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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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ein Zeichen öffnete. Holde Blumendüfte athme¬
ten den Eintretenden entgegen. Der röthlich
aufgehende Mond schien durch die blühenden
Orangenbäume, die holde Maske führte Guido
nach einem Lusthause, wo eine kleine Lampe vor
einem hohlgeschliffenen großen Amathist brannte.
Diese magische Helle verklärte alle Gegenstände
umher. Köstliche Teppiche waren im Zim¬
mer ausgebreitet, das Ruhebett im Hintergrunde
umfloß eine künstliche Wolke, aus dem Rauche
süß betäubender arabischen Spezereien. Die Maske
führte Guido hinein, alle Fibern und Nerven
erklangen in ihm. Er stammelte: Nun, nun,
laß mich dein Antlitz schauen! -- "Nicht ehe,
bis du mir, ein Abtrünniger deiner vorigen Er¬
wählten, ewige Liebe schwörst."

Guido erschrack heftig, seine Sinnenverwir¬
rung nahm jedoch zu.

Dann, fuhr sie fort, bist du mein Gott die¬
se Nacht, deine Jo umarmt dich in dem Zauber¬
gewölk.

Guido schlug auf die Brust. Die Lippe wollte
sich öffnen, doch seine Hand hatte Inis Bild
am Herzen verborgen, getroffen. Dies rief ihm
Ermannung durch die Seele. Er riß das Ge¬

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ein Zeichen oͤffnete. Holde Blumenduͤfte athme¬
ten den Eintretenden entgegen. Der roͤthlich
aufgehende Mond ſchien durch die bluͤhenden
Orangenbaͤume, die holde Maske fuͤhrte Guido
nach einem Luſthauſe, wo eine kleine Lampe vor
einem hohlgeſchliffenen großen Amathiſt brannte.
Dieſe magiſche Helle verklaͤrte alle Gegenſtaͤnde
umher. Koͤſtliche Teppiche waren im Zim¬
mer ausgebreitet, das Ruhebett im Hintergrunde
umfloß eine kuͤnſtliche Wolke, aus dem Rauche
ſuͤß betaͤubender arabiſchen Spezereien. Die Maske
fuͤhrte Guido hinein, alle Fibern und Nerven
erklangen in ihm. Er ſtammelte: Nun, nun,
laß mich dein Antlitz ſchauen! — „Nicht ehe,
bis du mir, ein Abtruͤnniger deiner vorigen Er¬
waͤhlten, ewige Liebe ſchwoͤrſt.“

Guido erſchrack heftig, ſeine Sinnenverwir¬
rung nahm jedoch zu.

Dann, fuhr ſie fort, biſt du mein Gott die¬
ſe Nacht, deine Jo umarmt dich in dem Zauber¬
gewoͤlk.

Guido ſchlug auf die Bruſt. Die Lippe wollte
ſich oͤffnen, doch ſeine Hand hatte Inis Bild
am Herzen verborgen, getroffen. Dies rief ihm
Ermannung durch die Seele. Er riß das Ge¬

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[225/0237] ein Zeichen oͤffnete. Holde Blumenduͤfte athme¬ ten den Eintretenden entgegen. Der roͤthlich aufgehende Mond ſchien durch die bluͤhenden Orangenbaͤume, die holde Maske fuͤhrte Guido nach einem Luſthauſe, wo eine kleine Lampe vor einem hohlgeſchliffenen großen Amathiſt brannte. Dieſe magiſche Helle verklaͤrte alle Gegenſtaͤnde umher. Koͤſtliche Teppiche waren im Zim¬ mer ausgebreitet, das Ruhebett im Hintergrunde umfloß eine kuͤnſtliche Wolke, aus dem Rauche ſuͤß betaͤubender arabiſchen Spezereien. Die Maske fuͤhrte Guido hinein, alle Fibern und Nerven erklangen in ihm. Er ſtammelte: Nun, nun, laß mich dein Antlitz ſchauen! — „Nicht ehe, bis du mir, ein Abtruͤnniger deiner vorigen Er¬ waͤhlten, ewige Liebe ſchwoͤrſt.“ Guido erſchrack heftig, ſeine Sinnenverwir¬ rung nahm jedoch zu. Dann, fuhr ſie fort, biſt du mein Gott die¬ ſe Nacht, deine Jo umarmt dich in dem Zauber¬ gewoͤlk. Guido ſchlug auf die Bruſt. Die Lippe wollte ſich oͤffnen, doch ſeine Hand hatte Inis Bild am Herzen verborgen, getroffen. Dies rief ihm Ermannung durch die Seele. Er riß das Ge¬ P

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/237>, abgerufen am 28.03.2024.