tiefe Verknüpfung mit geliebten Menschen, ihr die Andeutung und Bürgschaft eines hier nicht auszuforschenden, wesentliche- ren Zusammenhanges sei.
Sie hatte mitten in ihren Leiden auf diese Weise glück- liche Stunden, in den bessern Zwischenräumen auch fortwäh- rend die freudigsten Geistesgenüsse. Die Sprüche von Ange- lus Silesius waren ihr fast immer zur Hand; in Fichte's Staatslehre suchte sie manches ihr Wichtige, z. B. über den Karakter der Franzosen, zu nochmaligem Betrachten wieder auf; in Wilhelm Meisters Wanderjahren las sie hin und wie- der mit ernstem Nachdenken, und schrieb noch einige Bemer- kungen darüber; daneben erfreute sich ihr antheilvoller Sinn auch an den wohlgeschriebenen Theaterberichten der französi- schen Zeitungen, so wie an manchen andern Aufsätzen der Ta- gesblätter, wie sie denn von jeher für jedes Talent der schö- nen, gediegenen und treffenden Darstellung eine leidenschaft- liche Bewunderung hatte. Ein paarmal fügte es sich, daß ich ihr, was sie sonst nicht liebte noch vertragen konnte, man- ches vorlas, kürzere Sachen von Goethe, auch aus Angelus Silesius, was sie in wahre Freudigkeit, ja in Entzücken ver- setzte, und sie drückte ihre Befriedigung besonders auch dar- über aus, daß sie alles dies auf solche Weise von mir jetzt höre, und sich unsrer Gemeinschaft und Einigkeit dabei so innig bewußt sein könne.
In dieser Zeit war der Herzog von Lucca nach Berlin gekommen, und mit ihm sein Leibarzt. Dr. von Necher, dem in der homöopathischen Heilkunst die glücklichsten Erfolge zu- geschrieben wurden. Eine verehrte Freundin, so ausgezeichnet
tiefe Verknüpfung mit geliebten Menſchen, ihr die Andeutung und Bürgſchaft eines hier nicht auszuforſchenden, weſentliche- ren Zuſammenhanges ſei.
Sie hatte mitten in ihren Leiden auf dieſe Weiſe glück- liche Stunden, in den beſſern Zwiſchenräumen auch fortwäh- rend die freudigſten Geiſtesgenüſſe. Die Sprüche von Ange- lus Sileſius waren ihr faſt immer zur Hand; in Fichte’s Staatslehre ſuchte ſie manches ihr Wichtige, z. B. über den Karakter der Franzoſen, zu nochmaligem Betrachten wieder auf; in Wilhelm Meiſters Wanderjahren las ſie hin und wie- der mit ernſtem Nachdenken, und ſchrieb noch einige Bemer- kungen darüber; daneben erfreute ſich ihr antheilvoller Sinn auch an den wohlgeſchriebenen Theaterberichten der franzöſi- ſchen Zeitungen, ſo wie an manchen andern Aufſätzen der Ta- gesblätter, wie ſie denn von jeher für jedes Talent der ſchö- nen, gediegenen und treffenden Darſtellung eine leidenſchaft- liche Bewunderung hatte. Ein paarmal fügte es ſich, daß ich ihr, was ſie ſonſt nicht liebte noch vertragen konnte, man- ches vorlas, kürzere Sachen von Goethe, auch aus Angelus Sileſius, was ſie in wahre Freudigkeit, ja in Entzücken ver- ſetzte, und ſie drückte ihre Befriedigung beſonders auch dar- über aus, daß ſie alles dies auf ſolche Weiſe von mir jetzt höre, und ſich unſrer Gemeinſchaft und Einigkeit dabei ſo innig bewußt ſein könne.
In dieſer Zeit war der Herzog von Lucca nach Berlin gekommen, und mit ihm ſein Leibarzt. Dr. von Necher, dem in der homöopathiſchen Heilkunſt die glücklichſten Erfolge zu- geſchrieben wurden. Eine verehrte Freundin, ſo ausgezeichnet
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tiefe Verknüpfung mit geliebten Menſchen, ihr die Andeutung
und Bürgſchaft eines hier nicht auszuforſchenden, weſentliche-
ren Zuſammenhanges ſei.
Sie hatte mitten in ihren Leiden auf dieſe Weiſe glück-
liche Stunden, in den beſſern Zwiſchenräumen auch fortwäh-
rend die freudigſten Geiſtesgenüſſe. Die Sprüche von Ange-
lus Sileſius waren ihr faſt immer zur Hand; in Fichte’s
Staatslehre ſuchte ſie manches ihr Wichtige, z. B. über den
Karakter der Franzoſen, zu nochmaligem Betrachten wieder
auf; in Wilhelm Meiſters Wanderjahren las ſie hin und wie-
der mit ernſtem Nachdenken, und ſchrieb noch einige Bemer-
kungen darüber; daneben erfreute ſich ihr antheilvoller Sinn
auch an den wohlgeſchriebenen Theaterberichten der franzöſi-
ſchen Zeitungen, ſo wie an manchen andern Aufſätzen der Ta-
gesblätter, wie ſie denn von jeher für jedes Talent der ſchö-
nen, gediegenen und treffenden Darſtellung eine leidenſchaft-
liche Bewunderung hatte. Ein paarmal fügte es ſich, daß
ich ihr, was ſie ſonſt nicht liebte noch vertragen konnte, man-
ches vorlas, kürzere Sachen von Goethe, auch aus Angelus
Sileſius, was ſie in wahre Freudigkeit, ja in Entzücken ver-
ſetzte, und ſie drückte ihre Befriedigung beſonders auch dar-
über aus, daß ſie alles dies auf ſolche Weiſe von mir jetzt
höre, und ſich unſrer Gemeinſchaft und Einigkeit dabei ſo
innig bewußt ſein könne.
In dieſer Zeit war der Herzog von Lucca nach Berlin
gekommen, und mit ihm ſein Leibarzt. Dr. von Necher, dem
in der homöopathiſchen Heilkunſt die glücklichſten Erfolge zu-
geſchrieben wurden. Eine verehrte Freundin, ſo ausgezeichnet
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Varnhagen von Ense, Rahel: Rahel. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/varnhagen_rahel01_1834/52>, abgerufen am 06.11.2024.
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