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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

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ling! die deine Bräut auf Erden war, feyert es
nun mit Gott für die Ewigkeit.

Siehe, du Lieber, wenn du in stillen Nächten
hinaufblickst in den Aether, dann irrt dein Auge
voll gestillter Sehnsucht durch die Sterne, aber voll
Licht, voll Liebe. Denn auf einem der Sterne
wandelt dein Mädchen, wandeln die Geister all'
deiner Geliebten. Auch sie blickt dann mit einem
höhern Auge nieder auf die kleine, unendlich ferne
Erde, wo du wandelst, und denket dein.

Die letzte Scheidwand fällt! O laß uns noch
einmal mit einander beten, beten, wie unsterbliche
Geister, wie Kinder des allliebenden Gottes:

Heilig, Gott, ist deine Welt, das Werk dei-
ner Allmacht; Licht der Lichter, Kraft der Kräfte,
du Geist der Reinheit! Dein Wesen ist wie eine
lautere Flamme! nur die Reinen kommen
zu dir!
.... Nimm uns auf, deine Kinder! nimm
uns auf an deinen Busen!

Phaethon, Phaethon, wir seh'n uns drüben!

Meine Seele füllen unendliche Gesichte!

ling! die deine Braͤut auf Erden war, feyert es
nun mit Gott fuͤr die Ewigkeit.

Siehe, du Lieber, wenn du in ſtillen Naͤchten
hinaufblickſt in den Aether, dann irrt dein Auge
voll geſtillter Sehnſucht durch die Sterne, aber voll
Licht, voll Liebe. Denn auf einem der Sterne
wandelt dein Maͤdchen, wandeln die Geiſter all’
deiner Geliebten. Auch ſie blickt dann mit einem
hoͤhern Auge nieder auf die kleine, unendlich ferne
Erde, wo du wandelſt, und denket dein.

Die letzte Scheidwand faͤllt! O laß uns noch
einmal mit einander beten, beten, wie unſterbliche
Geiſter, wie Kinder des allliebenden Gottes:

Heilig, Gott, iſt deine Welt, das Werk dei-
ner Allmacht; Licht der Lichter, Kraft der Kraͤfte,
du Geiſt der Reinheit! Dein Weſen iſt wie eine
lautere Flamme! nur die Reinen kommen
zu dir!
.... Nimm uns auf, deine Kinder! nimm
uns auf an deinen Buſen!

Phaethon, Phaethon, wir ſeh’n uns druͤben!

Meine Seele fuͤllen unendliche Geſichte!

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[138/0138] ling! die deine Braͤut auf Erden war, feyert es nun mit Gott fuͤr die Ewigkeit. Siehe, du Lieber, wenn du in ſtillen Naͤchten hinaufblickſt in den Aether, dann irrt dein Auge voll geſtillter Sehnſucht durch die Sterne, aber voll Licht, voll Liebe. Denn auf einem der Sterne wandelt dein Maͤdchen, wandeln die Geiſter all’ deiner Geliebten. Auch ſie blickt dann mit einem hoͤhern Auge nieder auf die kleine, unendlich ferne Erde, wo du wandelſt, und denket dein. Die letzte Scheidwand faͤllt! O laß uns noch einmal mit einander beten, beten, wie unſterbliche Geiſter, wie Kinder des allliebenden Gottes: Heilig, Gott, iſt deine Welt, das Werk dei- ner Allmacht; Licht der Lichter, Kraft der Kraͤfte, du Geiſt der Reinheit! Dein Weſen iſt wie eine lautere Flamme! nur die Reinen kommen zu dir! .... Nimm uns auf, deine Kinder! nimm uns auf an deinen Buſen! Phaethon, Phaethon, wir ſeh’n uns druͤben! Meine Seele fuͤllen unendliche Geſichte!

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/138>, abgerufen am 18.04.2024.