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Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823.

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D'rauf giengen wir zu vielen wackern Män-
nern, und sprachen über unsern Plan.

Jn wenigen Tagen waren unsere Wiesen voll
von Knaben, Jünglingen und Männern. Jetzt ist
es deine Sache, sprach Hilarion, zu ihnen zu
reden.

Die Brust schwoll mir von Begeisterung. Auf
einem Rasen redet' ich zu den Spartanern.

Meine Worte waren wie der Gießbach, der
von Felsenhöhen in die Thäler strudelt, die Eichen
aus den Wurzeln reißt, und alles faßt und wo-
gend mit sich fortreißt. Die Ungestümmen rissen
Zweige von den Lorbeerbäumen, und warfen sie mit
lautem Rufen über mich. Hilarion drückte mir
schweigend die Hand.

Von nun an kamen sie täglich zusammen zum
Ringen, Laufen und Werfen. Und wenn ich
schweißbedeckt am Abend nach Hause kam, trat mir
Theone entgegen und gab mir mein Abendbrod.
Da ruhte die wilde Kampflust und der tobende
Sinn: aus ihrem milden Auge quoll ein sanfter
Friede, und wehte kühlend und besänftigend durch
meine Seele.

D’rauf giengen wir zu vielen wackern Maͤn-
nern, und ſprachen uͤber unſern Plan.

Jn wenigen Tagen waren unſere Wieſen voll
von Knaben, Juͤnglingen und Maͤnnern. Jetzt iſt
es deine Sache, ſprach Hilarion, zu ihnen zu
reden.

Die Bruſt ſchwoll mir von Begeiſterung. Auf
einem Raſen redet’ ich zu den Spartanern.

Meine Worte waren wie der Gießbach, der
von Felſenhoͤhen in die Thaͤler ſtrudelt, die Eichen
aus den Wurzeln reißt, und alles faßt und wo-
gend mit ſich fortreißt. Die Ungeſtuͤmmen riſſen
Zweige von den Lorbeerbaͤumen, und warfen ſie mit
lautem Rufen uͤber mich. Hilarion druͤckte mir
ſchweigend die Hand.

Von nun an kamen ſie taͤglich zuſammen zum
Ringen, Laufen und Werfen. Und wenn ich
ſchweißbedeckt am Abend nach Hauſe kam, trat mir
Theone entgegen und gab mir mein Abendbrod.
Da ruhte die wilde Kampfluſt und der tobende
Sinn: aus ihrem milden Auge quoll ein ſanfter
Friede, und wehte kuͤhlend und beſaͤnftigend durch
meine Seele.

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[38/0038] D’rauf giengen wir zu vielen wackern Maͤn- nern, und ſprachen uͤber unſern Plan. Jn wenigen Tagen waren unſere Wieſen voll von Knaben, Juͤnglingen und Maͤnnern. Jetzt iſt es deine Sache, ſprach Hilarion, zu ihnen zu reden. Die Bruſt ſchwoll mir von Begeiſterung. Auf einem Raſen redet’ ich zu den Spartanern. Meine Worte waren wie der Gießbach, der von Felſenhoͤhen in die Thaͤler ſtrudelt, die Eichen aus den Wurzeln reißt, und alles faßt und wo- gend mit ſich fortreißt. Die Ungeſtuͤmmen riſſen Zweige von den Lorbeerbaͤumen, und warfen ſie mit lautem Rufen uͤber mich. Hilarion druͤckte mir ſchweigend die Hand. Von nun an kamen ſie taͤglich zuſammen zum Ringen, Laufen und Werfen. Und wenn ich ſchweißbedeckt am Abend nach Hauſe kam, trat mir Theone entgegen und gab mir mein Abendbrod. Da ruhte die wilde Kampfluſt und der tobende Sinn: aus ihrem milden Auge quoll ein ſanfter Friede, und wehte kuͤhlend und beſaͤnftigend durch meine Seele.

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Zitationshilfe: Waiblinger, Wilhelm: Phaëthon. Bd. 2. Stuttgart, 1823, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waiblinger_phaeton02_1823/38>, abgerufen am 28.03.2024.