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Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851.

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iranischen Sprachen gänzlich verschieden, vielmehr mit den amerikani-
schen Idiomen einige entfernte Aehnlichkeit hat. Die physischen Cha-
raktere dieses durch Leichtigkeit und regelmäßigen Körperbau ausge-
zeichneten Volksstammes sind noch nicht wissenschaftlich untersucht und
namentlich haben wir noch keine Beschreibung ihres Schädelbaues
erhalten, obgleich es keinem Zweifel unterliegen mag, daß sie zu den
geradzähnigen Langköpfen gehören.

Die Kaukasier, zu welchen mit Ausnahme der an den Quellen
des Terek lebenden Osseten oder Iron's, die sämmtlichen Völker des
Kaukasus gehören, stellen in allen Verhältnissen den schönsten Men-
schentypus dar und gehören alle ohne Ausnahme ihrer Schädelstruktur
nach zu den geradzähnigen Langköpfen, wenn gleich sehr häufig ihre
Schädelform mehr rundlich wird. Alle diese Völkerschaften haben eine
ausgezeichnete weiße Hautfarbe und nähern sich sehr in allen Bezie-
hungen den Europäern, sprechen aber Sprachen, welche zwar nahe
mit einander verwandt, aber mit den indoeuropäischen oder semitischen
durchaus nicht die mindeste Aehnlichkeit haben.

Als letzte aber größte Völkerfamilie stellen sich in dieser Men-
schenart die der Indoeuropäer dar, deren Sprachen alle bekannt-
lich von einer gemeinschaftlichen Mutter, dem Sanskrit, abstammen.
Alle Völker dieser Familie gehören den Geradezähnern an, aber sonst
stellen sich in der Schädelform zwei wesentliche Unterschiede dar, welche
sogar in der näheren Verwandtschaft der Sprachen einen Wiederklang
finden. Die alten Perser, die Afghanen, die Osseten des Kau-
kasus und die Kurden stimmen mit sämmtlichen slavischen Völker-
schaften, deren Sprachen mit den ihrigen die nächste Aehnlichkeit haben,
darin überein, daß sie Kurzköpfe sind, woher die breiteren Stirnen,
das steiler abfallende Hinterhaupt, das geringe Ueberwiegen des Längs-
durchmessers über den Querdurchmesser und die mehr platten breiteren
Gesichter, wodurch sich der Ausdruck dieser Rassen mehr demjenigen
der turanischen nähert. An dem Schädel sind bei allen diesen Kurz-
köpfen die Augenbogen stark entwickelt, das Hinterhaupt dagegen nie-
mals höckerig, sondern gerade abgeschnitten und die Höcker der Schei-
telbeine weit nach hinten gerückt.

Das Stammvolk der Hindus mit seiner bronzefarbigen Haut
und dem zierlichen, fast weibischen Körperbaue, das Urvolk der Celten
mit seinen geringen Resten in Schottland, Irland und der Bretagne

iraniſchen Sprachen gänzlich verſchieden, vielmehr mit den amerikani-
ſchen Idiomen einige entfernte Aehnlichkeit hat. Die phyſiſchen Cha-
raktere dieſes durch Leichtigkeit und regelmäßigen Körperbau ausge-
zeichneten Volksſtammes ſind noch nicht wiſſenſchaftlich unterſucht und
namentlich haben wir noch keine Beſchreibung ihres Schädelbaues
erhalten, obgleich es keinem Zweifel unterliegen mag, daß ſie zu den
geradzähnigen Langköpfen gehören.

Die Kaukaſier, zu welchen mit Ausnahme der an den Quellen
des Terek lebenden Oſſeten oder Iron’s, die ſämmtlichen Völker des
Kaukaſus gehören, ſtellen in allen Verhältniſſen den ſchönſten Men-
ſchentypus dar und gehören alle ohne Ausnahme ihrer Schädelſtruktur
nach zu den geradzähnigen Langköpfen, wenn gleich ſehr häufig ihre
Schädelform mehr rundlich wird. Alle dieſe Völkerſchaften haben eine
ausgezeichnete weiße Hautfarbe und nähern ſich ſehr in allen Bezie-
hungen den Europäern, ſprechen aber Sprachen, welche zwar nahe
mit einander verwandt, aber mit den indoeuropäiſchen oder ſemitiſchen
durchaus nicht die mindeſte Aehnlichkeit haben.

