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Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858.

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Gefässe der Knorpel und Knochen.
in den Knorpel hinein, aber nur bis zu einer gewissen
Höhe. Hier bilden sie wirkliche Schlingen, und das Ende
löst sich in ein feines Netzwerk von Capillaren auf, aus dem
sich am Ende wieder Venen zusammensetzen, um ziemlich
nahe an den Ort, wo sie herkamen, wieder zurückzugehen.
Die ganze übrige Masse aber besteht aus gefässlosem Knor-
pel, dessen Körperchen bei schwacher Vergrösserung als feine
Punkte erscheinen. Es liegt also ein ganzes Heer von Knor-
pelkörperchen zwischen den letzten Schlingen und der äusseren
Oberfläche. Diese ganze Lage ist daher in ihrer Ernährung
abhängig von dem Safte, der aus den Endschlingen weiter
dringt, zum Theil von den Stoffen, welche die spärlichen Ge-
fässe des Perichondriums zuführen. Die von der Art. nu-
tritia stammenden Gefässe bezeichnen schon ziemlich früh-
zeitig ungefähr die Grenze, bis zu welcher späterhin die
Ossification fortschreitet, während derjenige Theil, welcher
als Knorpelrest am Gelenk liegen bleibt, niemals Gefässe
enthält.

Was die Knochen anbetrifft, so ist bei ihnen das Gefäss-
Verhältniss an sich ein ziemlich einfaches, aber auch ein sehr
charakteristisches. Wenn wir die compacte Substanz be-
trachten, so sieht man gewöhnlich schon mit dem blossen
Auge bei oberflächlicher Betrachtung kleine Löcher, durch
welche Gefässe aus dem Perioste her eintreten. Bei einer
mässigen Vergrösserung erkennt man, dass diese Gefässe als-
bald unter der Oberfläche ein längliches Maschennetz bilden,
im Allgemeinen eine längslaufende Reihe untereinander anasto-
mosirender Röhren, die auch zuweilen mehr schräg nach Innen
gehen, aber doch im Wesentlichen eine Längsrichtung einhalten.
Zwischen diesen Maschen bleiben verhältnissmässig breite
Zwischenräume, innerhalb deren man, gerade so wie vorher
die Knorpelkörperchen, hier die Knochenkörperchen sieht, und
zwar auch in der Längsrichtung, parallel der Oberfläche. Un-
tersucht man denselben Theil auf einem Querschnitte, so be-
kommt man natürlich an der Stelle, wo vorher die Längska-
näle zu sehen waren, einfache Durchschnitte zu Gesicht, hier
und da durch eine schräge Verbindung, vereinigt. Zwischen
ihnen befindet sich die eigentliche Tela ossea, in lamellösen

Gefässe der Knorpel und Knochen.
in den Knorpel hinein, aber nur bis zu einer gewissen
Höhe. Hier bilden sie wirkliche Schlingen, und das Ende
löst sich in ein feines Netzwerk von Capillaren auf, aus dem
sich am Ende wieder Venen zusammensetzen, um ziemlich
nahe an den Ort, wo sie herkamen, wieder zurückzugehen.
Die ganze übrige Masse aber besteht aus gefässlosem Knor-
pel, dessen Körperchen bei schwacher Vergrösserung als feine
Punkte erscheinen. Es liegt also ein ganzes Heer von Knor-
pelkörperchen zwischen den letzten Schlingen und der äusseren
Oberfläche. Diese ganze Lage ist daher in ihrer Ernährung
abhängig von dem Safte, der aus den Endschlingen weiter
dringt, zum Theil von den Stoffen, welche die spärlichen Ge-
fässe des Perichondriums zuführen. Die von der Art. nu-
tritia stammenden Gefässe bezeichnen schon ziemlich früh-
zeitig ungefähr die Grenze, bis zu welcher späterhin die
Ossification fortschreitet, während derjenige Theil, welcher
als Knorpelrest am Gelenk liegen bleibt, niemals Gefässe
enthält.

