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Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781.

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Odüßee. Vierzehnter Gesang.

Ihm antwortetest du, Eumaios, Hüter der Schweine:
Greis, untadelich ist das Gleichniß, so du erzählest;
Und kein unnüz Wort ist deinen Lippen entfallen.
Drum solls weder an Kleidung, noch etwas anderm, dir mangeln, 510
Was unglücklichen Fremden, die Hülfe suchen, gebühret,
Jezt! Doch morgen mußt du in deine Lumpen dich hüllen.
Denn nicht viele Mäntel und oftveränderte Röcke
Haben wir anzuziehn; nur Einen hat jeglicher Sauhirt.
Kehrt einst wieder zurück der geliebte Sohn von Odüßeus, 515
Gerne wird dich dieser mit Rock und Mantel bekleiden,
Und dich senden, wohin es deinem Herzen gelüstet.

Also sprach er, erhub sich, und sezte neben dem Feuer
Ihm ein Bette, bedeckt mit Fellen von Ziegen und Schafen.
Und Odüßeus legte sich hin. Da bedeckte der Sauhirt 520
Ihn mit dem großen wollichten Mantel, womit er sich pflegte
Umzukleiden, wenn draußen ein schrecklicher Winterorkan blies.

Also schlummerte dort Odüßeus; neben Odüßeus
Legten die Jünglinge sich zum Schlummer. Aber der Sauhirt
Liebte nicht, in dem Bett', entfernt von den Schweinen, zu schlafen; 525
Sondern er waffnete sich, hinauszugehn; und Odüßeus
Freute sich, daß er so treu des Entfernten Güter besorgte.
Erstlich hängt' er ein scharfes Schwert um die rüstigen Schultern,
Hüllte sich dann in den windabwehrenden wollichten Mantel,
Nahm das zottichte Fell der großen gemästeten Ziege, 530
Nahm auch den scharfen Speer, den Schrecken der Menschen und Hunde,
Eilte nun hin, zu ruhn, wo die hauerbewaffneten Eber
Lagen, unter dem Hange des Felsen, geschirmt vor dem Nordwind.



Oduͤßee. Vierzehnter Geſang.

Ihm antworteteſt du, Eumaios, Huͤter der Schweine:
Greis, untadelich iſt das Gleichniß, ſo du erzaͤhleſt;
Und kein unnuͤz Wort iſt deinen Lippen entfallen.
Drum ſolls weder an Kleidung, noch etwas anderm, dir mangeln, 510
Was ungluͤcklichen Fremden, die Huͤlfe ſuchen, gebuͤhret,
Jezt! Doch morgen mußt du in deine Lumpen dich huͤllen.
Denn nicht viele Maͤntel und oftveraͤnderte Roͤcke
Haben wir anzuziehn; nur Einen hat jeglicher Sauhirt.
Kehrt einſt wieder zuruͤck der geliebte Sohn von Oduͤßeus, 515
Gerne wird dich dieſer mit Rock und Mantel bekleiden,
Und dich ſenden, wohin es deinem Herzen geluͤſtet.

Alſo ſprach er, erhub ſich, und ſezte neben dem Feuer
Ihm ein Bette, bedeckt mit Fellen von Ziegen und Schafen.
Und Oduͤßeus legte ſich hin. Da bedeckte der Sauhirt 520
Ihn mit dem großen wollichten Mantel, womit er ſich pflegte
Umzukleiden, wenn draußen ein ſchrecklicher Winterorkan blies.

Alſo ſchlummerte dort Oduͤßeus; neben Oduͤßeus
Legten die Juͤnglinge ſich zum Schlummer. Aber der Sauhirt
Liebte nicht, in dem Bett', entfernt von den Schweinen, zu ſchlafen; 525
Sondern er waffnete ſich, hinauszugehn; und Oduͤßeus
Freute ſich, daß er ſo treu des Entfernten Guͤter beſorgte.
Erſtlich haͤngt' er ein ſcharfes Schwert um die ruͤſtigen Schultern,
Huͤllte ſich dann in den windabwehrenden wollichten Mantel,
Nahm das zottichte Fell der großen gemaͤſteten Ziege, 530
Nahm auch den ſcharfen Speer, den Schrecken der Menſchen und Hunde,
Eilte nun hin, zu ruhn, wo die hauerbewaffneten Eber
Lagen, unter dem Hange des Felſen, geſchirmt vor dem Nordwind.



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[282/0288] Oduͤßee. Vierzehnter Geſang. Ihm antworteteſt du, Eumaios, Huͤter der Schweine: Greis, untadelich iſt das Gleichniß, ſo du erzaͤhleſt; Und kein unnuͤz Wort iſt deinen Lippen entfallen. Drum ſolls weder an Kleidung, noch etwas anderm, dir mangeln, Was ungluͤcklichen Fremden, die Huͤlfe ſuchen, gebuͤhret, Jezt! Doch morgen mußt du in deine Lumpen dich huͤllen. Denn nicht viele Maͤntel und oftveraͤnderte Roͤcke Haben wir anzuziehn; nur Einen hat jeglicher Sauhirt. Kehrt einſt wieder zuruͤck der geliebte Sohn von Oduͤßeus, Gerne wird dich dieſer mit Rock und Mantel bekleiden, Und dich ſenden, wohin es deinem Herzen geluͤſtet. 510 515 Alſo ſprach er, erhub ſich, und ſezte neben dem Feuer Ihm ein Bette, bedeckt mit Fellen von Ziegen und Schafen. Und Oduͤßeus legte ſich hin. Da bedeckte der Sauhirt Ihn mit dem großen wollichten Mantel, womit er ſich pflegte Umzukleiden, wenn draußen ein ſchrecklicher Winterorkan blies. 520 Alſo ſchlummerte dort Oduͤßeus; neben Oduͤßeus Legten die Juͤnglinge ſich zum Schlummer. Aber der Sauhirt Liebte nicht, in dem Bett', entfernt von den Schweinen, zu ſchlafen; Sondern er waffnete ſich, hinauszugehn; und Oduͤßeus Freute ſich, daß er ſo treu des Entfernten Guͤter beſorgte. Erſtlich haͤngt' er ein ſcharfes Schwert um die ruͤſtigen Schultern, Huͤllte ſich dann in den windabwehrenden wollichten Mantel, Nahm das zottichte Fell der großen gemaͤſteten Ziege, Nahm auch den ſcharfen Speer, den Schrecken der Menſchen und Hunde, Eilte nun hin, zu ruhn, wo die hauerbewaffneten Eber Lagen, unter dem Hange des Felſen, geſchirmt vor dem Nordwind. 525 530

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Zitationshilfe: Homerus: Odüssee übersezt von Johann Heinrich Voß. Hamburg, 1781, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/voss_oduessee_1781/288>, abgerufen am 25.04.2024.