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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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höchsten Freuden der Liebe bereitet. Darin ha¬
ben sich hier die Zeiten, gegen Ehedem, durchaus
umgewandelt. Merke dir übrigens das lehrende
Wort, Guido!

Dieser antwortete: Ich bedarf dessen nicht,
Ini zeichnete es mir mit heiliger Schrift in
den Busen.

Am andern Morgen hub Jener an: Du sollst
hier einer Sitzung des ehrwürdigen Rathes,
Bundesgericht von Europa genannt, beiwohnen,
und hier überhaupt lernen, welche Bewandniß
es mit unserer Verfassung hat.

Noch wenig hörtest du von den Königen in
diesem Erdtheil, wenn wir schon einige mit ih¬
ren glanzvollen Umgebungen sahen. Dies ist
aber ein großer Segen für die Menschheit. Im
Alterthum war es ihre Sucht, von sich reden zu
machen, und sie wählten das Verderben, über
Fremde und Unterthanen gebracht, unter dem
Namen Heldenthaten. Jetzt, einem schöneren
Beruf hingegeben, muß es ihr Ehrgeiz sein,
daß ihr Name wenig zur Sprache kömmt, denn
so wird der Beweis, daß keine Noth über ihr
Land hereinbricht, am besten geführt. Den Lohn
für eine musterhafte Verwaltung empfangen sie

hoͤchſten Freuden der Liebe bereitet. Darin ha¬
ben ſich hier die Zeiten, gegen Ehedem, durchaus
umgewandelt. Merke dir uͤbrigens das lehrende
Wort, Guido!

Dieſer antwortete: Ich bedarf deſſen nicht,
Ini zeichnete es mir mit heiliger Schrift in
den Buſen.

Am andern Morgen hub Jener an: Du ſollſt
hier einer Sitzung des ehrwuͤrdigen Rathes,
Bundesgericht von Europa genannt, beiwohnen,
und hier uͤberhaupt lernen, welche Bewandniß
es mit unſerer Verfaſſung hat.

Noch wenig hoͤrteſt du von den Koͤnigen in
dieſem Erdtheil, wenn wir ſchon einige mit ih¬
ren glanzvollen Umgebungen ſahen. Dies iſt
aber ein großer Segen fuͤr die Menſchheit. Im
Alterthum war es ihre Sucht, von ſich reden zu
machen, und ſie waͤhlten das Verderben, uͤber
Fremde und Unterthanen gebracht, unter dem
Namen Heldenthaten. Jetzt, einem ſchoͤneren
Beruf hingegeben, muß es ihr Ehrgeiz ſein,
daß ihr Name wenig zur Sprache koͤmmt, denn
ſo wird der Beweis, daß keine Noth uͤber ihr
Land hereinbricht, am beſten gefuͤhrt. Den Lohn
fuͤr eine muſterhafte Verwaltung empfangen ſie

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[180/0192] hoͤchſten Freuden der Liebe bereitet. Darin ha¬ ben ſich hier die Zeiten, gegen Ehedem, durchaus umgewandelt. Merke dir uͤbrigens das lehrende Wort, Guido! Dieſer antwortete: Ich bedarf deſſen nicht, Ini zeichnete es mir mit heiliger Schrift in den Buſen. Am andern Morgen hub Jener an: Du ſollſt hier einer Sitzung des ehrwuͤrdigen Rathes, Bundesgericht von Europa genannt, beiwohnen, und hier uͤberhaupt lernen, welche Bewandniß es mit unſerer Verfaſſung hat. Noch wenig hoͤrteſt du von den Koͤnigen in dieſem Erdtheil, wenn wir ſchon einige mit ih¬ ren glanzvollen Umgebungen ſahen. Dies iſt aber ein großer Segen fuͤr die Menſchheit. Im Alterthum war es ihre Sucht, von ſich reden zu machen, und ſie waͤhlten das Verderben, uͤber Fremde und Unterthanen gebracht, unter dem Namen Heldenthaten. Jetzt, einem ſchoͤneren Beruf hingegeben, muß es ihr Ehrgeiz ſein, daß ihr Name wenig zur Sprache koͤmmt, denn ſo wird der Beweis, daß keine Noth uͤber ihr Land hereinbricht, am beſten gefuͤhrt. Den Lohn fuͤr eine muſterhafte Verwaltung empfangen ſie

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/192>, abgerufen am 28.03.2024.