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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Viertes Kapitel. Anstoß.

Kleinigkeiten sind die endlosen Ursachen von Weltereignissen. Das vermeintlich zu große Fenster in Trianon ward zur Pforte des Janustempels und spie Brand und Verwüstung über Deutschland aus. Ein Glas Wasser, versicherte Voltaire, löschte die erbittertste Kriegesfackel, welche je zwischen Frankreich und England geschwungen worden ist. Das Spottlied eines alten Tuchmachers, das derselbe unter Otto des Großen Denkmal in Magdeburg sang, blies den dortigen Bischof und seinen ganzen Anhang von ihren Sitzen und eroberte dem evangelischen Glauben eine ihrer Hauptvesten. Ein unerklärter Schuß, vor dem Pariser Ministerium des Innern abgefeuert, setzte die schon verglimmenden Kohlen der französischen Februarrevolution wieder in helle Flammen, stürzte einen Königsthron und wiederhallte so mächtig durch ganz Europa, daß seine Gehörnerven noch jetzt die Luftschwingungen des Echo's zu spüren behaupten.

Kleinigkeiten sind die endlichen Ursachen von Welt-ereignissen. Nicht daß wir den Horizont dieses Abrisses plötzlich ins Unermeßliche zu erweitern beabsichtigten; nicht, daß wir aus dem stillen Küster von Hedeper zur Überraschung unserer Leserinnen einen jener trefflichen

Viertes Kapitel. Anstoß.

Kleinigkeiten sind die endlosen Ursachen von Weltereignissen. Das vermeintlich zu große Fenster in Trianon ward zur Pforte des Janustempels und spie Brand und Verwüstung über Deutschland aus. Ein Glas Wasser, versicherte Voltaire, löschte die erbittertste Kriegesfackel, welche je zwischen Frankreich und England geschwungen worden ist. Das Spottlied eines alten Tuchmachers, das derselbe unter Otto des Großen Denkmal in Magdeburg sang, blies den dortigen Bischof und seinen ganzen Anhang von ihren Sitzen und eroberte dem evangelischen Glauben eine ihrer Hauptvesten. Ein unerklärter Schuß, vor dem Pariser Ministerium des Innern abgefeuert, setzte die schon verglimmenden Kohlen der französischen Februarrevolution wieder in helle Flammen, stürzte einen Königsthron und wiederhallte so mächtig durch ganz Europa, daß seine Gehörnerven noch jetzt die Luftschwingungen des Echo's zu spüren behaupten.

Kleinigkeiten sind die endlichen Ursachen von Welt-ereignissen. Nicht daß wir den Horizont dieses Abrisses plötzlich ins Unermeßliche zu erweitern beabsichtigten; nicht, daß wir aus dem stillen Küster von Hedeper zur Überraschung unserer Leserinnen einen jener trefflichen

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[0043] Viertes Kapitel. Anstoß. Kleinigkeiten sind die endlosen Ursachen von Weltereignissen. Das vermeintlich zu große Fenster in Trianon ward zur Pforte des Janustempels und spie Brand und Verwüstung über Deutschland aus. Ein Glas Wasser, versicherte Voltaire, löschte die erbittertste Kriegesfackel, welche je zwischen Frankreich und England geschwungen worden ist. Das Spottlied eines alten Tuchmachers, das derselbe unter Otto des Großen Denkmal in Magdeburg sang, blies den dortigen Bischof und seinen ganzen Anhang von ihren Sitzen und eroberte dem evangelischen Glauben eine ihrer Hauptvesten. Ein unerklärter Schuß, vor dem Pariser Ministerium des Innern abgefeuert, setzte die schon verglimmenden Kohlen der französischen Februarrevolution wieder in helle Flammen, stürzte einen Königsthron und wiederhallte so mächtig durch ganz Europa, daß seine Gehörnerven noch jetzt die Luftschwingungen des Echo's zu spüren behaupten. Kleinigkeiten sind die endlichen Ursachen von Welt-ereignissen. Nicht daß wir den Horizont dieses Abrisses plötzlich ins Unermeßliche zu erweitern beabsichtigten; nicht, daß wir aus dem stillen Küster von Hedeper zur Überraschung unserer Leserinnen einen jener trefflichen

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/43>, abgerufen am 28.03.2024.