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Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867.

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Bodenwerder.

Wo zu Bodenwerder1 nicht gerathen die Nüsse, zu Höxter2 der Kohl, zu Ahlefeld3 der Hopfen und zu Eimbeck4 das Bier, so sind sie arme Städte alle vier. - Pistor., III, 73.

1) Eine hannoversche Stadt an der Weser, die aber nicht mehr blos von Nüssen lebt.

2) Westfälische Stadt im Regierungsbezirk Minden.

3) Jetzt Alfeld, hannoversche Stadt im Hildesheimischen.

4) Die hanoversche Stadt Eimbeck hatte ihre Blüte im 15. Jahrhundert durch ihre bedeutenden Brauereien und die Ausfuhr seines berühmten Biers.


Bodmerei.

Von Bodmerei ist man keine Haverei schuldig. - Pistor., IV, 2; Eisenhart, 415; Simrock, 1189; Hillebrand, 175; Hassl., 19; Hertius, 136; Runde, 216.

Dies Sprichwort wie das unmittelbar folgende sind aus dem Seerecht. Bodmerei, von dem Wort Boden herkommend, ist ein Seecontract, welcher darin besteht, dass jemand auf seine Gefahr auf den Boden des Schiffs als ein Unterpfand, dem Besitzer des Schiffs Geld oder Geldeswerth mit der Bedingung vorschiesst, dass, wenn das Schiff gut behalten an dem bestimmten Orte einlaufe, das Darlehn nebst dem festgesetzten Zins, der in der Regel das Maas der gewöhnlichen Zinsen übersteigt, erstattet werden soll. Die Haverei oder das Havereirecht besteht darin, dass, wenn ein Schiffer in Wassersnoth gerathen und man zur Rettung des Schiffs und der darauf befindlichen Personen die Güter in die See werfen muss, der daraus entstandene Verlust dergestalt vertheilt wird, dass sowol der Kaufmann als auch die übrigen Personen den andern, deren Güter ausgeworfen worden, den Werth derselben bezahlen müssen. Der Sinn des obigen Sprichworts geht nun dahin, dass der, welcher sein Geld auf das Schiff geliehen, zu diesem Schadenersatz nicht angezogen werden könne, weil es unbillig sein würde, von dem eine Wiedererstattung zu fordern, der ohnehin der Gefahr ausgesetzt war, sein Darlehn zu verlieren, wenn das Schiff verunglückt wäre.

Holl.: Bodmerie is geen averie. (Pistor., IV, 2.) - Bodemerij draagt geene haverij. (Harrebomee, I, 65.)


Bodmereibrief.

Der jüngste Bodmereibrief geht allen andern (dergleichen) Briefen vor. - Pistor., IV, 3; Eisenhart, 416; Simrock, 1190; Hassl., 46; Runde, 215; Hillebrand, 176; Estor, II, 615.

Bodmereibrief ist die Urkunde über das Darlehn, das jemand auf ein Schiff gemacht hat. Das Sprichwort sagt, dass die Forderung desjenigen, welcher das letzte Darlehn auf ein Schiff gemacht hat, allen andern vorgehe, ein Satz, der im Seerecht der meisten Länder und Städte, selbst schon im römischen Recht begründet ist. Der Grund der Bevorzugung des letzten Gläubigers ist wol der, dass ohne sein Darlehn das Schiff gar nicht hätte abgehen können, wodurch der Handel beeinträchtigt worden wäre.

Holl.: Der jongste bodmerij-brief gaat voor andern gelicke briefe. (Pistor., IV, 3.)


Böe.

Dat is man en Böe1, de flüggt wol bald öwer. - Eichwald, 141.

1) Schauer, Gewitterschauer; plötzlicher Unglücksfall; gute oder üble Laune.


Bogen.

1 Aus schlaffem Bogen fliegt kein Pfeil.

Holl.: Slappe bogen zijn krachteloos. (Harrebomee, I, 76.)

