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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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der Tempel, diese Stoffe schienen seinem Ur¬
heber zu wenig dauerhaft. Eherne Quadern,
durch Gluten verschmolzen, bildeten die dicke
Mauer, die weit gesprengte Wölbung der unge¬
heuren Rotunde, noch von Erzsäulen aus ei¬
nem
Guß getragen. Mosaik von edlen Stein¬
gattungen, für die Ewigkeit dargestellt, Thaten
meldende Inschriften, Namen, die in flammenden
Buchstaben glänzten, prangten da; groß war
aber der noch leere Raum. In die gleichfalls
ehernen Kellergewölbe hinab, leiteten Stufen.
Unten befanden sich die Gräber mit Aschen¬
krügen.

Der Vorsitzer des hohen Rathes winkte den
Kaisersohn zu sich.

Dein Vater will die Herrschaft mit dir thei¬
len. Heldenthum bewährte schon den würdigen
Feldherrn; wohnt in dir aber auch Kraft, die
Völker zu lenken?

Guido hätte, einen Augenblick früher, in den
trüben Besorgnissen um seine Liebe, durch des
Vaters Schweigen über ihn gebracht, wanken
dürfen an der großen Frage -- ach, ohne Ini
flog sein Genius keine Sonnenbahnen -- doch,
ein schauernder Blick, in diesem Tempel umher

der Tempel, dieſe Stoffe ſchienen ſeinem Ur¬
heber zu wenig dauerhaft. Eherne Quadern,
durch Gluten verſchmolzen, bildeten die dicke
Mauer, die weit geſprengte Woͤlbung der unge¬
heuren Rotunde, noch von Erzſaͤulen aus ei¬
nem
Guß getragen. Moſaik von edlen Stein¬
gattungen, fuͤr die Ewigkeit dargeſtellt, Thaten
meldende Inſchriften, Namen, die in flammenden
Buchſtaben glaͤnzten, prangten da; groß war
aber der noch leere Raum. In die gleichfalls
ehernen Kellergewoͤlbe hinab, leiteten Stufen.
Unten befanden ſich die Graͤber mit Aſchen¬
kruͤgen.

Der Vorſitzer des hohen Rathes winkte den
Kaiſerſohn zu ſich.

Dein Vater will die Herrſchaft mit dir thei¬
len. Heldenthum bewaͤhrte ſchon den wuͤrdigen
Feldherrn; wohnt in dir aber auch Kraft, die
Voͤlker zu lenken?

Guido haͤtte, einen Augenblick fruͤher, in den
truͤben Beſorgniſſen um ſeine Liebe, durch des
Vaters Schweigen uͤber ihn gebracht, wanken
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flog ſein Genius keine Sonnenbahnen — doch,
ein ſchauernder Blick, in dieſem Tempel umher

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[357/0369] der Tempel, dieſe Stoffe ſchienen ſeinem Ur¬ heber zu wenig dauerhaft. Eherne Quadern, durch Gluten verſchmolzen, bildeten die dicke Mauer, die weit geſprengte Woͤlbung der unge¬ heuren Rotunde, noch von Erzſaͤulen aus ei¬ nem Guß getragen. Moſaik von edlen Stein¬ gattungen, fuͤr die Ewigkeit dargeſtellt, Thaten meldende Inſchriften, Namen, die in flammenden Buchſtaben glaͤnzten, prangten da; groß war aber der noch leere Raum. In die gleichfalls ehernen Kellergewoͤlbe hinab, leiteten Stufen. Unten befanden ſich die Graͤber mit Aſchen¬ kruͤgen. Der Vorſitzer des hohen Rathes winkte den Kaiſerſohn zu ſich. Dein Vater will die Herrſchaft mit dir thei¬ len. Heldenthum bewaͤhrte ſchon den wuͤrdigen Feldherrn; wohnt in dir aber auch Kraft, die Voͤlker zu lenken? Guido haͤtte, einen Augenblick fruͤher, in den truͤben Beſorgniſſen um ſeine Liebe, durch des Vaters Schweigen uͤber ihn gebracht, wanken duͤrfen an der großen Frage — ach, ohne Ini flog ſein Genius keine Sonnenbahnen — doch, ein ſchauernder Blick, in dieſem Tempel umher

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/369>, abgerufen am 24.04.2024.