Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

allem erfinderischen Fleiß, nicht einmal mit klei¬
nen Kähnen sei thunlich gewesen. Eine Ueber¬
einkunft mit Griechenland, große Summen und
das Ausharren bei vieljähriger Arbeit, hätten den¬
noch allen Widerstand besiegt. Da der zu starke
Fall des Stromes alle Hindernisse legte, waren
zu seinen Seiten hohe Dämme aufgeführt, das
Flußbette vertieft und geändert, und demnächst
von dreißig Meilen zu dreißig Meilen bis zum
schwarzen Meere Wasserfälle angelegt worden, die
dem von Niagara flüchtig glichen. So hatte
die Hidraulik die Fluthen zu einem ruhigen Lauf
gezwungen. Kam nun ein Schiff dem Strom
entgegen -- entweder vom Winde oder von Ma¬
schinenruderwerken geleitet -- bis an einen Was¬
serfall, hob es eine Schleuse empor; im ande¬
ren Falle trug sie es nieder.

Noch eine andere gigantische Arbeit hatte der
Unternehmungsgeist hier vollbracht. Lange schon
waren die Einwohner der Meinung gewesen, je¬
ner Zweig der Steiermärkischen Gebirge, unter
den alten Namen, Kalenberg und Leopoldsberg,
bis ans Donauufer dringend, erkälte die Gegend
und mache die Witterung unbeständig. Ohne
ihn, war man überzeugt, müsse das Klima so

allem erfinderiſchen Fleiß, nicht einmal mit klei¬
nen Kaͤhnen ſei thunlich geweſen. Eine Ueber¬
einkunft mit Griechenland, große Summen und
das Ausharren bei vieljaͤhriger Arbeit, haͤtten den¬
noch allen Widerſtand beſiegt. Da der zu ſtarke
Fall des Stromes alle Hinderniſſe legte, waren
zu ſeinen Seiten hohe Daͤmme aufgefuͤhrt, das
Flußbette vertieft und geaͤndert, und demnaͤchſt
von dreißig Meilen zu dreißig Meilen bis zum
ſchwarzen Meere Waſſerfaͤlle angelegt worden, die
dem von Niagara fluͤchtig glichen. So hatte
die Hidraulik die Fluthen zu einem ruhigen Lauf
gezwungen. Kam nun ein Schiff dem Strom
entgegen — entweder vom Winde oder von Ma¬
ſchinenruderwerken geleitet — bis an einen Waſ¬
ſerfall, hob es eine Schleuſe empor; im ande¬
ren Falle trug ſie es nieder.

Noch eine andere gigantiſche Arbeit hatte der
Unternehmungsgeiſt hier vollbracht. Lange ſchon
waren die Einwohner der Meinung geweſen, je¬
ner Zweig der Steiermaͤrkiſchen Gebirge, unter
den alten Namen, Kalenberg und Leopoldsberg,
bis ans Donauufer dringend, erkaͤlte die Gegend
und mache die Witterung unbeſtaͤndig. Ohne
ihn, war man uͤberzeugt, muͤſſe das Klima ſo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0231" n="219"/>
allem erfinderi&#x017F;chen Fleiß, nicht einmal mit klei¬<lb/>
nen Ka&#x0364;hnen &#x017F;ei thunlich gewe&#x017F;en. Eine Ueber¬<lb/>
einkunft mit Griechenland, große Summen und<lb/>
das Ausharren bei vielja&#x0364;hriger Arbeit, ha&#x0364;tten den¬<lb/>
noch allen Wider&#x017F;tand be&#x017F;iegt. Da der zu &#x017F;tarke<lb/>
Fall des Stromes alle Hinderni&#x017F;&#x017F;e legte, waren<lb/>
zu &#x017F;einen Seiten hohe Da&#x0364;mme aufgefu&#x0364;hrt, das<lb/>
Flußbette vertieft und gea&#x0364;ndert, und demna&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
von dreißig Meilen zu dreißig Meilen bis zum<lb/>
&#x017F;chwarzen Meere Wa&#x017F;&#x017F;erfa&#x0364;lle angelegt worden, die<lb/>
dem von Niagara flu&#x0364;chtig glichen. So hatte<lb/>
die Hidraulik die Fluthen zu einem ruhigen Lauf<lb/>
gezwungen. Kam nun ein Schiff dem Strom<lb/>
entgegen &#x2014; entweder vom Winde oder von Ma¬<lb/>
&#x017F;chinenruderwerken geleitet &#x2014; bis an einen Wa&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;erfall, hob es eine Schleu&#x017F;e empor; im ande¬<lb/>
ren Falle trug &#x017F;ie es nieder.</p><lb/>
          <p>Noch eine andere giganti&#x017F;che Arbeit hatte der<lb/>
Unternehmungsgei&#x017F;t hier vollbracht. Lange &#x017F;chon<lb/>
waren die Einwohner der Meinung gewe&#x017F;en, je¬<lb/>
ner Zweig der Steierma&#x0364;rki&#x017F;chen Gebirge, unter<lb/>
den alten Namen, Kalenberg und Leopoldsberg,<lb/>
bis ans Donauufer dringend, erka&#x0364;lte die Gegend<lb/>
und mache die Witterung unbe&#x017F;ta&#x0364;ndig. Ohne<lb/>
ihn, war man u&#x0364;berzeugt, mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e das Klima &#x017F;o<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[219/0231] allem erfinderiſchen Fleiß, nicht einmal mit klei¬ nen Kaͤhnen ſei thunlich geweſen. Eine Ueber¬ einkunft mit Griechenland, große Summen und das Ausharren bei vieljaͤhriger Arbeit, haͤtten den¬ noch allen Widerſtand beſiegt. Da der zu ſtarke Fall des Stromes alle Hinderniſſe legte, waren zu ſeinen Seiten hohe Daͤmme aufgefuͤhrt, das Flußbette vertieft und geaͤndert, und demnaͤchſt von dreißig Meilen zu dreißig Meilen bis zum ſchwarzen Meere Waſſerfaͤlle angelegt worden, die dem von Niagara fluͤchtig glichen. So hatte die Hidraulik die Fluthen zu einem ruhigen Lauf gezwungen. Kam nun ein Schiff dem Strom entgegen — entweder vom Winde oder von Ma¬ ſchinenruderwerken geleitet — bis an einen Waſ¬ ſerfall, hob es eine Schleuſe empor; im ande¬ ren Falle trug ſie es nieder. Noch eine andere gigantiſche Arbeit hatte der Unternehmungsgeiſt hier vollbracht. Lange ſchon waren die Einwohner der Meinung geweſen, je¬ ner Zweig der Steiermaͤrkiſchen Gebirge, unter den alten Namen, Kalenberg und Leopoldsberg, bis ans Donauufer dringend, erkaͤlte die Gegend und mache die Witterung unbeſtaͤndig. Ohne ihn, war man uͤberzeugt, muͤſſe das Klima ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/231
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/231>, abgerufen am 23.04.2024.