2 Den Bogen bricht Spannen und Nachlassen den Zorn. - Körte, 670.

3 Der Bogen ist gespannt, aber der Pfeil ist noch im Köcher.

Holl.: De boog is al dikwijls gespannen, eer men den pijl uit den koker haalt. (Harrebomee, I, 76.)

4 Der Bogen, welcher droht, trifft nicht stets.

5 Der Bogen will nicht immer gespannt sein. - Körte, 671.

Engl.: A bow long bent at last waxeth weak. (Bohn II, 282.)

Frz.: L'arc, toujours tendu, se gate.

Holl.: De boog kan niet altijd gespannen zijn. (Harrebomee, I, 76.)

It.: Chi troppo assotiglia, si scavezza.

6 Ein bogen mag nicht stets gespant stehn. - Henisch, 447.

7 Ein Bogen trifft nicht immer, wohin er zielt. - Henisch, 447.

Es geht nicht immer wie man denkt.

Lat.: Non semper feriet quocunque minabitur arcus. (Horaz.) (Wiegand, 914.)

8 Ein zerbrochener Bogen behält allzeit eine Narbe.

9 Kein Bogen je so guot ist, bim Ueberspannen er brist. - Eiselein, 86.

[Spaltenumbruch] 10 Man muss dem Bogen keine Gewalt thun.

Von einem verwegenen, unbesonnenen Unternehmen.

Holl.: Span den boog niet al te sterk, want dan barst hij. (Harrebomee, I, 76.)

11 Man muss für seinen Bogen mehr als Eine Sehne (Einen Pfeil) haben.

Mehr als Ein Mittel zur Erreichung seines Zwecks.

Frz.: Il faut avoir plusieurs cordes a son arc. (Lendroy, 56.)

Holl.: Het is goed twee pijlen tot zijnen boog te hebben. (Harrebomee, I, 76.)

12 Mann soll den bogen nit vberspannen, noch den Esel nit vbergürten. - Franck, II, 155a; Blum, 721; Körte, 669; Kirchhofer, 64; Simrock, 1193; Egenolff, 213b.

"Zu weit getrieben, verfehlt die Strenge ihres weisen Zweckes und allzu straff gespannt, zerspringt der Bogen." (Schiller.)

13 Spann' den Bogen nicht zu strenge, soll er halten in die Länge. - Simrock, 1192.

Alles Ueberspannte ist verderblich.

It.: Quando si tende troppo l'arco, si rompe. (Gaal, 225.)

Lat.: Qui vehementer emungit, elicit sanguinem. (Seybold, 503; Binder I, 1530; II, 2819.)

14 Was nützt ein Bogen ohne Pfeile.

Dän.: Det er ei nok at spaende bueu, men man skal og skyde. (Prov. dan., 94.)

15 Wenn man auch den Bogen abspannt, so heilt die (geschossene) Wunde nicht.

Zur rechten Busse gehört mehr als nicht mehr thun.

Frz.: Debander l'arc, ne guerit pas la plaie. (Lendroy, 57.)

16 Wenn man den Bogen zu straff spannt, zerspringt er. - Kirchhofer, 158.

Holl.: Als men den booch te wijt spant, barst hi gherne. (Fallersleben, 104.)

Lat.: Emungens acrius (vehementius) elicit sanguinem. (Seybold, 146; Binder I, 408; II, 950.) - Extensus arcus rumpitur hic nimium. - Nimium tendendo rumpitur funiculus. (Seybold, 358; Binder I, 1131; II, 2102.)

17 Wer den Bogen überspannt, sprengt ihn. - Siebenkees, 13; Simrock, 1194.

It.: Il troppe tirare l'arco fa spezzare.

Lat.: Arcus nimium intensus rumpitur. (Seybold, 35; Philippi, I, 39; Binder II, 226; Faselius, 21; Wiegand, 1066.) - Arcus tensus rumpitur. (Plutarch.) (Erasm., 639; Tappius, 201a.)

*18 Den Bogen überspannen. - Eiselein, 86.

