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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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Der Schlittenzug kam näher, hielt jedoch
seitwärts von der Stelle wo Guido sich aufhielt.
Dieser lief kaum noch athmend dorthin, blieb
aber verwundert stehn, als er seinen Namen
vielfach nennen hörte. Wie wissen diese Reisen¬
den von mir? fragte er sich.

Der Zug enthielt mehr Fahrzeuge als im vo¬
rigen Jahre. Ein ansehnlicher Mann war aus¬
gestiegen, und rief: Ich muß Guidos Leichnam
finden, sonst -- ich muß seinen Leichnam fin¬
den, sonst kehre ich nicht nach Rom zurück, wie¬
derholte der Mann ängstlich.

Guido trat hinzu. Wer sucht mich? Ich bin
Guido.

Unbeweglich in hohem Erstaunen blickte alles
auf ihn. Niemand schien zu glauben, zu begrei¬
fen. Er ist es, fing endlich einer aus dem Hau¬
fen an, im vorigen Jahre die Reise theilend.
Wir harrten lange auf dich, suchten, gaben Zei¬
chen. Da wir den Leichnam des Alten fanden,
mußte Jedermann auch auf deinen Tod schlie¬
ßen. Die eigne Sicherheit gebot uns Entfer¬
nung, doch blieb noch ein Fuhrwerk da --

Gut, gut, fiel der seltsame Einsiedler ein,

Der Schlittenzug kam naͤher, hielt jedoch
ſeitwaͤrts von der Stelle wo Guido ſich aufhielt.
Dieſer lief kaum noch athmend dorthin, blieb
aber verwundert ſtehn, als er ſeinen Namen
vielfach nennen hoͤrte. Wie wiſſen dieſe Reiſen¬
den von mir? fragte er ſich.

Der Zug enthielt mehr Fahrzeuge als im vo¬
rigen Jahre. Ein anſehnlicher Mann war aus¬
geſtiegen, und rief: Ich muß Guidos Leichnam
finden, ſonſt — ich muß ſeinen Leichnam fin¬
den, ſonſt kehre ich nicht nach Rom zuruͤck, wie¬
derholte der Mann aͤngſtlich.

Guido trat hinzu. Wer ſucht mich? Ich bin
Guido.

Unbeweglich in hohem Erſtaunen blickte alles
auf ihn. Niemand ſchien zu glauben, zu begrei¬
fen. Er iſt es, fing endlich einer aus dem Hau¬
fen an, im vorigen Jahre die Reiſe theilend.
Wir harrten lange auf dich, ſuchten, gaben Zei¬
chen. Da wir den Leichnam des Alten fanden,
mußte Jedermann auch auf deinen Tod ſchlie¬
ßen. Die eigne Sicherheit gebot uns Entfer¬
nung, doch blieb noch ein Fuhrwerk da —

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[335/0347] Der Schlittenzug kam naͤher, hielt jedoch ſeitwaͤrts von der Stelle wo Guido ſich aufhielt. Dieſer lief kaum noch athmend dorthin, blieb aber verwundert ſtehn, als er ſeinen Namen vielfach nennen hoͤrte. Wie wiſſen dieſe Reiſen¬ den von mir? fragte er ſich. Der Zug enthielt mehr Fahrzeuge als im vo¬ rigen Jahre. Ein anſehnlicher Mann war aus¬ geſtiegen, und rief: Ich muß Guidos Leichnam finden, ſonſt — ich muß ſeinen Leichnam fin¬ den, ſonſt kehre ich nicht nach Rom zuruͤck, wie¬ derholte der Mann aͤngſtlich. Guido trat hinzu. Wer ſucht mich? Ich bin Guido. Unbeweglich in hohem Erſtaunen blickte alles auf ihn. Niemand ſchien zu glauben, zu begrei¬ fen. Er iſt es, fing endlich einer aus dem Hau¬ fen an, im vorigen Jahre die Reiſe theilend. Wir harrten lange auf dich, ſuchten, gaben Zei¬ chen. Da wir den Leichnam des Alten fanden, mußte Jedermann auch auf deinen Tod ſchlie¬ ßen. Die eigne Sicherheit gebot uns Entfer¬ nung, doch blieb noch ein Fuhrwerk da — Gut, gut, fiel der ſeltſame Einſiedler ein,

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/347>, abgerufen am 19.04.2024.