Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

ten in eine Spitze auslaufen, ist die Rückwir¬
kung nachdrücklicher."

Beschränken übrigens diese Räthe den König?

"In Nichts, er kann sie sogar aufheben, mit
andern Formen vertauschen, die er zuträglicher fin¬
det. Doch seit länger als einem Jahrhundert
ließ sie jeder Monarch unangetastet weil er
die Trefflichkeit der Einrichtung nicht verkennen
konnte. Denn, will sich der Monarch selbst am
Besten befinden, muß er am vollkommensten mit
dem Ganzen verinnigt sein. Die Räthe sind
das Mittel dazu. Sie füllen den Raum vom
Schlußstein der Piramide bis an ihre Ausbrei¬
tung, bilden diese vielmehr selbst. Unabhängige
Gewalt ist den Königen darum verliehen wor¬
den, damit desto weniger Reitz zu ihrem Mi߬
brauch entstehen könne. Wer alles hat, kann
nichts mehr fordern wollen. Die gute Verwal¬
tung ist ihnen durch die Umstände auferlegt,
denn verwalten sie schlecht, verlieren sie mit
dem Ganzen, und ihr Nachruhm schwindet auch
hin. Doch ein Opfer müssen sie für den über¬
wiegenden Genuß von Rechten, gegen andere
Bürger, bringen. Es ist hart, allein ihre Ver¬
nunft muß die Güte des Opfers einsehn, und

ten in eine Spitze auslaufen, iſt die Ruͤckwir¬
kung nachdruͤcklicher.“

Beſchraͤnken uͤbrigens dieſe Raͤthe den Koͤnig?

„In Nichts, er kann ſie ſogar aufheben, mit
andern Formen vertauſchen, die er zutraͤglicher fin¬
det. Doch ſeit laͤnger als einem Jahrhundert
ließ ſie jeder Monarch unangetaſtet weil er
die Trefflichkeit der Einrichtung nicht verkennen
konnte. Denn, will ſich der Monarch ſelbſt am
Beſten befinden, muß er am vollkommenſten mit
dem Ganzen verinnigt ſein. Die Raͤthe ſind
das Mittel dazu. Sie fuͤllen den Raum vom
Schlußſtein der Piramide bis an ihre Ausbrei¬
tung, bilden dieſe vielmehr ſelbſt. Unabhaͤngige
Gewalt iſt den Koͤnigen darum verliehen wor¬
den, damit deſto weniger Reitz zu ihrem Mi߬
brauch entſtehen koͤnne. Wer alles hat, kann
nichts mehr fordern wollen. Die gute Verwal¬
tung iſt ihnen durch die Umſtaͤnde auferlegt,
denn verwalten ſie ſchlecht, verlieren ſie mit
dem Ganzen, und ihr Nachruhm ſchwindet auch
hin. Doch ein Opfer muͤſſen ſie fuͤr den uͤber¬
wiegenden Genuß von Rechten, gegen andere
Buͤrger, bringen. Es iſt hart, allein ihre Ver¬
nunft muß die Guͤte des Opfers einſehn, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0198" n="186"/>
ten in eine Spitze auslaufen, i&#x017F;t die Ru&#x0364;ckwir¬<lb/>
kung nachdru&#x0364;cklicher.&#x201C;</p><lb/>
          <p>Be&#x017F;chra&#x0364;nken u&#x0364;brigens die&#x017F;e Ra&#x0364;the den Ko&#x0364;nig?</p><lb/>
          <p>&#x201E;In Nichts, er kann &#x017F;ie &#x017F;ogar aufheben, mit<lb/>
andern Formen vertau&#x017F;chen, die er zutra&#x0364;glicher fin¬<lb/>
det. Doch &#x017F;eit la&#x0364;nger als einem Jahrhundert<lb/>
ließ &#x017F;ie jeder Monarch unangeta&#x017F;tet weil er<lb/>
die Trefflichkeit der Einrichtung nicht verkennen<lb/>
konnte. Denn, will &#x017F;ich der Monarch &#x017F;elb&#x017F;t am<lb/>
Be&#x017F;ten befinden, muß er am vollkommen&#x017F;ten mit<lb/>
dem Ganzen verinnigt &#x017F;ein. Die Ra&#x0364;the &#x017F;ind<lb/>
das Mittel dazu. Sie fu&#x0364;llen den Raum vom<lb/>
Schluß&#x017F;tein der Piramide bis an ihre Ausbrei¬<lb/>
tung, bilden die&#x017F;e vielmehr &#x017F;elb&#x017F;t. Unabha&#x0364;ngige<lb/>
Gewalt i&#x017F;t den Ko&#x0364;nigen darum verliehen wor¬<lb/>
den, damit de&#x017F;to weniger Reitz zu ihrem Mi߬<lb/>
brauch ent&#x017F;tehen ko&#x0364;nne. Wer alles hat, kann<lb/>
nichts mehr fordern wollen. Die gute Verwal¬<lb/>
tung i&#x017F;t ihnen durch die Um&#x017F;ta&#x0364;nde auferlegt,<lb/>
denn verwalten &#x017F;ie &#x017F;chlecht, verlieren &#x017F;ie mit<lb/>
dem Ganzen, und ihr Nachruhm &#x017F;chwindet auch<lb/>
hin. Doch ein Opfer mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie fu&#x0364;r den u&#x0364;ber¬<lb/>
wiegenden Genuß von Rechten, gegen andere<lb/>
Bu&#x0364;rger, bringen. Es i&#x017F;t hart, allein ihre Ver¬<lb/>
nunft muß die Gu&#x0364;te des Opfers ein&#x017F;ehn, und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0198] ten in eine Spitze auslaufen, iſt die Ruͤckwir¬ kung nachdruͤcklicher.“ Beſchraͤnken uͤbrigens dieſe Raͤthe den Koͤnig? „In Nichts, er kann ſie ſogar aufheben, mit andern Formen vertauſchen, die er zutraͤglicher fin¬ det. Doch ſeit laͤnger als einem Jahrhundert ließ ſie jeder Monarch unangetaſtet weil er die Trefflichkeit der Einrichtung nicht verkennen konnte. Denn, will ſich der Monarch ſelbſt am Beſten befinden, muß er am vollkommenſten mit dem Ganzen verinnigt ſein. Die Raͤthe ſind das Mittel dazu. Sie fuͤllen den Raum vom Schlußſtein der Piramide bis an ihre Ausbrei¬ tung, bilden dieſe vielmehr ſelbſt. Unabhaͤngige Gewalt iſt den Koͤnigen darum verliehen wor¬ den, damit deſto weniger Reitz zu ihrem Mi߬ brauch entſtehen koͤnne. Wer alles hat, kann nichts mehr fordern wollen. Die gute Verwal¬ tung iſt ihnen durch die Umſtaͤnde auferlegt, denn verwalten ſie ſchlecht, verlieren ſie mit dem Ganzen, und ihr Nachruhm ſchwindet auch hin. Doch ein Opfer muͤſſen ſie fuͤr den uͤber¬ wiegenden Genuß von Rechten, gegen andere Buͤrger, bringen. Es iſt hart, allein ihre Ver¬ nunft muß die Guͤte des Opfers einſehn, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/198
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/198>, abgerufen am 19.04.2024.