Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sigismundus Freyberger [i. e. Wartmann, Sigismund Friedrich]: Germania Pertubata et Restaurata: Das ist [...] Theologo-Historica Politische Discursus, Vom Zustand deß gantzen Römischen Reichs. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1650.

Bild:
<< vorherige Seite

ET RESTAVR. DISCVRS. XXVI.
vnd thät ein kluge vnd bescheydene Rede/ entschuldiget zu erst seine
Jugend/ erwiese/ daß er auß vieler verständiger Leute Beyrahten
so viel erlernet/ daß ein Concilium der Kirchen zum allerhöchsten
noht thäte. Darumb bestehe er in seinem Fürnehmen/ vnnd wer-
de dahin nicht zubringen seyn/ daß er zugleich/ was gut bey der Re-
ligion ist/ mit dem bösen solte außrotten lassen. Hierüber saß der
Bapst mit seinen Höfflingen vmb etwas bestürtzt/ gab es vmm etwas
wolfeiler/ vnd sagt: Er wolte sich mit seinen Cardinälen darüber
berahten: Erhielte doch so viel/ daß Carol[u]s versprach/ alle müg-
liche Wege fürzunehmen/ daß die Lutheraner wider zur Römischen
Kirchen kehreten/ vnd wann es nicht anderst seyn wolte/ sie mit Ge-
walt dahin anzuhalten.

So stunde dann das Römische Reich in höchster Gefahr/ in-
wendig mit Vnruh vnd Zwyspalt getrennet/ außwendig von dem
vbermächtigen Türcken/ vnd von dem wanckelmühtigen Frantzo-
sen angefochten. Vnd ist nicht ohne/ der Bapst/ als ein Haupt der
Occidentalischen Christenheit/ hatte zwar das Geistliche eygentlich
zuverwalten: Weil aber das Weltliche auch jederweilen in das
Geistliche laufft/ muß jhm deßwegen ein grosses Ansehen auch dar-
über zuwachsen. Wann nun derselbe sich/ als einen allgemeinen geist-
lichen Vatter bezeuget/ moderiert er alle Ding vnter seinen Kindern
zum allerbesten; läßt jhnen den Zaum jederweilen lang/ jeder weilen
ziehet er denselben an sich/ vnd vnterrichtet seine Kinder/ daß nicht
allemal Seelet/ was wol Leibet; auch nicht allemal Gewinn ist/
wann mancher grosser Potentat/ wie ein grosser Hecht in einem
Fischteich/ die Kleinen verschlinget/ vnd von jhrem Fleisch vnd Blut
sett vnd starck wird. Dannenhero hat er ein wachendes Aug auff der
Potentaten Verbündnüssen/ lencket vnd wendet dieselben nach be-
ster Maaß/ zu der Kirchen Auffnehmen vnd Wolfahrt. Darumb
muste der Bapst zu dieser Zeit sonderliche Sorg tragen/ weil Spa-
nien vnd Franckreich die gantze Welt gegen Nidergang in zwo Par-
theyen spalteten. Dann in Erwegung der Frantzöß jhre weitläufftige
Ding ohnlängst eingebildet vnd fürgenommen/ einen Durchgang
durch das Alpengebürg in die Lombardey/ da von dannen ein Via

Appia,
Qq ij

ET RESTAVR. DISCVRS. XXVI.
vnd thaͤt ein kluge vnd beſcheydene Rede/ entſchuldiget zu erſt ſeine
Jugend/ erwieſe/ daß er auß vieler verſtaͤndiger Leute Beyrahten
ſo viel erlernet/ daß ein Concilium der Kirchen zum allerhoͤchſten
noht thaͤte. Darumb beſtehe er in ſeinem Fuͤrnehmen/ vnnd wer-
de dahin nicht zubringen ſeyn/ daß er zugleich/ was gut bey der Re-
ligion iſt/ mit dem boͤſen ſolte außrotten laſſen. Hieruͤber ſaß der
Bapſt mit ſeinen Hoͤfflingen vmb etwas beſtuͤrtzt/ gab es vm̃ etwas
wolfeiler/ vnd ſagt: Er wolte ſich mit ſeinen Cardinaͤlen daruͤber
berahten: Erhielte doch ſo viel/ daß Carol[u]s verſprach/ alle muͤg-
liche Wege fuͤrzunehmen/ daß die Lutheraner wider zur Roͤmiſchen
Kirchen kehreten/ vnd wann es nicht anderſt ſeyn wolte/ ſie mit Ge-
walt dahin anzuhalten.

