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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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ähnlicher Weise, wie die Knochenbögen des kiementragenden Zungen-
beines bei Salamanderlarven gebildet sind. In der That hat man
auch dieser Bildung entsprechend gefunden, daß bei jungen Blindwüh-
len auf der Seite des Halses ein Kiemenloch existirt, welches zu den
gefranzten Kiemenbögen und den dazwischen liegenden Spalten führt,
die später verwachsen -- eine Entdeckung, welche die Blindwühlen
definitiv zu den Amphibien stellen muß. Die Thiere leben in den
tropischen Gegenden beider Hemisphären in Erdlöchern und scheinen
sich hauptsächlich von Insektenlarven zu nähren, nach denen sie im
feuchten Boden wühlen. Coecilia; Siphonops; Epicrium; Rhinatrema.

[Abbildung] Fig. 1129. Fig. 1130.

Fig. 1130. Schädel von Mastodonsaurus Jaegeri aus dem Keuper, von oben gesehen.
Man bemerkt hinter der Nasenhöhle (a) die Löcher für den Durchtritt der
Fangzähne des Unterkiefers (b), c Augenhöhlen. d Hinterhauptsgelenk.
Fig. 1129. Querdurchschnitt eines Zahnes, um die gewickelte Struktur der
Zahnsubstanz zu zeigen.

Die Schichten der drei Gebilde der Trias, besonders aber dieje-
nigen des Muschelkalkes, weniger diejenigen des Keupers und bunten
Sandsteines haben eine große Anzahl von fossilen Resten eigenthümli-
cher Art geliefert, welche man unter dem Namen der Wickelzähner
(Labyrinthodonta) zusammengefaßt hat. Mit Sicherheit sind von diesen
Thieren bis jetzt nur die Schädel bekannt, welche durch ihre breite
abgeplattete Form, die starke Verwachsung sämmtlicher Knochen, die
doppelten Gelenkhöcker am Hinterhaupte und die großen in Doppel-
reihen eingepflanzten Zähne, in Kiefer- und Gaumenbeinen sich we-
sentlich den Blindwühlen nähern, von denen sie sich indessen sowohl
durch ihre kolossale Größe und die bedeutenden Augenhöhlen, als auch
namentlich durch die Struktur der Zähne unterscheiden. Diese letzteren
sind nämlich groß, kegelförmig, auf ihrer ganzen Oberfläche tief ge-
furcht und cannelirt und zeigen sich bei einem Durchschnitte aus einem
vielfach zusammengewundenem Blatte dichter Zahnsubstanz gebildet, die

ähnlicher Weiſe, wie die Knochenbögen des kiementragenden Zungen-
beines bei Salamanderlarven gebildet ſind. In der That hat man
auch dieſer Bildung entſprechend gefunden, daß bei jungen Blindwüh-
len auf der Seite des Halſes ein Kiemenloch exiſtirt, welches zu den
gefranzten Kiemenbögen und den dazwiſchen liegenden Spalten führt,
die ſpäter verwachſen — eine Entdeckung, welche die Blindwühlen
definitiv zu den Amphibien ſtellen muß. Die Thiere leben in den
tropiſchen Gegenden beider Hemiſphären in Erdlöchern und ſcheinen
ſich hauptſächlich von Inſektenlarven zu nähren, nach denen ſie im
feuchten Boden wühlen. Coecilia; Siphonops; Epicrium; Rhinatrema.

[Abbildung] Fig. 1129. Fig. 1130.

Fig. 1130. Schädel von Mastodonsaurus Jaegeri aus dem Keuper, von oben geſehen.
Man bemerkt hinter der Naſenhöhle (a) die Löcher für den Durchtritt der
Fangzähne des Unterkiefers (b), c Augenhöhlen. d Hinterhauptsgelenk.
Fig. 1129. Querdurchſchnitt eines Zahnes, um die gewickelte Struktur der
Zahnſubſtanz zu zeigen.

Die Schichten der drei Gebilde der Trias, beſonders aber dieje-
nigen des Muſchelkalkes, weniger diejenigen des Keupers und bunten
Sandſteines haben eine große Anzahl von foſſilen Reſten eigenthümli-
cher Art geliefert, welche man unter dem Namen der Wickelzähner
(Labyrinthodonta) zuſammengefaßt hat. Mit Sicherheit ſind von dieſen
Thieren bis jetzt nur die Schädel bekannt, welche durch ihre breite
abgeplattete Form, die ſtarke Verwachſung ſämmtlicher Knochen, die
doppelten Gelenkhöcker am Hinterhaupte und die großen in Doppel-
reihen eingepflanzten Zähne, in Kiefer- und Gaumenbeinen ſich we-
ſentlich den Blindwühlen nähern, von denen ſie ſich indeſſen ſowohl
durch ihre koloſſale Größe und die bedeutenden Augenhöhlen, als auch
namentlich durch die Struktur der Zähne unterſcheiden. Dieſe letzteren
ſind nämlich groß, kegelförmig, auf ihrer ganzen Oberfläche tief ge-
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[215/0221] ähnlicher Weiſe, wie die Knochenbögen des kiementragenden Zungen- beines bei Salamanderlarven gebildet ſind. In der That hat man auch dieſer Bildung entſprechend gefunden, daß bei jungen Blindwüh- len auf der Seite des Halſes ein Kiemenloch exiſtirt, welches zu den gefranzten Kiemenbögen und den dazwiſchen liegenden Spalten führt, die ſpäter verwachſen — eine Entdeckung, welche die Blindwühlen definitiv zu den Amphibien ſtellen muß. Die Thiere leben in den tropiſchen Gegenden beider Hemiſphären in Erdlöchern und ſcheinen ſich hauptſächlich von Inſektenlarven zu nähren, nach denen ſie im feuchten Boden wühlen. Coecilia; Siphonops; Epicrium; Rhinatrema. [Abbildung Fig. 1129. Fig. 1130. Fig. 1130. Schädel von Mastodonsaurus Jaegeri aus dem Keuper, von oben geſehen. Man bemerkt hinter der Naſenhöhle (a) die Löcher für den Durchtritt der Fangzähne des Unterkiefers (b), c Augenhöhlen. d Hinterhauptsgelenk. Fig. 1129. Querdurchſchnitt eines Zahnes, um die gewickelte Struktur der Zahnſubſtanz zu zeigen. ] Die Schichten der drei Gebilde der Trias, beſonders aber dieje- nigen des Muſchelkalkes, weniger diejenigen des Keupers und bunten Sandſteines haben eine große Anzahl von foſſilen Reſten eigenthümli- cher Art geliefert, welche man unter dem Namen der Wickelzähner (Labyrinthodonta) zuſammengefaßt hat. Mit Sicherheit ſind von dieſen Thieren bis jetzt nur die Schädel bekannt, welche durch ihre breite abgeplattete Form, die ſtarke Verwachſung ſämmtlicher Knochen, die doppelten Gelenkhöcker am Hinterhaupte und die großen in Doppel- reihen eingepflanzten Zähne, in Kiefer- und Gaumenbeinen ſich we- ſentlich den Blindwühlen nähern, von denen ſie ſich indeſſen ſowohl durch ihre koloſſale Größe und die bedeutenden Augenhöhlen, als auch namentlich durch die Struktur der Zähne unterſcheiden. Dieſe letzteren ſind nämlich groß, kegelförmig, auf ihrer ganzen Oberfläche tief ge- furcht und cannelirt und zeigen ſich bei einem Durchſchnitte aus einem vielfach zuſammengewundenem Blatte dichter Zahnſubſtanz gebildet, die

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/221>, abgerufen am 25.04.2024.