*19 Er ist mit einem silbernen Bogen geschossen.

Holl.: Hij is geschoten met eenen zilveren boog. (Harrebomee, I, 76.)

*20 Spään de Böög ek olter hoogh. (Sylt.)

Spanne den Bogen nicht zu hoch.


Bogenschuss.

Es trifft nicht jeder Bogenschuss. - Seybold, 379.


Bogenspannen.

* Ich habe ihm das Bogenspannen gelehrt und nun schiesst er nach mir.

Die Perser sagen: Keiner lernte jemals von mir das Bogenschiessen, ohne mich später zum Ziele seiner Pfeile zu nehmen. (Reinsberg II, 41.)


Böglein.

*1 Das Böglein überscheiten.

Der Sache zu viel thun; über die Schnur hauen.

*2 Vber das böglin tretten. - Tappius, 150a; Kirchhofer, 342; Henisch, 445; Eiselein, 86; Grimm, II, 222.

"Darum, dass eine Ehefrau oder Jungfrau über das Böglein tritt, sollst du nicht alle Frauen Huren schelten." (Geiler.)

Lat.: Ultra septa transilire. (Erasm., 48; Sutor, 931; Seybold, 647.) - Ultra peram sapere. (Erasm., 82; Sutor, 931.)


Bohlen.

Es ist bolen, was g'worfen? - Kirchhofer, 358.

Bohlen, bolen, böhlen = werfen; mit haben, ein Getöse machen, pochen. Es ist Geräusch, was ist geworfen? (Stalder, I, 201.)


Böhme.

Ein Böhme, ein Ketzer; ein Schwabe, ein Schwätzer, ein Meissner, ein Gleissner; ein Pole, ein Dieb; ein Ungar, der seinen Herrn verrieth. - Henisch, 448; Körte, 672.

Wer dergleichen Sprichwörter buchstäblich nehmen wollte, würde so ungerecht gegen sie sein, wie sie selbst gegen Völker und Personen zu sein scheinen. Das Sprichwort liebt es, das nur in beschränktem Sinne Wahre unbeschränkt auszusprechen, weil es sich mit lästigen Bedingungen und Ausnahmen nicht trägt. Die Geisteszwinger sehen überall Ketzer; an Schwätzern, Heuchlern, Dieben und Verräthern fehlt es aber in keinem Lande. Die Entstehung des Sprichworts fällt offenbar in die Zeit des Hussitenkriegs. Während das Sprichwort wie das obige nur Angriffe enthält, gefällt es sich auch wol in solchen Zusammenstellungen, in denen die eine Seite auf Kosten der andern erhoben wird, wie z. B. in folgenden englischen: Braintree boys, brave

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Bodenwerder.

Wo zu Bodenwerder1 nicht gerathen die Nüsse, zu Höxter2 der Kohl, zu Ahlefeld3 der Hopfen und zu Eimbeck4 das Bier, so sind sie arme Städte alle vier.Pistor., III, 73.

1) Eine hannoversche Stadt an der Weser, die aber nicht mehr blos von Nüssen lebt.

2) Westfälische Stadt im Regierungsbezirk Minden.

3) Jetzt Alfeld, hannoversche Stadt im Hildesheimischen.

4) Die hanoversche Stadt Eimbeck hatte ihre Blüte im 15. Jahrhundert durch ihre bedeutenden Brauereien und die Ausfuhr seines berühmten Biers.


Bodmerei.

Von Bodmerei ist man keine Haverei schuldig.Pistor., IV, 2; Eisenhart, 415; Simrock, 1189; Hillebrand, 175; Hassl., 19; Hertius, 136; Runde, 216.

