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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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riesenmäßigen Vogel, den sie Moa nannten und mit welchem ihre
Ahnen die heftigsten Kämpfe zu bestehen hatten. Einem Reisenden
wurde die Stelle gezeigt, an welcher der letzte Moa nach blutigem
Kampfe, in dem mehrere Eingeborene fielen, erlegt worden seyn sollte.
Die Knochen, aus denen man mehrere Arten und sogar zwei Gattungen
herausgefunden hat, weisen in der That nach, daß die größte Art den afri-
kanischen Strauß um mehrere Fuß an Höhe übertroffen haben mußte. Der
gänzliche Mangel an Luftzellen in den Knochen, die eine Markhöhle
haben, beweiset, daß die Thiere ebenso wie die Strauße zum Fliegen
durchaus unbefähigt waren. Die Füße hatten nur drei Zehen und
der Bau des Schädels stimmte wesentlich mit demjenigen des Neuhol-
ländischen Straußes überein. Ganz in der neuesten Zeit wurden in
Madagaskar einige kolossale Eier gefunden, deren Cubikinhalt demje-
nigen von acht Straußeneiern gleichkommt. Einige Knochen lassen
auf einen Vogel von wenigstens doppelter Straußengröße schließen,
der jetzt noch im Innern jener Insel haust und den man einstweilen
mit dem Namen Aepyornis belegt hat. Die aufgefundenen Fußknochen
schließen sich in ihrer Gestalt näher an die Strauße als an die neu-
seeländischen Riesenvögel an. Dinornis; Palapteryx.

[Abbildung] Fig. 1282.

Der Kiwi-kiwi (Apteryx australis).

Nicht minder merkwürdig als diese Familie der Riesenvögel ist
ein anderes neuseeländisches Vogelgeschlecht, der Kiwi-kiwi (Apteryx),
welches ebenfalls als Typus einer besonderen Familie (Apterygida)
gelten muß. Der ganze Körper dieser Vögel, von denen man jetzt
zwei Arten kennt, ist mit langen, haarartigen Federn bedeckt, ähnlich
denjenigen des Casuars, welche die kurzen, stummelartigen Flügel
gänzlich verstecken. Der Vogel hat einen langen, runden, weichen
Schnabel, ähnlich dem einer Schnepfe, an dessen vorderem Ende die

rieſenmäßigen Vogel, den ſie Moa nannten und mit welchem ihre
Ahnen die heftigſten Kämpfe zu beſtehen hatten. Einem Reiſenden
wurde die Stelle gezeigt, an welcher der letzte Moa nach blutigem
Kampfe, in dem mehrere Eingeborene fielen, erlegt worden ſeyn ſollte.
Die Knochen, aus denen man mehrere Arten und ſogar zwei Gattungen
herausgefunden hat, weiſen in der That nach, daß die größte Art den afri-
kaniſchen Strauß um mehrere Fuß an Höhe übertroffen haben mußte. Der
gänzliche Mangel an Luftzellen in den Knochen, die eine Markhöhle
haben, beweiſet, daß die Thiere ebenſo wie die Strauße zum Fliegen
durchaus unbefähigt waren. Die Füße hatten nur drei Zehen und
der Bau des Schädels ſtimmte weſentlich mit demjenigen des Neuhol-
ländiſchen Straußes überein. Ganz in der neueſten Zeit wurden in
Madagaskar einige koloſſale Eier gefunden, deren Cubikinhalt demje-
nigen von acht Straußeneiern gleichkommt. Einige Knochen laſſen
auf einen Vogel von wenigſtens doppelter Straußengröße ſchließen,
der jetzt noch im Innern jener Inſel haust und den man einſtweilen
mit dem Namen Aepyornis belegt hat. Die aufgefundenen Fußknochen
ſchließen ſich in ihrer Geſtalt näher an die Strauße als an die neu-
ſeeländiſchen Rieſenvögel an. Dinornis; Palapteryx.

[Abbildung] Fig. 1282.

Der Kiwi-kiwi (Apteryx australis).

Nicht minder merkwürdig als dieſe Familie der Rieſenvögel iſt
ein anderes neuſeeländiſches Vogelgeſchlecht, der Kiwi-kiwi (Apteryx),
welches ebenfalls als Typus einer beſonderen Familie (Apterygida)
gelten muß. Der ganze Körper dieſer Vögel, von denen man jetzt
zwei Arten kennt, iſt mit langen, haarartigen Federn bedeckt, ähnlich
denjenigen des Caſuars, welche die kurzen, ſtummelartigen Flügel
gänzlich verſtecken. Der Vogel hat einen langen, runden, weichen
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[377/0383] rieſenmäßigen Vogel, den ſie Moa nannten und mit welchem ihre Ahnen die heftigſten Kämpfe zu beſtehen hatten. Einem Reiſenden wurde die Stelle gezeigt, an welcher der letzte Moa nach blutigem Kampfe, in dem mehrere Eingeborene fielen, erlegt worden ſeyn ſollte. Die Knochen, aus denen man mehrere Arten und ſogar zwei Gattungen herausgefunden hat, weiſen in der That nach, daß die größte Art den afri- kaniſchen Strauß um mehrere Fuß an Höhe übertroffen haben mußte. Der gänzliche Mangel an Luftzellen in den Knochen, die eine Markhöhle haben, beweiſet, daß die Thiere ebenſo wie die Strauße zum Fliegen durchaus unbefähigt waren. Die Füße hatten nur drei Zehen und der Bau des Schädels ſtimmte weſentlich mit demjenigen des Neuhol- ländiſchen Straußes überein. Ganz in der neueſten Zeit wurden in Madagaskar einige koloſſale Eier gefunden, deren Cubikinhalt demje- nigen von acht Straußeneiern gleichkommt. Einige Knochen laſſen auf einen Vogel von wenigſtens doppelter Straußengröße ſchließen, der jetzt noch im Innern jener Inſel haust und den man einſtweilen mit dem Namen Aepyornis belegt hat. Die aufgefundenen Fußknochen ſchließen ſich in ihrer Geſtalt näher an die Strauße als an die neu- ſeeländiſchen Rieſenvögel an. Dinornis; Palapteryx. [Abbildung Fig. 1282. Der Kiwi-kiwi (Apteryx australis). ] Nicht minder merkwürdig als dieſe Familie der Rieſenvögel iſt ein anderes neuſeeländiſches Vogelgeſchlecht, der Kiwi-kiwi (Apteryx), welches ebenfalls als Typus einer beſonderen Familie (Apterygida) gelten muß. Der ganze Körper dieſer Vögel, von denen man jetzt zwei Arten kennt, iſt mit langen, haarartigen Federn bedeckt, ähnlich denjenigen des Caſuars, welche die kurzen, ſtummelartigen Flügel gänzlich verſtecken. Der Vogel hat einen langen, runden, weichen Schnabel, ähnlich dem einer Schnepfe, an deſſen vorderem Ende die

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/383>, abgerufen am 29.03.2024.