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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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ein undankbar Geschäft. Jeder setze seinen Topf selbst aufs Feuer. Willst du einen Trunk mit auf den Heimweg? Und er langte nach einem Kruge, der neben seinem Bett im Schlafzimmer stand, hielt ihn dem Bruder zum Trünke hin und setzte ihn erst wieder an seine Stelle, als der darin verwahrte Mummevorrath zwischen Beiden redlich getheilt worden war.

Es ist bei ihm fixe Idee, Niemandem Rath zu geben! sagte der Küster zu sich selbst, indem er wieder am Teich entlang und auf den Erlenkamp zutrollte. Ich hätte mir's selbst sagen können, war er doch nie anders, ging er doch immer seinen eigenen Weg, der ihn zu Glück und Segen führte, weil er nicht links noch rechts sah.

Er schlich gesenkten Kopfes am Teiche weiter und stand nur einen Augenblick nachdenkend still, als er die vier ersäuften Kätzchen entdeckte, die der Wind an den Strand getrieben hatte und bei denen sich Krähen und Elstern zu schaffen machten.

So geht's im Leben, seufzte er, indem er weiter schritt. Dem Einen will's wohl, den Andern läßt's zu Schanden werden, und böses Gezücht findet seine Atzung daran. Die vier da sind Küster geworden und verkommen, wie ich, die andern sitzen auf dem Meierhof, und man streichelt ihnen den glatten Pelz. Könnt' ich nur herausbringen, was mein Bruder gethan hätte, wenn er ganz in meiner Stelle gewesen wäre, da hätte ich gleich einen Wegweiser.

ein undankbar Geschäft. Jeder setze seinen Topf selbst aufs Feuer. Willst du einen Trunk mit auf den Heimweg? Und er langte nach einem Kruge, der neben seinem Bett im Schlafzimmer stand, hielt ihn dem Bruder zum Trünke hin und setzte ihn erst wieder an seine Stelle, als der darin verwahrte Mummevorrath zwischen Beiden redlich getheilt worden war.

Es ist bei ihm fixe Idee, Niemandem Rath zu geben! sagte der Küster zu sich selbst, indem er wieder am Teich entlang und auf den Erlenkamp zutrollte. Ich hätte mir's selbst sagen können, war er doch nie anders, ging er doch immer seinen eigenen Weg, der ihn zu Glück und Segen führte, weil er nicht links noch rechts sah.

Er schlich gesenkten Kopfes am Teiche weiter und stand nur einen Augenblick nachdenkend still, als er die vier ersäuften Kätzchen entdeckte, die der Wind an den Strand getrieben hatte und bei denen sich Krähen und Elstern zu schaffen machten.

So geht's im Leben, seufzte er, indem er weiter schritt. Dem Einen will's wohl, den Andern läßt's zu Schanden werden, und böses Gezücht findet seine Atzung daran. Die vier da sind Küster geworden und verkommen, wie ich, die andern sitzen auf dem Meierhof, und man streichelt ihnen den glatten Pelz. Könnt' ich nur herausbringen, was mein Bruder gethan hätte, wenn er ganz in meiner Stelle gewesen wäre, da hätte ich gleich einen Wegweiser.

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[0061] ein undankbar Geschäft. Jeder setze seinen Topf selbst aufs Feuer. Willst du einen Trunk mit auf den Heimweg? Und er langte nach einem Kruge, der neben seinem Bett im Schlafzimmer stand, hielt ihn dem Bruder zum Trünke hin und setzte ihn erst wieder an seine Stelle, als der darin verwahrte Mummevorrath zwischen Beiden redlich getheilt worden war. Es ist bei ihm fixe Idee, Niemandem Rath zu geben! sagte der Küster zu sich selbst, indem er wieder am Teich entlang und auf den Erlenkamp zutrollte. Ich hätte mir's selbst sagen können, war er doch nie anders, ging er doch immer seinen eigenen Weg, der ihn zu Glück und Segen führte, weil er nicht links noch rechts sah. Er schlich gesenkten Kopfes am Teiche weiter und stand nur einen Augenblick nachdenkend still, als er die vier ersäuften Kätzchen entdeckte, die der Wind an den Strand getrieben hatte und bei denen sich Krähen und Elstern zu schaffen machten. So geht's im Leben, seufzte er, indem er weiter schritt. Dem Einen will's wohl, den Andern läßt's zu Schanden werden, und böses Gezücht findet seine Atzung daran. Die vier da sind Küster geworden und verkommen, wie ich, die andern sitzen auf dem Meierhof, und man streichelt ihnen den glatten Pelz. Könnt' ich nur herausbringen, was mein Bruder gethan hätte, wenn er ganz in meiner Stelle gewesen wäre, da hätte ich gleich einen Wegweiser.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/61>, abgerufen am 28.03.2024.