Dies Sprichwort wie das unmittelbar folgende sind aus dem Seerecht. Bodmerei, von dem Wort Boden herkommend, ist ein Seecontract, welcher darin besteht, dass jemand auf seine Gefahr auf den Boden des Schiffs als ein Unterpfand, dem Besitzer des Schiffs Geld oder Geldeswerth mit der Bedingung vorschiesst, dass, wenn das Schiff gut behalten an dem bestimmten Orte einlaufe, das Darlehn nebst dem festgesetzten Zins, der in der Regel das Maas der gewöhnlichen Zinsen übersteigt, erstattet werden soll. Die Haverei oder das Havereirecht besteht darin, dass, wenn ein Schiffer in Wassersnoth gerathen und man zur Rettung des Schiffs und der darauf befindlichen Personen die Güter in die See werfen muss, der daraus entstandene Verlust dergestalt vertheilt wird, dass sowol der Kaufmann als auch die übrigen Personen den andern, deren Güter ausgeworfen worden, den Werth derselben bezahlen müssen. Der Sinn des obigen Sprichworts geht nun dahin, dass der, welcher sein Geld auf das Schiff geliehen, zu diesem Schadenersatz nicht angezogen werden könne, weil es unbillig sein würde, von dem eine Wiedererstattung zu fordern, der ohnehin der Gefahr ausgesetzt war, sein Darlehn zu verlieren, wenn das Schiff verunglückt wäre.

Holl.: Bodmerie is geen averie. (Pistor., IV, 2.) – Bodemerij draagt geene haverij. (Harrebomée, I, 65.)


Bodmereibrief.

Der jüngste Bodmereibrief geht allen andern (dergleichen) Briefen vor.Pistor., IV, 3; Eisenhart, 416; Simrock, 1190; Hassl., 46; Runde, 215; Hillebrand, 176; Estor, II, 615.

Bodmereibrief ist die Urkunde über das Darlehn, das jemand auf ein Schiff gemacht hat. Das Sprichwort sagt, dass die Forderung desjenigen, welcher das letzte Darlehn auf ein Schiff gemacht hat, allen andern vorgehe, ein Satz, der im Seerecht der meisten Länder und Städte, selbst schon im römischen Recht begründet ist. Der Grund der Bevorzugung des letzten Gläubigers ist wol der, dass ohne sein Darlehn das Schiff gar nicht hätte abgehen können, wodurch der Handel beeinträchtigt worden wäre.

Holl.: Der jongste bodmerij-brief gaat voor andern gelicke briefe. (Pistor., IV, 3.)


Böe.

Dat is man en Böe1, de flüggt wol bald öwer.Eichwald, 141.

1) Schauer, Gewitterschauer; plötzlicher Unglücksfall; gute oder üble Laune.


Bogen.

1 Aus schlaffem Bogen fliegt kein Pfeil.

Holl.: Slappe bogen zijn krachteloos. (Harrebomée, I, 76.)

2 Den Bogen bricht Spannen und Nachlassen den Zorn.Körte, 670.

3 Der Bogen ist gespannt, aber der Pfeil ist noch im Köcher.

Holl.: De boog is al dikwijls gespannen, eer men den pijl uit den koker haalt. (Harrebomée, I, 76.)

4 Der Bogen, welcher droht, trifft nicht stets.

5 Der Bogen will nicht immer gespannt sein.Körte, 671.

Engl.: A bow long bent at last waxeth weak. (Bohn II, 282.)

Frz.: L'arc, toujours tendu, se gâte.

Holl.: De boog kan niet altijd gespannen zijn. (Harrebomée, I, 76.)

It.: Chi troppo assotiglia, si scavezza.

6 Ein bogen mag nicht stets gespant stehn.Henisch, 447.

7 Ein Bogen trifft nicht immer, wohin er zielt.Henisch, 447.

Es geht nicht immer wie man denkt.

Lat.: Non semper feriet quocunque minabitur arcus. (Horaz.) (Wiegand, 914.)

8 Ein zerbrochener Bogen behält allzeit eine Narbe.

9 Kein Bogen je so guot ist, bim Ueberspannen er brist.Eiselein, 86.

[Spaltenumbruch] 10 Man muss dem Bogen keine Gewalt thun.

Von einem verwegenen, unbesonnenen Unternehmen.