Als letzte aber größte Völkerfamilie ſtellen ſich in dieſer Men-
ſchenart die der Indoeuropäer dar, deren Sprachen alle bekannt-
lich von einer gemeinſchaftlichen Mutter, dem Sanskrit, abſtammen.
Alle Völker dieſer Familie gehören den Geradezähnern an, aber ſonſt
ſtellen ſich in der Schädelform zwei weſentliche Unterſchiede dar, welche
ſogar in der näheren Verwandtſchaft der Sprachen einen Wiederklang
finden. Die alten Perſer, die Afghanen, die Oſſeten des Kau-
kaſus und die Kurden ſtimmen mit ſämmtlichen ſlaviſchen Völker-
ſchaften, deren Sprachen mit den ihrigen die nächſte Aehnlichkeit haben,
darin überein, daß ſie Kurzköpfe ſind, woher die breiteren Stirnen,
das ſteiler abfallende Hinterhaupt, das geringe Ueberwiegen des Längs-
durchmeſſers über den Querdurchmeſſer und die mehr platten breiteren
Geſichter, wodurch ſich der Ausdruck dieſer Raſſen mehr demjenigen
der turaniſchen nähert. An dem Schädel ſind bei allen dieſen Kurz-
köpfen die Augenbogen ſtark entwickelt, das Hinterhaupt dagegen nie-
mals höckerig, ſondern gerade abgeſchnitten und die Höcker der Schei-
telbeine weit nach hinten gerückt.

Das Stammvolk der Hindus mit ſeiner bronzefarbigen Haut
und dem zierlichen, faſt weibiſchen Körperbaue, das Urvolk der Celten
mit ſeinen geringen Reſten in Schottland, Irland und der Bretagne

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[570/0576] iraniſchen Sprachen gänzlich verſchieden, vielmehr mit den amerikani- ſchen Idiomen einige entfernte Aehnlichkeit hat. Die phyſiſchen Cha- raktere dieſes durch Leichtigkeit und regelmäßigen Körperbau ausge- zeichneten Volksſtammes ſind noch nicht wiſſenſchaftlich unterſucht und namentlich haben wir noch keine Beſchreibung ihres Schädelbaues erhalten, obgleich es keinem Zweifel unterliegen mag, daß ſie zu den geradzähnigen Langköpfen gehören. Die Kaukaſier, zu welchen mit Ausnahme der an den Quellen des Terek lebenden Oſſeten oder Iron’s, die ſämmtlichen Völker des Kaukaſus gehören, ſtellen in allen Verhältniſſen den ſchönſten Men- ſchentypus dar und gehören alle ohne Ausnahme ihrer Schädelſtruktur nach zu den geradzähnigen Langköpfen, wenn gleich ſehr häufig ihre Schädelform mehr rundlich wird. Alle dieſe Völkerſchaften haben eine ausgezeichnete weiße Hautfarbe und nähern ſich ſehr in allen Bezie- hungen den Europäern, ſprechen aber Sprachen, welche zwar nahe mit einander verwandt, aber mit den indoeuropäiſchen oder ſemitiſchen durchaus nicht die mindeſte Aehnlichkeit haben. Als letzte aber größte Völkerfamilie ſtellen ſich in dieſer Men- ſchenart die der Indoeuropäer dar, deren Sprachen alle bekannt- lich von einer gemeinſchaftlichen Mutter, dem Sanskrit, abſtammen. Alle Völker dieſer Familie gehören den Geradezähnern an, aber ſonſt ſtellen ſich in der Schädelform zwei weſentliche Unterſchiede dar, welche ſogar in der näheren Verwandtſchaft der Sprachen einen Wiederklang finden. Die alten Perſer, die Afghanen, die Oſſeten des Kau- kaſus und die Kurden ſtimmen mit ſämmtlichen ſlaviſchen Völker- ſchaften, deren Sprachen mit den ihrigen die nächſte Aehnlichkeit haben, darin überein, daß ſie Kurzköpfe ſind, woher die breiteren Stirnen, das ſteiler abfallende Hinterhaupt, das geringe Ueberwiegen des Längs- durchmeſſers über den Querdurchmeſſer und die mehr platten breiteren Geſichter, wodurch ſich der Ausdruck dieſer Raſſen mehr demjenigen der turaniſchen nähert. An dem Schädel ſind bei allen dieſen Kurz- köpfen die Augenbogen ſtark entwickelt, das Hinterhaupt dagegen nie- mals höckerig, ſondern gerade abgeſchnitten und die Höcker der Schei- telbeine weit nach hinten gerückt. Das Stammvolk der Hindus mit ſeiner bronzefarbigen Haut und dem zierlichen, faſt weibiſchen Körperbaue, das Urvolk der Celten mit ſeinen geringen Reſten in Schottland, Irland und der Bretagne

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Zitationshilfe: Vogt, Carl: Zoologische Briefe. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1851, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/vogt_briefe02_1851/576>, abgerufen am 28.03.2024.