Was die Knochen anbetrifft, so ist bei ihnen das Gefäss-
Verhältniss an sich ein ziemlich einfaches, aber auch ein sehr
charakteristisches. Wenn wir die compacte Substanz be-
trachten, so sieht man gewöhnlich schon mit dem blossen
Auge bei oberflächlicher Betrachtung kleine Löcher, durch
welche Gefässe aus dem Perioste her eintreten. Bei einer
mässigen Vergrösserung erkennt man, dass diese Gefässe als-
bald unter der Oberfläche ein längliches Maschennetz bilden,
im Allgemeinen eine längslaufende Reihe untereinander anasto-
mosirender Röhren, die auch zuweilen mehr schräg nach Innen
gehen, aber doch im Wesentlichen eine Längsrichtung einhalten.
Zwischen diesen Maschen bleiben verhältnissmässig breite
Zwischenräume, innerhalb deren man, gerade so wie vorher
die Knorpelkörperchen, hier die Knochenkörperchen sieht, und
zwar auch in der Längsrichtung, parallel der Oberfläche. Un-
tersucht man denselben Theil auf einem Querschnitte, so be-
kommt man natürlich an der Stelle, wo vorher die Längska-
näle zu sehen waren, einfache Durchschnitte zu Gesicht, hier
und da durch eine schräge Verbindung, vereinigt. Zwischen
ihnen befindet sich die eigentliche Tela ossea, in lamellösen

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[71/0093] Gefässe der Knorpel und Knochen. in den Knorpel hinein, aber nur bis zu einer gewissen Höhe. Hier bilden sie wirkliche Schlingen, und das Ende löst sich in ein feines Netzwerk von Capillaren auf, aus dem sich am Ende wieder Venen zusammensetzen, um ziemlich nahe an den Ort, wo sie herkamen, wieder zurückzugehen. Die ganze übrige Masse aber besteht aus gefässlosem Knor- pel, dessen Körperchen bei schwacher Vergrösserung als feine Punkte erscheinen. Es liegt also ein ganzes Heer von Knor- pelkörperchen zwischen den letzten Schlingen und der äusseren Oberfläche. Diese ganze Lage ist daher in ihrer Ernährung abhängig von dem Safte, der aus den Endschlingen weiter dringt, zum Theil von den Stoffen, welche die spärlichen Ge- fässe des Perichondriums zuführen. Die von der Art. nu- tritia stammenden Gefässe bezeichnen schon ziemlich früh- zeitig ungefähr die Grenze, bis zu welcher späterhin die Ossification fortschreitet, während derjenige Theil, welcher als Knorpelrest am Gelenk liegen bleibt, niemals Gefässe enthält. Was die Knochen anbetrifft, so ist bei ihnen das Gefäss- Verhältniss an sich ein ziemlich einfaches, aber auch ein sehr charakteristisches. Wenn wir die compacte Substanz be- trachten, so sieht man gewöhnlich schon mit dem blossen Auge bei oberflächlicher Betrachtung kleine Löcher, durch welche Gefässe aus dem Perioste her eintreten. Bei einer mässigen Vergrösserung erkennt man, dass diese Gefässe als- bald unter der Oberfläche ein längliches Maschennetz bilden, im Allgemeinen eine längslaufende Reihe untereinander anasto- mosirender Röhren, die auch zuweilen mehr schräg nach Innen gehen, aber doch im Wesentlichen eine Längsrichtung einhalten. Zwischen diesen Maschen bleiben verhältnissmässig breite Zwischenräume, innerhalb deren man, gerade so wie vorher die Knorpelkörperchen, hier die Knochenkörperchen sieht, und zwar auch in der Längsrichtung, parallel der Oberfläche. Un- tersucht man denselben Theil auf einem Querschnitte, so be- kommt man natürlich an der Stelle, wo vorher die Längska- näle zu sehen waren, einfache Durchschnitte zu Gesicht, hier und da durch eine schräge Verbindung, vereinigt. Zwischen ihnen befindet sich die eigentliche Tela ossea, in lamellösen

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Zitationshilfe: Virchow, Rudolf: Die Cellularpathologie in ihrer Begründung auf physiologische und pathologische Gewebelehre. Berlin, 1858, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/virchow_cellularpathologie_1858/93>, abgerufen am 25.04.2024.