Holl.: Span den boog niet al te sterk, want dan barst hij. (Harrebomée, I, 76.)

11 Man muss für seinen Bogen mehr als Eine Sehne (Einen Pfeil) haben.

Mehr als Ein Mittel zur Erreichung seines Zwecks.

Frz.: Il faut avoir plusieurs cordes à son arc. (Lendroy, 56.)

Holl.: Het is goed twee pijlen tot zijnen boog te hebben. (Harrebomée, I, 76.)

12 Mann soll den bogen nit vberspannen, noch den Esel nit vbergürten.Franck, II, 155a; Blum, 721; Körte, 669; Kirchhofer, 64; Simrock, 1193; Egenolff, 213b.

„Zu weit getrieben, verfehlt die Strenge ihres weisen Zweckes und allzu straff gespannt, zerspringt der Bogen.“ (Schiller.)

13 Spann' den Bogen nicht zu strenge, soll er halten in die Länge.Simrock, 1192.

Alles Ueberspannte ist verderblich.

It.: Quando si tende troppo l'arco, si rompe. (Gaal, 225.)

Lat.: Qui vehementer emungit, elicit sanguinem. (Seybold, 503; Binder I, 1530; II, 2819.)

14 Was nützt ein Bogen ohne Pfeile.

Dän.: Det er ei nok at spænde bueu, men man skal og skyde. (Prov. dan., 94.)

15 Wenn man auch den Bogen abspannt, so heilt die (geschossene) Wunde nicht.

Zur rechten Busse gehört mehr als nicht mehr thun.

Frz.: Débander l'arc, ne guérit pas la plaie. (Lendroy, 57.)

16 Wenn man den Bogen zu straff spannt, zerspringt er.Kirchhofer, 158.

Holl.: Als men den booch te wijt spant, barst hi gherne. (Fallersleben, 104.)

Lat.: Emungens acrius (vehementius) elicit sanguinem. (Seybold, 146; Binder I, 408; II, 950.) – Extensus arcus rumpitur hic nimium. – Nimium tendendo rumpitur funiculus. (Seybold, 358; Binder I, 1131; II, 2102.)

17 Wer den Bogen überspannt, sprengt ihn.Siebenkees, 13; Simrock, 1194.

It.: Il troppe tirare l'arco fa spezzare.

Lat.: Arcus nimium intensus rumpitur. (Seybold, 35; Philippi, I, 39; Binder II, 226; Faselius, 21; Wiegand, 1066.) – Arcus tensus rumpitur. (Plutarch.) (Erasm., 639; Tappius, 201a.)

*18 Den Bogen überspannen.Eiselein, 86.

*19 Er ist mit einem silbernen Bogen geschossen.

Holl.: Hij is geschoten met eenen zilveren boog. (Harrebomée, I, 76.)

*20 Spään de Böög ek olter hoogh. (Sylt.)

Spanne den Bogen nicht zu hoch.


Bogenschuss.

Es trifft nicht jeder Bogenschuss.Seybold, 379.


Bogenspannen.

* Ich habe ihm das Bogenspannen gelehrt und nun schiesst er nach mir.

Die Perser sagen: Keiner lernte jemals von mir das Bogenschiessen, ohne mich später zum Ziele seiner Pfeile zu nehmen. (Reinsberg II, 41.)


Böglein.

*1 Das Böglein überscheiten.

Der Sache zu viel thun; über die Schnur hauen.

*2 Vber das böglin tretten.Tappius, 150a; Kirchhofer, 342; Henisch, 445; Eiselein, 86; Grimm, II, 222.

„Darum, dass eine Ehefrau oder Jungfrau über das Böglein tritt, sollst du nicht alle Frauen Huren schelten.“ (Geiler.)

Lat.: Ultra septa transilire. (Erasm., 48; Sutor, 931; Seybold, 647.) – Ultra peram sapere. (Erasm., 82; Sutor, 931.)


Bohlen.

Es ist bolen, was g'worfen?Kirchhofer, 358.

