Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

welche zarte Mistik, die Grundlinien der Bürger¬
ehre verwebt wurden; wie klar das, in früher
Erziehung geübte Kombinazionsvermögen, die
Nothwendigkeit des Rechtes, in den viel erwei¬
teten und berichtigten Gesellschaftsbeziehungen,
einsieht; wie sorgsam weise Jahrhunderte zu fer¬
nen suchten, was gereizte Begierden wecken,
niedere Leidenschaften entflammen kann; immer
war doch der Stoff des Widerstrebens gegen das
Gute, in der Sterblichen Brust nicht ganz zu
tilgen. Die Eigensucht will hie und da immer
noch zum Schaden des Gesammtvortheils auf
sich beziehen, und sind die Verbrechen gleich
bei weitem seltener als Ehedem, hören wir,
Dank sei es den besseren Zeiten! nie von solchen,
die vor Jahrhunderten noch die menschliche Na¬
tur entweihten, so wird das Gesetz doch biswei¬
len umgangen, und ein ernsterer Widerstand in
warnenden, auch drohenden Ahndungen, ist nö¬
thig. Er geht vom Mosestempel aus. Hier
wird Recht gesprochen über den Frevler, wie¬
wohl, von zehn Jahren zu zehn Jahren, die Straf¬
satzungen haben gemindert werden können, in¬
dem die traurigen Fälle, wo sie eintreten mu߬
ten, abnahmen. Hier werden auch Streitigkei¬

ten

welche zarte Miſtik, die Grundlinien der Buͤrger¬
ehre verwebt wurden; wie klar das, in fruͤher
Erziehung geuͤbte Kombinazionsvermoͤgen, die
Nothwendigkeit des Rechtes, in den viel erwei¬
teten und berichtigten Geſellſchaftsbeziehungen,
einſieht; wie ſorgſam weiſe Jahrhunderte zu fer¬
nen ſuchten, was gereizte Begierden wecken,
niedere Leidenſchaften entflammen kann; immer
war doch der Stoff des Widerſtrebens gegen das
Gute, in der Sterblichen Bruſt nicht ganz zu
tilgen. Die Eigenſucht will hie und da immer
noch zum Schaden des Geſammtvortheils auf
ſich beziehen, und ſind die Verbrechen gleich
bei weitem ſeltener als Ehedem, hoͤren wir,
Dank ſei es den beſſeren Zeiten! nie von ſolchen,
die vor Jahrhunderten noch die menſchliche Na¬
tur entweihten, ſo wird das Geſetz doch biswei¬
len umgangen, und ein ernſterer Widerſtand in
warnenden, auch drohenden Ahndungen, iſt noͤ¬
thig. Er geht vom Moſestempel aus. Hier
wird Recht geſprochen uͤber den Frevler, wie¬
wohl, von zehn Jahren zu zehn Jahren, die Straf¬
ſatzungen haben gemindert werden koͤnnen, in¬
dem die traurigen Faͤlle, wo ſie eintreten mu߬
ten, abnahmen. Hier werden auch Streitigkei¬

ten
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0204" n="192"/>
welche zarte Mi&#x017F;tik, die Grundlinien der Bu&#x0364;rger¬<lb/>
ehre verwebt wurden; wie klar das, in fru&#x0364;her<lb/>
Erziehung geu&#x0364;bte Kombinazionsvermo&#x0364;gen, die<lb/>
Nothwendigkeit des Rechtes, in den viel erwei¬<lb/>
teten und berichtigten Ge&#x017F;ell&#x017F;chaftsbeziehungen,<lb/>
ein&#x017F;ieht; wie &#x017F;org&#x017F;am wei&#x017F;e Jahrhunderte zu fer¬<lb/>
nen &#x017F;uchten, was gereizte Begierden wecken,<lb/>
niedere Leiden&#x017F;chaften entflammen kann; immer<lb/>
war doch der Stoff des Wider&#x017F;trebens gegen das<lb/>
Gute, in der Sterblichen Bru&#x017F;t nicht ganz zu<lb/>
tilgen. Die Eigen&#x017F;ucht will hie und da immer<lb/>
noch zum Schaden des Ge&#x017F;ammtvortheils auf<lb/><hi rendition="#g">&#x017F;ich</hi> beziehen, und &#x017F;ind die Verbrechen gleich<lb/>
bei weitem &#x017F;eltener als Ehedem, ho&#x0364;ren wir,<lb/>
Dank &#x017F;ei es den be&#x017F;&#x017F;eren Zeiten! nie von &#x017F;olchen,<lb/>
die vor Jahrhunderten noch die men&#x017F;chliche Na¬<lb/>
tur entweihten, &#x017F;o wird das Ge&#x017F;etz doch biswei¬<lb/>
len umgangen, und ein ern&#x017F;terer Wider&#x017F;tand in<lb/>
warnenden, auch drohenden Ahndungen, i&#x017F;t no&#x0364;¬<lb/>
thig. Er geht vom Mo&#x017F;estempel aus. Hier<lb/>
wird Recht ge&#x017F;prochen u&#x0364;ber den Frevler, wie¬<lb/>
wohl, von zehn Jahren zu zehn Jahren, die Straf¬<lb/>
&#x017F;atzungen haben gemindert werden ko&#x0364;nnen, in¬<lb/>
dem die traurigen Fa&#x0364;lle, wo &#x017F;ie eintreten mu߬<lb/>
ten, abnahmen. Hier werden auch Streitigkei¬<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[192/0204] welche zarte Miſtik, die Grundlinien der Buͤrger¬ ehre verwebt wurden; wie klar das, in fruͤher Erziehung geuͤbte Kombinazionsvermoͤgen, die Nothwendigkeit des Rechtes, in den viel erwei¬ teten und berichtigten Geſellſchaftsbeziehungen, einſieht; wie ſorgſam weiſe Jahrhunderte zu fer¬ nen ſuchten, was gereizte Begierden wecken, niedere Leidenſchaften entflammen kann; immer war doch der Stoff des Widerſtrebens gegen das Gute, in der Sterblichen Bruſt nicht ganz zu tilgen. Die Eigenſucht will hie und da immer noch zum Schaden des Geſammtvortheils auf ſich beziehen, und ſind die Verbrechen gleich bei weitem ſeltener als Ehedem, hoͤren wir, Dank ſei es den beſſeren Zeiten! nie von ſolchen, die vor Jahrhunderten noch die menſchliche Na¬ tur entweihten, ſo wird das Geſetz doch biswei¬ len umgangen, und ein ernſterer Widerſtand in warnenden, auch drohenden Ahndungen, iſt noͤ¬ thig. Er geht vom Moſestempel aus. Hier wird Recht geſprochen uͤber den Frevler, wie¬ wohl, von zehn Jahren zu zehn Jahren, die Straf¬ ſatzungen haben gemindert werden koͤnnen, in¬ dem die traurigen Faͤlle, wo ſie eintreten mu߬ ten, abnahmen. Hier werden auch Streitigkei¬ ten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/204
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/204>, abgerufen am 25.04.2024.