Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

die unsrigen unendlich mehr aussprachen, ist eine
Erscheinung, welche durch den wissenschaftlichen
Fortgang und die immer mehr zusammengedräng¬
ten Volkmassen nothwendig wurde.

Guido, selbst ein geübter Rechner, bewun¬
derte die arithmetischen Formeln, welche ihm
hier zu Gesicht kamen. Der Integral- und Diffe¬
renzialkalkul waren auch schon vollkommen ins ge¬
meine Leben übergegangen, und die endlich ge¬
fundene Quadratur der Rundung, erleichterte die
Messung aller Größen noch weit mehr.

Ueber die Mechanik vernahm er unerhörte
neue Lehrbegriffe. Nur die Ausführung mancher
davon, konnte ihn noch zu mehr Bewunderung
hinreissen. Denn man beschloß während seiner
Anwesenheit, einen großen Pallast, welcher in der
Straße, wo er gegenwärtig stand, keine vortheil¬
hafte Ansicht darbot, nach einem freien Markte
zu schaffen. Sein Fundament ward gestützt,
unterhöhlt, gewaltige Hebemaschinen drängten
das Gebäude im Gleichgewicht empor, Rollen,
aus Marmorblöcken gehauen, empfingen dasselbe,
und in wenigen Tagen war es unversehrt nach
der neuen Stelle gebracht, wobei sich an den

O

die unſrigen unendlich mehr ausſprachen, iſt eine
Erſcheinung, welche durch den wiſſenſchaftlichen
Fortgang und die immer mehr zuſammengedraͤng¬
ten Volkmaſſen nothwendig wurde.

Guido, ſelbſt ein geuͤbter Rechner, bewun¬
derte die arithmetiſchen Formeln, welche ihm
hier zu Geſicht kamen. Der Integral- und Diffe¬
renzialkalkul waren auch ſchon vollkommen ins ge¬
meine Leben uͤbergegangen, und die endlich ge¬
fundene Quadratur der Rundung, erleichterte die
Meſſung aller Groͤßen noch weit mehr.

Ueber die Mechanik vernahm er unerhoͤrte
neue Lehrbegriffe. Nur die Ausfuͤhrung mancher
davon, konnte ihn noch zu mehr Bewunderung
hinreiſſen. Denn man beſchloß waͤhrend ſeiner
Anweſenheit, einen großen Pallaſt, welcher in der
Straße, wo er gegenwaͤrtig ſtand, keine vortheil¬
hafte Anſicht darbot, nach einem freien Markte
zu ſchaffen. Sein Fundament ward geſtuͤtzt,
unterhoͤhlt, gewaltige Hebemaſchinen draͤngten
das Gebaͤude im Gleichgewicht empor, Rollen,
aus Marmorbloͤcken gehauen, empfingen daſſelbe,
und in wenigen Tagen war es unverſehrt nach
der neuen Stelle gebracht, wobei ſich an den

O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0221" n="209"/>
die un&#x017F;rigen unendlich mehr aus&#x017F;prachen, i&#x017F;t eine<lb/>
Er&#x017F;cheinung, welche durch den wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen<lb/>
Fortgang und die immer mehr zu&#x017F;ammengedra&#x0364;ng¬<lb/>
ten Volkma&#x017F;&#x017F;en nothwendig wurde.</p><lb/>
          <p>Guido, &#x017F;elb&#x017F;t ein geu&#x0364;bter Rechner, bewun¬<lb/>
derte die arithmeti&#x017F;chen Formeln, welche ihm<lb/>
hier zu Ge&#x017F;icht kamen. Der Integral- und Diffe¬<lb/>
renzialkalkul waren auch &#x017F;chon vollkommen ins ge¬<lb/>
meine Leben u&#x0364;bergegangen, und die endlich ge¬<lb/>
fundene Quadratur der Rundung, erleichterte die<lb/>
Me&#x017F;&#x017F;ung aller Gro&#x0364;ßen noch weit mehr.</p><lb/>
          <p>Ueber die Mechanik vernahm er unerho&#x0364;rte<lb/>
neue Lehrbegriffe. Nur die Ausfu&#x0364;hrung mancher<lb/>
davon, konnte ihn noch zu mehr Bewunderung<lb/>
hinrei&#x017F;&#x017F;en. Denn man be&#x017F;chloß wa&#x0364;hrend &#x017F;einer<lb/>
Anwe&#x017F;enheit, einen großen Palla&#x017F;t, welcher in der<lb/>
Straße, wo er gegenwa&#x0364;rtig &#x017F;tand, keine vortheil¬<lb/>
hafte An&#x017F;icht darbot, nach einem freien Markte<lb/>
zu &#x017F;chaffen. Sein Fundament ward ge&#x017F;tu&#x0364;tzt,<lb/>
unterho&#x0364;hlt, gewaltige Hebema&#x017F;chinen dra&#x0364;ngten<lb/>
das Geba&#x0364;ude im Gleichgewicht empor, Rollen,<lb/>
aus Marmorblo&#x0364;cken gehauen, empfingen da&#x017F;&#x017F;elbe,<lb/>
und in wenigen Tagen war es unver&#x017F;ehrt nach<lb/>
der neuen Stelle gebracht, wobei &#x017F;ich an den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">O<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0221] die unſrigen unendlich mehr ausſprachen, iſt eine Erſcheinung, welche durch den wiſſenſchaftlichen Fortgang und die immer mehr zuſammengedraͤng¬ ten Volkmaſſen nothwendig wurde. Guido, ſelbſt ein geuͤbter Rechner, bewun¬ derte die arithmetiſchen Formeln, welche ihm hier zu Geſicht kamen. Der Integral- und Diffe¬ renzialkalkul waren auch ſchon vollkommen ins ge¬ meine Leben uͤbergegangen, und die endlich ge¬ fundene Quadratur der Rundung, erleichterte die Meſſung aller Groͤßen noch weit mehr. Ueber die Mechanik vernahm er unerhoͤrte neue Lehrbegriffe. Nur die Ausfuͤhrung mancher davon, konnte ihn noch zu mehr Bewunderung hinreiſſen. Denn man beſchloß waͤhrend ſeiner Anweſenheit, einen großen Pallaſt, welcher in der Straße, wo er gegenwaͤrtig ſtand, keine vortheil¬ hafte Anſicht darbot, nach einem freien Markte zu ſchaffen. Sein Fundament ward geſtuͤtzt, unterhoͤhlt, gewaltige Hebemaſchinen draͤngten das Gebaͤude im Gleichgewicht empor, Rollen, aus Marmorbloͤcken gehauen, empfingen daſſelbe, und in wenigen Tagen war es unverſehrt nach der neuen Stelle gebracht, wobei ſich an den O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/221
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/221>, abgerufen am 23.04.2024.