Bohlen, bolen, böhlen = werfen; mit haben, ein Getöse machen, pochen. Es ist Geräusch, was ist geworfen? (Stalder, I, 201.)


Böhme.

Ein Böhme, ein Ketzer; ein Schwabe, ein Schwätzer, ein Meissner, ein Gleissner; ein Pole, ein Dieb; ein Ungar, der seinen Herrn verrieth.Henisch, 448; Körte, 672.

Wer dergleichen Sprichwörter buchstäblich nehmen wollte, würde so ungerecht gegen sie sein, wie sie selbst gegen Völker und Personen zu sein scheinen. Das Sprichwort liebt es, das nur in beschränktem Sinne Wahre unbeschränkt auszusprechen, weil es sich mit lästigen Bedingungen und Ausnahmen nicht trägt. Die Geisteszwinger sehen überall Ketzer; an Schwätzern, Heuchlern, Dieben und Verräthern fehlt es aber in keinem Lande. Die Entstehung des Sprichworts fällt offenbar in die Zeit des Hussitenkriegs. Während das Sprichwort wie das obige nur Angriffe enthält, gefällt es sich auch wol in solchen Zusammenstellungen, in denen die eine Seite auf Kosten der andern erhoben wird, wie z. B. in folgenden englischen: Braintree boys, brave

