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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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serin wird ihm ihr Interesse entziehen, wenn sie erfährt, daß hie und da ein Haar von zweifelhafter Farbe unter seinem Sammetkäppchen hervorguckt. Füge ich hinzu, daß als Napoleon, der Artillerielieutenant, den akademischen Preis zu Lyon über die Frage: Welche Grundsätze soll man den Menschen einprägen, um sie glücklich zu machen? erwarb, daß zu jener Zeit, sage ich, die Eltern des einjährigen Küstercandidaten über die Frage beriethen, ob er wirklich geschickt erscheine zum geistlichen Stande, oder ob der ohne Geschrei zur Welt gekommene ältere Bruder nicht besser für die Nachbarschaft des schweigsamen Hahns tauge; füge ich diese Fingerzeige über das jetzige Alter des Herrn Florian Habermus hinzu, so hoffe ich, daß man mir weitere Indiscretionen erläßt und sich auch des Nachschlagens geschichtlicher Tabellen überhebt, wo etwa eine Gedächtnißlücke hier oder da dem Küster von St. Gertrauden zu Statten kommen sollte. Genüge die Versicherung, daß seine Gestalt sich zwischen der Fülle des Fleischers am Schlagbaum und der Hagerkeit des Drellwebers an der Wolfenbüttler Straße in richtiger Mitte hielt; daß kein Bartgestrüpp die Aehnlichkeit beeinträchtigte, welche nach der alten Marga Versicherung zwischen ihm und einem Kreidebilde bestand, dem seinen aus der Knabenzeit nämlich, neben dem Thonpfeifenstande im kaffeebraunen Stübchen; daß endlich seine Haltung erst angefangen hatte minder steil zu werden, seit der von seinem Vorgänger auf ihn vererbte Mantel einen neuen Plüschkragen erhalten hatte, einen Kragen, auf

serin wird ihm ihr Interesse entziehen, wenn sie erfährt, daß hie und da ein Haar von zweifelhafter Farbe unter seinem Sammetkäppchen hervorguckt. Füge ich hinzu, daß als Napoleon, der Artillerielieutenant, den akademischen Preis zu Lyon über die Frage: Welche Grundsätze soll man den Menschen einprägen, um sie glücklich zu machen? erwarb, daß zu jener Zeit, sage ich, die Eltern des einjährigen Küstercandidaten über die Frage beriethen, ob er wirklich geschickt erscheine zum geistlichen Stande, oder ob der ohne Geschrei zur Welt gekommene ältere Bruder nicht besser für die Nachbarschaft des schweigsamen Hahns tauge; füge ich diese Fingerzeige über das jetzige Alter des Herrn Florian Habermus hinzu, so hoffe ich, daß man mir weitere Indiscretionen erläßt und sich auch des Nachschlagens geschichtlicher Tabellen überhebt, wo etwa eine Gedächtnißlücke hier oder da dem Küster von St. Gertrauden zu Statten kommen sollte. Genüge die Versicherung, daß seine Gestalt sich zwischen der Fülle des Fleischers am Schlagbaum und der Hagerkeit des Drellwebers an der Wolfenbüttler Straße in richtiger Mitte hielt; daß kein Bartgestrüpp die Aehnlichkeit beeinträchtigte, welche nach der alten Marga Versicherung zwischen ihm und einem Kreidebilde bestand, dem seinen aus der Knabenzeit nämlich, neben dem Thonpfeifenstande im kaffeebraunen Stübchen; daß endlich seine Haltung erst angefangen hatte minder steil zu werden, seit der von seinem Vorgänger auf ihn vererbte Mantel einen neuen Plüschkragen erhalten hatte, einen Kragen, auf

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/17>, abgerufen am 25.04.2024.