten. In Frankreich iſt das ſeit undenklichen Zeiten Sitte, und ein- gerichtet. Rouſſeau, alle Gelehrten, lebten vor ihrer Krönung ſo. Da bezahlt man Wohnung, Aufwartung, Koſt, und auch wohl Wäſche — ein großer Artikel — in Eins. Ich weiß, dieſe drei Dinge geſchmolzen ſind beinah die zwanzig Thaler. Ich kenne dein Logis, Reſtaurateurs und Wäſche in Paris. Dies ſuche durchzuſetzen, — und vielleicht noch ein paar Klei- nigkeiten, die ich der Ferne wegen nicht errathen kann, und du bleibſt à ton aise. Gieb dir aber ein wenig Mühe; bleibe gelaſſen und übereile dich nicht! Daß du, lieber Junge, von tauſend Kleinigkeiten in dieſer reizenden Stadt gereizt biſt,

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Zitationshilfe: Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 314. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/328>, abgerufen am 18.04.2024.