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[[212]/0240] Bodenwerder. Wo zu Bodenwerder1 nicht gerathen die Nüsse, zu Höxter2 der Kohl, zu Ahlefeld3 der Hopfen und zu Eimbeck4 das Bier, so sind sie arme Städte alle vier. – Pistor., III, 73. 1) Eine hannoversche Stadt an der Weser, die aber nicht mehr blos von Nüssen lebt. 2) Westfälische Stadt im Regierungsbezirk Minden. 3) Jetzt Alfeld, hannoversche Stadt im Hildesheimischen. 4) Die hanoversche Stadt Eimbeck hatte ihre Blüte im 15. Jahrhundert durch ihre bedeutenden Brauereien und die Ausfuhr seines berühmten Biers. Bodmerei. Von Bodmerei ist man keine Haverei schuldig. – Pistor., IV, 2; Eisenhart, 415; Simrock, 1189; Hillebrand, 175; Hassl., 19; Hertius, 136; Runde, 216. Dies Sprichwort wie das unmittelbar folgende sind aus dem Seerecht. Bodmerei, von dem Wort Boden herkommend, ist ein Seecontract, welcher darin besteht, dass jemand auf seine Gefahr auf den Boden des Schiffs als ein Unterpfand, dem Besitzer des Schiffs Geld oder Geldeswerth mit der Bedingung vorschiesst, dass, wenn das Schiff gut behalten an dem bestimmten Orte einlaufe, das Darlehn nebst dem festgesetzten Zins, der in der Regel das Maas der gewöhnlichen Zinsen übersteigt, erstattet werden soll. Die Haverei oder das Havereirecht besteht darin, dass, wenn ein Schiffer in Wassersnoth gerathen und man zur Rettung des Schiffs und der darauf befindlichen Personen die Güter in die See werfen muss, der daraus entstandene Verlust dergestalt vertheilt wird, dass sowol der Kaufmann als auch die übrigen Personen den andern, deren Güter ausgeworfen worden, den Werth derselben bezahlen müssen. Der Sinn des obigen Sprichworts geht nun dahin, dass der, welcher sein Geld auf das Schiff geliehen, zu diesem Schadenersatz nicht angezogen werden könne, weil es unbillig sein würde, von dem eine Wiedererstattung zu fordern, der ohnehin der Gefahr ausgesetzt war, sein Darlehn zu verlieren, wenn das Schiff verunglückt wäre. Holl.: Bodmerie is geen averie. (Pistor., IV, 2.) – Bodemerij draagt geene haverij. (Harrebomée, I, 65.) Bodmereibrief. Der jüngste Bodmereibrief geht allen andern (dergleichen) Briefen vor. – Pistor., IV, 3; Eisenhart, 416; Simrock, 1190; Hassl., 46; Runde, 215; Hillebrand, 176; Estor, II, 615. Bodmereibrief ist die Urkunde über das Darlehn, das jemand auf ein Schiff gemacht hat. Das Sprichwort sagt, dass die Forderung desjenigen, welcher das letzte Darlehn auf ein Schiff gemacht hat, allen andern vorgehe, ein Satz, der im Seerecht der meisten Länder und Städte, selbst schon im römischen Recht begründet ist. Der Grund der Bevorzugung des letzten Gläubigers ist wol der, dass ohne sein Darlehn das Schiff gar nicht hätte abgehen können, wodurch der Handel beeinträchtigt worden wäre. Holl.: Der jongste bodmerij-brief gaat voor andern gelicke briefe. (Pistor., IV, 3.) Böe. Dat is man en Böe1, de flüggt wol bald öwer. – Eichwald, 141. 1) Schauer, Gewitterschauer; plötzlicher Unglücksfall; gute oder üble Laune. Bogen. 1 Aus schlaffem Bogen fliegt kein Pfeil. Holl.: Slappe bogen zijn krachteloos. (Harrebomée, I, 76.) 2 Den Bogen bricht Spannen und Nachlassen den Zorn. – Körte, 670. 3 Der Bogen ist gespannt, aber der Pfeil ist noch im Köcher. Holl.: De boog is al dikwijls gespannen, eer men den pijl uit den koker haalt. (Harrebomée, I, 76.) 4 Der Bogen, welcher droht, trifft nicht stets. 5 Der Bogen will nicht immer gespannt sein. – Körte, 671. Engl.: A bow long bent at last waxeth weak. (Bohn II, 282.) Frz.: L'arc, toujours tendu, se gâte. Holl.: De boog kan niet altijd gespannen zijn. (Harrebomée, I, 76.) It.: Chi troppo assotiglia, si scavezza. 6 Ein bogen mag nicht stets gespant stehn. – Henisch, 447. 7 Ein Bogen trifft nicht immer, wohin er zielt. – Henisch, 447. Es geht nicht immer wie man denkt. Lat.: Non semper feriet quocunque minabitur arcus. (Horaz.) (Wiegand, 914.) 8 Ein zerbrochener Bogen behält allzeit eine Narbe. 9 Kein Bogen je so guot ist, bim Ueberspannen er brist. – Eiselein, 86. 10 Man muss dem Bogen keine Gewalt thun. Von einem verwegenen, unbesonnenen Unternehmen. Holl.: Span den boog niet al te sterk, want dan barst hij. (Harrebomée, I, 76.) 