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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

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Phaethon an Theodor.

Der Wirbel wird nicht lange mehr dauern!

Höre! nur Gott weiß es, der Allliebende, aber
auch der Allgerechte! meine Unschuld ist befleckt ...
Jch bin nicht mehr rein. O schaudre! schaudre!

Und sie! o Theodor! mein Theodor! ich sehe
keine Rettung mehr.

Nur einmal meine Hand zu tauchen in die
Feuerwogen des Morgenroths und erwärmt zu wer-
den von seiner unsterblichen Fülle über und über ...
Nur Einmal Gott zu schauen, wie er ist, ohne
Hülle, Bild, Gestalt und Farbe, ihn! die ewige,
wandellose Liebe! Dann gäb' es kein Nichts mehr
für mich! meine Brust wäre voll von den Wellen
seines unversiegbaren Lichtquells! Leben wieder in
mir! Frieden und Ruhe der Gottheit!

Phaethon an Theodor.

Der Wirbel wird nicht lange mehr dauern!

Hoͤre! nur Gott weiß es, der Allliebende, aber
auch der Allgerechte! meine Unſchuld iſt befleckt …
Jch bin nicht mehr rein. O ſchaudre! ſchaudre!

Und ſie! o Theodor! mein Theodor! ich ſehe
keine Rettung mehr.

Nur einmal meine Hand zu tauchen in die
Feuerwogen des Morgenroths und erwaͤrmt zu wer-
den von ſeiner unſterblichen Fuͤlle uͤber und uͤber …
Nur Einmal Gott zu ſchauen, wie er iſt, ohne
Huͤlle, Bild, Geſtalt und Farbe, ihn! die ewige,
wandelloſe Liebe! Dann gaͤb’ es kein Nichts mehr
fuͤr mich! meine Bruſt waͤre voll von den Wellen
ſeines unverſiegbaren Lichtquells! Leben wieder in
mir! Frieden und Ruhe der Gottheit!

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[110/0110] Phaethon an Theodor. Der Wirbel wird nicht lange mehr dauern! Hoͤre! nur Gott weiß es, der Allliebende, aber auch der Allgerechte! meine Unſchuld iſt befleckt … Jch bin nicht mehr rein. O ſchaudre! ſchaudre! Und ſie! o Theodor! mein Theodor! ich ſehe keine Rettung mehr. Nur einmal meine Hand zu tauchen in die Feuerwogen des Morgenroths und erwaͤrmt zu wer- den von ſeiner unſterblichen Fuͤlle uͤber und uͤber … Nur Einmal Gott zu ſchauen, wie er iſt, ohne Huͤlle, Bild, Geſtalt und Farbe, ihn! die ewige, wandelloſe Liebe! Dann gaͤb’ es kein Nichts mehr fuͤr mich! meine Bruſt waͤre voll von den Wellen ſeines unverſiegbaren Lichtquells! Leben wieder in mir! Frieden und Ruhe der Gottheit!

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/110>, abgerufen am 24.04.2024.