Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

ihren Urheber nicht. Nur Einigemal im Jahre
mag sich die dankbare Andacht unter dem himm¬
lischen Gewölbe versammeln, und sich selbst hei¬
ligen, in heiliger Empfindung. Wenn der Ball
sich wieder zu den Sonnenflammen dreht, ihren
befruchtenden Segen zu trinken, wenn wir ärn¬
teten, was die innere Götterkraft der Auen
nährend gestaltete, dann wimmle die Menge
in Eintracht hinaus und huldige.

Doch da die ewige Gottheit, nicht wohnend
im Raum, nicht schwimmend im Strome der
Zeiten, unserm jetzt auf diesen Erdstern ange¬
wiesenen Geiste, nur im Simbol sich offenbart,
so ist es hehr und würdig, zu ehren, was wir
irrdisch-göttlich nennen, und sich, so weit der
Staub vermag, bildete nach dem Ideal des
Allgöttlichen, wie es im Busen der edleren
Menschheit geahnet wird.

Laßt uns preisen, was schon das tiefe Alter¬
thum pries, schon so viele Millionen der Ge¬
storbenen zur Tugend erwärmte, uns im Abbild
erkennbare Muster des Hohen giebt, es einen
mit den Satzungen unsers Bürgervertrags. Laßt
uns Stätten des innigen Andenkens erbauen,

ihren Urheber nicht. Nur Einigemal im Jahre
mag ſich die dankbare Andacht unter dem himm¬
liſchen Gewoͤlbe verſammeln, und ſich ſelbſt hei¬
ligen, in heiliger Empfindung. Wenn der Ball
ſich wieder zu den Sonnenflammen dreht, ihren
befruchtenden Segen zu trinken, wenn wir aͤrn¬
teten, was die innere Goͤtterkraft der Auen
naͤhrend geſtaltete, dann wimmle die Menge
in Eintracht hinaus und huldige.

Doch da die ewige Gottheit, nicht wohnend
im Raum, nicht ſchwimmend im Strome der
Zeiten, unſerm jetzt auf dieſen Erdſtern ange¬
wieſenen Geiſte, nur im Simbol ſich offenbart,
ſo iſt es hehr und wuͤrdig, zu ehren, was wir
irrdiſch-goͤttlich nennen, und ſich, ſo weit der
Staub vermag, bildete nach dem Ideal des
Allgoͤttlichen, wie es im Buſen der edleren
Menſchheit geahnet wird.

Laßt uns preiſen, was ſchon das tiefe Alter¬
thum pries, ſchon ſo viele Millionen der Ge¬
ſtorbenen zur Tugend erwaͤrmte, uns im Abbild
erkennbare Muſter des Hohen giebt, es einen
mit den Satzungen unſers Buͤrgervertrags. Laßt
uns Staͤtten des innigen Andenkens erbauen,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0069" n="57"/>
ihren Urheber nicht. Nur Einigemal im Jahre<lb/>
mag &#x017F;ich die dankbare Andacht unter dem himm¬<lb/>
li&#x017F;chen Gewo&#x0364;lbe ver&#x017F;ammeln, und &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t hei¬<lb/>
ligen, in heiliger Empfindung. Wenn der Ball<lb/>
&#x017F;ich wieder zu den Sonnenflammen dreht, ihren<lb/>
befruchtenden Segen zu trinken, wenn wir a&#x0364;rn¬<lb/>
teten, was die innere Go&#x0364;tterkraft der Auen<lb/>
na&#x0364;hrend ge&#x017F;taltete, dann wimmle die Menge<lb/>
in Eintracht hinaus und huldige.</p><lb/>
          <p>Doch da die ewige Gottheit, nicht wohnend<lb/>
im Raum, nicht &#x017F;chwimmend im Strome der<lb/>
Zeiten, un&#x017F;erm jetzt auf die&#x017F;en Erd&#x017F;tern ange¬<lb/>
wie&#x017F;enen Gei&#x017F;te, nur im Simbol &#x017F;ich offenbart,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es hehr und wu&#x0364;rdig, zu ehren, was wir<lb/>
irrdi&#x017F;ch-go&#x0364;ttlich nennen, und &#x017F;ich, &#x017F;o weit der<lb/>
Staub vermag, bildete nach dem Ideal des<lb/>
Allgo&#x0364;ttlichen, wie es im Bu&#x017F;en der edleren<lb/>
Men&#x017F;chheit geahnet wird.</p><lb/>
          <p>Laßt uns prei&#x017F;en, was &#x017F;chon das tiefe Alter¬<lb/>
thum pries, &#x017F;chon &#x017F;o viele Millionen der Ge¬<lb/>
&#x017F;torbenen zur Tugend erwa&#x0364;rmte, uns im Abbild<lb/>
erkennbare Mu&#x017F;ter des Hohen giebt, es einen<lb/>
mit den Satzungen un&#x017F;ers Bu&#x0364;rgervertrags. Laßt<lb/>
uns Sta&#x0364;tten des innigen Andenkens erbauen,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57/0069] ihren Urheber nicht. Nur Einigemal im Jahre mag ſich die dankbare Andacht unter dem himm¬ liſchen Gewoͤlbe verſammeln, und ſich ſelbſt hei¬ ligen, in heiliger Empfindung. Wenn der Ball ſich wieder zu den Sonnenflammen dreht, ihren befruchtenden Segen zu trinken, wenn wir aͤrn¬ teten, was die innere Goͤtterkraft der Auen naͤhrend geſtaltete, dann wimmle die Menge in Eintracht hinaus und huldige. Doch da die ewige Gottheit, nicht wohnend im Raum, nicht ſchwimmend im Strome der Zeiten, unſerm jetzt auf dieſen Erdſtern ange¬ wieſenen Geiſte, nur im Simbol ſich offenbart, ſo iſt es hehr und wuͤrdig, zu ehren, was wir irrdiſch-goͤttlich nennen, und ſich, ſo weit der Staub vermag, bildete nach dem Ideal des Allgoͤttlichen, wie es im Buſen der edleren Menſchheit geahnet wird. Laßt uns preiſen, was ſchon das tiefe Alter¬ thum pries, ſchon ſo viele Millionen der Ge¬ ſtorbenen zur Tugend erwaͤrmte, uns im Abbild erkennbare Muſter des Hohen giebt, es einen mit den Satzungen unſers Buͤrgervertrags. Laßt uns Staͤtten des innigen Andenkens erbauen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/69
Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/69>, abgerufen am 25.04.2024.