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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

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Schöner Jüngling! Du warst mein Glück!
Du fandest mich in meinem innersten, geheimsten
Heiligthum, in meiner tiefsten Seele, wohin nur
Gott dringt. Du drangest hinein, umfaßtest mein
Jch in Einem Kusse ... Alles Ewigkeit! unermeß-
liches Leben!

Selig, selig war die Ahnung der geoffenbarten
Gottheit, die in unserm endlosen, entzückten Geiste
quoll, wie die Thräne der Feuerwonn' in einem
frommen Auge.

Auch auf dieser Erde schon sollt' uns ein ewig-
es Glück werden.

Es ward nicht.

Dein Mädchen weint. Es sollte dein Weib,
sollte Mutter werden. Jüngling, wenn du keusch
bist, wie dein Mädchen, so fühle mein weinend
Herz. Ein lächelndes Kind an meinen reinen Bu-
sen! dich .. mich, eine ewige, alldurchglühende Liebe
darin zu fühlen! unser schönstes, heiterstes Daseyn
in dem jungen blumigen Wesen zu finden! die Liebe
des Vaters und der Mutter, wie gestaltet! O Jüng-
ling! was die Gottheit ihr selbst, ist die reine keu-
sche Mutter dem Kinde. Wie sie das zarte weiche

Schoͤner Juͤngling! Du warſt mein Gluͤck!
Du fandeſt mich in meinem innerſten, geheimſten
Heiligthum, in meiner tiefſten Seele, wohin nur
Gott dringt. Du drangeſt hinein, umfaßteſt mein
Jch in Einem Kuſſe … Alles Ewigkeit! unermeß-
liches Leben!

Selig, ſelig war die Ahnung der geoffenbarten
Gottheit, die in unſerm endloſen, entzuͤckten Geiſte
quoll, wie die Thraͤne der Feuerwonn’ in einem
frommen Auge.

Auch auf dieſer Erde ſchon ſollt’ uns ein ewig-
es Gluͤck werden.

Es ward nicht.

Dein Maͤdchen weint. Es ſollte dein Weib,
ſollte Mutter werden. Juͤngling, wenn du keuſch
biſt, wie dein Maͤdchen, ſo fuͤhle mein weinend
Herz. Ein laͤchelndes Kind an meinen reinen Bu-
ſen! dich .. mich, eine ewige, alldurchgluͤhende Liebe
darin zu fuͤhlen! unſer ſchoͤnſtes, heiterſtes Daſeyn
in dem jungen blumigen Weſen zu finden! die Liebe
des Vaters und der Mutter, wie geſtaltet! O Juͤng-
ling! was die Gottheit ihr ſelbſt, iſt die reine keu-
ſche Mutter dem Kinde. Wie ſie das zarte weiche

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[136/0136] Schoͤner Juͤngling! Du warſt mein Gluͤck! Du fandeſt mich in meinem innerſten, geheimſten Heiligthum, in meiner tiefſten Seele, wohin nur Gott dringt. Du drangeſt hinein, umfaßteſt mein Jch in Einem Kuſſe … Alles Ewigkeit! unermeß- liches Leben! Selig, ſelig war die Ahnung der geoffenbarten Gottheit, die in unſerm endloſen, entzuͤckten Geiſte quoll, wie die Thraͤne der Feuerwonn’ in einem frommen Auge. Auch auf dieſer Erde ſchon ſollt’ uns ein ewig- es Gluͤck werden. Es ward nicht. Dein Maͤdchen weint. Es ſollte dein Weib, ſollte Mutter werden. Juͤngling, wenn du keuſch biſt, wie dein Maͤdchen, ſo fuͤhle mein weinend Herz. Ein laͤchelndes Kind an meinen reinen Bu- ſen! dich .. mich, eine ewige, alldurchgluͤhende Liebe darin zu fuͤhlen! unſer ſchoͤnſtes, heiterſtes Daſeyn in dem jungen blumigen Weſen zu finden! die Liebe des Vaters und der Mutter, wie geſtaltet! O Juͤng- ling! was die Gottheit ihr ſelbſt, iſt die reine keu- ſche Mutter dem Kinde. Wie ſie das zarte weiche

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/136>, abgerufen am 25.04.2024.