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Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810.

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sie in den Erziehungsschulen der Heimath auch
im Laufen, Ringen, Schwimmen, daneben im
Gedächtnißrechnen und den ersten Elementen
der Meßkunde und Naturlehre unterrichtet wor¬
den. Auch über ihre wohlbegriffene Religions-
und Bürgermoral hatten sie Zeugnisse abzulegen,
und von Aeltern und Lehrern, die Bescheinigung
einer sorgsamen und von gutem Willen begleite¬
ten Anwendung der Jugend, einzureichen.

Fiel diese Prüfung zu ihrem Nachtheile aus,
war die Abweisung von der Ehre, einst das Va¬
terland vertheidigen zu helfen, die Folge. Hie¬
mit war ein drückendes Abwenden der öffentli¬
chen Achtung verbunden, kein Mädchen von Zart¬
gefühl reichte einem solchen die Hand, nie durfte
er hoffen, ein öffentlich Amt zu bekleiden. War
es ein Fürstensohn, sah er sich von der Erbfolge
seines Vaters ausgeschlossen.

Diese harte Ahndung sowohl, als auch die
Allgemeinheit guter Erziehung, woran auch der
Unbemittelte Theil nehmen konnte, machten ei¬
nen solchen Fall höchst selten.

Ward dagegen der Rekrut angenommen, em¬
pfing er ein Kriegergewand und Waffen. Man
theilte ihn einem Haufen zu, er bezog eine La¬

ſie in den Erziehungsſchulen der Heimath auch
im Laufen, Ringen, Schwimmen, daneben im
Gedaͤchtnißrechnen und den erſten Elementen
der Meßkunde und Naturlehre unterrichtet wor¬
den. Auch uͤber ihre wohlbegriffene Religions-
und Buͤrgermoral hatten ſie Zeugniſſe abzulegen,
und von Aeltern und Lehrern, die Beſcheinigung
einer ſorgſamen und von gutem Willen begleite¬
ten Anwendung der Jugend, einzureichen.

Fiel dieſe Pruͤfung zu ihrem Nachtheile aus,
war die Abweiſung von der Ehre, einſt das Va¬
terland vertheidigen zu helfen, die Folge. Hie¬
mit war ein druͤckendes Abwenden der oͤffentli¬
chen Achtung verbunden, kein Maͤdchen von Zart¬
gefuͤhl reichte einem ſolchen die Hand, nie durfte
er hoffen, ein oͤffentlich Amt zu bekleiden. War
es ein Fuͤrſtenſohn, ſah er ſich von der Erbfolge
ſeines Vaters ausgeſchloſſen.

Dieſe harte Ahndung ſowohl, als auch die
Allgemeinheit guter Erziehung, woran auch der
Unbemittelte Theil nehmen konnte, machten ei¬
nen ſolchen Fall hoͤchſt ſelten.

Ward dagegen der Rekrut angenommen, em¬
pfing er ein Kriegergewand und Waffen. Man
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[82/0094] ſie in den Erziehungsſchulen der Heimath auch im Laufen, Ringen, Schwimmen, daneben im Gedaͤchtnißrechnen und den erſten Elementen der Meßkunde und Naturlehre unterrichtet wor¬ den. Auch uͤber ihre wohlbegriffene Religions- und Buͤrgermoral hatten ſie Zeugniſſe abzulegen, und von Aeltern und Lehrern, die Beſcheinigung einer ſorgſamen und von gutem Willen begleite¬ ten Anwendung der Jugend, einzureichen. Fiel dieſe Pruͤfung zu ihrem Nachtheile aus, war die Abweiſung von der Ehre, einſt das Va¬ terland vertheidigen zu helfen, die Folge. Hie¬ mit war ein druͤckendes Abwenden der oͤffentli¬ chen Achtung verbunden, kein Maͤdchen von Zart¬ gefuͤhl reichte einem ſolchen die Hand, nie durfte er hoffen, ein oͤffentlich Amt zu bekleiden. War es ein Fuͤrſtenſohn, ſah er ſich von der Erbfolge ſeines Vaters ausgeſchloſſen. Dieſe harte Ahndung ſowohl, als auch die Allgemeinheit guter Erziehung, woran auch der Unbemittelte Theil nehmen konnte, machten ei¬ nen ſolchen Fall hoͤchſt ſelten. Ward dagegen der Rekrut angenommen, em¬ pfing er ein Kriegergewand und Waffen. Man theilte ihn einem Haufen zu, er bezog eine La¬

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Zitationshilfe: Voß, Julius von: Ini. Ein Roman aus dem ein und zwanzigsten Jahrhundert. Berlin, 1810, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_ini_1810/94>, abgerufen am 23.04.2024.