11 Man muss für seinen Bogen mehr als Eine Sehne (Einen Pfeil) haben. Mehr als Ein Mittel zur Erreichung seines Zwecks. Frz.: Il faut avoir plusieurs cordes à son arc. (Lendroy, 56.) Holl.: Het is goed twee pijlen tot zijnen boog te hebben. (Harrebomée, I, 76.) 12 Mann soll den bogen nit vberspannen, noch den Esel nit vbergürten. – Franck, II, 155a; Blum, 721; Körte, 669; Kirchhofer, 64; Simrock, 1193; Egenolff, 213b. „Zu weit getrieben, verfehlt die Strenge ihres weisen Zweckes und allzu straff gespannt, zerspringt der Bogen.“ (Schiller.) 13 Spann' den Bogen nicht zu strenge, soll er halten in die Länge. – Simrock, 1192. Alles Ueberspannte ist verderblich. It.: Quando si tende troppo l'arco, si rompe. (Gaal, 225.) Lat.: Qui vehementer emungit, elicit sanguinem. (Seybold, 503; Binder I, 1530; II, 2819.) 14 Was nützt ein Bogen ohne Pfeile. Dän.: Det er ei nok at spænde bueu, men man skal og skyde. (Prov. dan., 94.) 15 Wenn man auch den Bogen abspannt, so heilt die (geschossene) Wunde nicht. Zur rechten Busse gehört mehr als nicht mehr thun. Frz.: Débander l'arc, ne guérit pas la plaie. (Lendroy, 57.) 16 Wenn man den Bogen zu straff spannt, zerspringt er. – Kirchhofer, 158. Holl.: Als men den booch te wijt spant, barst hi gherne. (Fallersleben, 104.) Lat.: Emungens acrius (vehementius) elicit sanguinem. (Seybold, 146; Binder I, 408; II, 950.) – Extensus arcus rumpitur hic nimium. – Nimium tendendo rumpitur funiculus. (Seybold, 358; Binder I, 1131; II, 2102.) 17 Wer den Bogen überspannt, sprengt ihn. – Siebenkees, 13; Simrock, 1194. It.: Il troppe tirare l'arco fa spezzare. Lat.: Arcus nimium intensus rumpitur. (Seybold, 35; Philippi, I, 39; Binder II, 226; Faselius, 21; Wiegand, 1066.) – Arcus tensus rumpitur. (Plutarch.) (Erasm., 639; Tappius, 201a.) *18 Den Bogen überspannen. – Eiselein, 86. *19 Er ist mit einem silbernen Bogen geschossen. Holl.: Hij is geschoten met eenen zilveren boog. (Harrebomée, I, 76.) *20 Spään de Böög ek olter hoogh. (Sylt.) Spanne den Bogen nicht zu hoch. Bogenschuss. Es trifft nicht jeder Bogenschuss. – Seybold, 379. Bogenspannen. * Ich habe ihm das Bogenspannen gelehrt und nun schiesst er nach mir. Die Perser sagen: Keiner lernte jemals von mir das Bogenschiessen, ohne mich später zum Ziele seiner Pfeile zu nehmen. (Reinsberg II, 41.) Böglein. *1 Das Böglein überscheiten. Der Sache zu viel thun; über die Schnur hauen. *2 Vber das böglin tretten. – Tappius, 150a; Kirchhofer, 342; Henisch, 445; Eiselein, 86; Grimm, II, 222. „Darum, dass eine Ehefrau oder Jungfrau über das Böglein tritt, sollst du nicht alle Frauen Huren schelten.“ (Geiler.) Lat.: Ultra septa transilire. (Erasm., 48; Sutor, 931; Seybold, 647.) – Ultra peram sapere. (Erasm., 82; Sutor, 931.) Bohlen. Es ist bolen, was g'worfen? – Kirchhofer, 358. Bohlen, bolen, böhlen = werfen; mit haben, ein Getöse machen, pochen. Es ist Geräusch, was ist geworfen? (Stalder, I, 201.) Böhme. Ein Böhme, ein Ketzer; ein Schwabe, ein Schwätzer, ein Meissner, ein Gleissner; ein Pole, ein Dieb; ein Ungar, der seinen Herrn verrieth. – Henisch, 448; Körte, 672. Wer dergleichen Sprichwörter buchstäblich nehmen wollte, würde so ungerecht gegen sie sein, wie sie selbst gegen Völker und Personen zu sein scheinen. Das Sprichwort liebt es, das nur in beschränktem Sinne Wahre unbeschränkt auszusprechen, weil es sich mit lästigen Bedingungen und Ausnahmen nicht trägt. Die Geisteszwinger sehen überall Ketzer; an Schwätzern, Heuchlern, Dieben und Verräthern fehlt es aber in keinem Lande. Die Entstehung des Sprichworts fällt offenbar in die Zeit des Hussitenkriegs. Während das Sprichwort wie das obige nur Angriffe enthält, gefällt es sich auch wol in solchen Zusammenstellungen, in denen die eine Seite auf Kosten der andern erhoben wird, wie z. B. in folgenden englischen: Braintree boys, brave

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Zitationshilfe: Wander, Karl Friedrich Wilhelm (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon. Bd. 1. Leipzig, 1867, S. [212]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wander_sprichwoerterlexikon01_1867/240>, abgerufen am 29.03.2024.