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Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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seine ganze Hoffnungssaat so trostlos verhagelt! Er hatte kaum Muth, in die Küsterei zurückzukehren, aus Sorge, der Warnungszeichen möchten mehr werden.

Siebentes Kapitel. Glück damit!

Inzwischen war die Versteigerungsstunde näher gerückt, und Frau Dorotheens Krug wimmelte von Gästen. Der Gerichtsauctionar hatte einen Mahagonihammer mitgebracht, der alte Schreiber eine Mappe voll Papiere und dazu eigenes Schreibgeräth; eine Stange Siegellack, so lang wie des Apothekers Thonpfeife, lag zinnoberroth auf dem seitwärts frei gemachten Tische und zog wechselsweise mit der etwas erhitzten Nase des goldbebrillten Auctionars die bewundernden Blicke der Kruggäste auf sich. Der Schreiber erhielt Mumme, sein Vorgesetzter Bordeauxwein. Der erstere schnitt unablässig Federn und zog von Zeit zu Zeit die steife Roßhaarcravatte zurecht, deren Schleife sich's nicht nehmen ließ, alle fünf Minuten nach des Schreibers linkem Ohr hinüberzurutschen. Da er seit fünfzig Jahren als Schreiber fungirte, hatte er noch aus dem vorigen Jahrhundert Vorliebe für fließendes Papier mit herüberge-

seine ganze Hoffnungssaat so trostlos verhagelt! Er hatte kaum Muth, in die Küsterei zurückzukehren, aus Sorge, der Warnungszeichen möchten mehr werden.

Siebentes Kapitel. Glück damit!

Inzwischen war die Versteigerungsstunde näher gerückt, und Frau Dorotheens Krug wimmelte von Gästen. Der Gerichtsauctionar hatte einen Mahagonihammer mitgebracht, der alte Schreiber eine Mappe voll Papiere und dazu eigenes Schreibgeräth; eine Stange Siegellack, so lang wie des Apothekers Thonpfeife, lag zinnoberroth auf dem seitwärts frei gemachten Tische und zog wechselsweise mit der etwas erhitzten Nase des goldbebrillten Auctionars die bewundernden Blicke der Kruggäste auf sich. Der Schreiber erhielt Mumme, sein Vorgesetzter Bordeauxwein. Der erstere schnitt unablässig Federn und zog von Zeit zu Zeit die steife Roßhaarcravatte zurecht, deren Schleife sich's nicht nehmen ließ, alle fünf Minuten nach des Schreibers linkem Ohr hinüberzurutschen. Da er seit fünfzig Jahren als Schreiber fungirte, hatte er noch aus dem vorigen Jahrhundert Vorliebe für fließendes Papier mit herüberge-

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[0072] seine ganze Hoffnungssaat so trostlos verhagelt! Er hatte kaum Muth, in die Küsterei zurückzukehren, aus Sorge, der Warnungszeichen möchten mehr werden. Siebentes Kapitel. Glück damit! Inzwischen war die Versteigerungsstunde näher gerückt, und Frau Dorotheens Krug wimmelte von Gästen. Der Gerichtsauctionar hatte einen Mahagonihammer mitgebracht, der alte Schreiber eine Mappe voll Papiere und dazu eigenes Schreibgeräth; eine Stange Siegellack, so lang wie des Apothekers Thonpfeife, lag zinnoberroth auf dem seitwärts frei gemachten Tische und zog wechselsweise mit der etwas erhitzten Nase des goldbebrillten Auctionars die bewundernden Blicke der Kruggäste auf sich. Der Schreiber erhielt Mumme, sein Vorgesetzter Bordeauxwein. Der erstere schnitt unablässig Federn und zog von Zeit zu Zeit die steife Roßhaarcravatte zurecht, deren Schleife sich's nicht nehmen ließ, alle fünf Minuten nach des Schreibers linkem Ohr hinüberzurutschen. Da er seit fünfzig Jahren als Schreiber fungirte, hatte er noch aus dem vorigen Jahrhundert Vorliebe für fließendes Papier mit herüberge-

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:58:19Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:58:19Z)

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Zitationshilfe: Robert, Waldmüller [d. i. Charles Edouard Duboc]: Es ist nicht gut, daß der Mensch allein sei. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 10. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 203–295. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/waldmueller_allein_1910/72>, abgerufen am 20.04.2024.