So ſtunde dann das Roͤmiſche Reich in hoͤchſter Gefahr/ in-
wendig mit Vnruh vnd Zwyſpalt getrennet/ außwendig von dem
vbermaͤchtigen Tuͤrcken/ vnd von dem wanckelmuͤhtigen Frantzo-
ſen angefochten. Vnd iſt nicht ohne/ der Bapſt/ als ein Haupt der
Occidentaliſchen Chriſtenheit/ hatte zwar das Geiſtliche eygentlich
zuverwalten: Weil aber das Weltliche auch jederweilen in das
Geiſtliche laufft/ muß jhm deßwegen ein groſſes Anſehen auch dar-
uͤber zuwachſen. Wann nun derſelbe ſich/ als einẽ allgemeinen geiſt-
lichen Vatter bezeuget/ moderiert er alle Ding vnter ſeinen Kindern
zum allerbeſten; laͤßt jhnen den Zaum jederweilen lang/ jeder weilen
ziehet er denſelben an ſich/ vnd vnterrichtet ſeine Kinder/ daß nicht
allemal Seelet/ was wol Leibet; auch nicht allemal Gewinn iſt/
wann mancher groſſer Potentat/ wie ein groſſer Hecht in einem
Fiſchteich/ die Kleinen verſchlinget/ vnd von jhrem Fleiſch vñ Blut
ſett vnd ſtarck wird. Dannenhero hat er ein wachendes Aug auff der
Potentaten Verbuͤndnuͤſſen/ lencket vnd wendet dieſelben nach be-
ſter Maaß/ zu der Kirchen Auffnehmen vnd Wolfahrt. Darumb
muſte der Bapſt zu dieſer Zeit ſonderliche Sorg tragen/ weil Spa-
nien vñ Franckreich die gantze Welt gegen Nidergang in zwo Par-
theyen ſpaltetẽ. Dann in Erwegung der Frantzoͤß jhre weitlaͤufftige
Ding ohnlaͤngſt eingebildet vnd fuͤrgenommen/ einen Durchgang
durch das Alpengebuͤrg in die Lombardey/ da von dannen ein Via

Appia,
Qq ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0315" n="307"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">ET RESTAVR. DISCVRS. XXVI.</hi></hi></fw><lb/>
vnd tha&#x0364;t ein kluge vnd be&#x017F;cheydene Rede/ ent&#x017F;chuldiget zu er&#x017F;t &#x017F;eine<lb/>
Jugend/ erwie&#x017F;e/ daß er auß vieler ver&#x017F;ta&#x0364;ndiger Leute Beyrahten<lb/>
&#x017F;o viel erlernet/ daß ein <hi rendition="#aq">Concilium</hi> der Kirchen zum allerho&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
noht tha&#x0364;te. Darumb be&#x017F;tehe er in &#x017F;einem Fu&#x0364;rnehmen/ vnnd wer-<lb/>
de dahin nicht zubringen &#x017F;eyn/ daß er zugleich/ was gut bey der Re-<lb/>
ligion i&#x017F;t/ mit dem bo&#x0364;&#x017F;en &#x017F;olte außrotten la&#x017F;&#x017F;en. Hieru&#x0364;ber &#x017F;aß der<lb/>
Bap&#x017F;t mit &#x017F;einen Ho&#x0364;fflingen vmb etwas be&#x017F;tu&#x0364;rtzt/ gab es vm&#x0303; etwas<lb/>
wolfeiler/ vnd &#x017F;agt: Er wolte &#x017F;ich mit &#x017F;einen Cardina&#x0364;len daru&#x0364;ber<lb/>
berahten: Erhielte doch &#x017F;o viel/ daß <hi rendition="#aq">Carol<supplied>u</supplied>s</hi> ver&#x017F;prach/ alle mu&#x0364;g-<lb/>
liche Wege fu&#x0364;rzunehmen/ daß die Lutheraner wider zur Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Kirchen kehreten/ vnd wann es nicht ander&#x017F;t &#x017F;eyn wolte/ &#x017F;ie mit Ge-<lb/>
walt dahin anzuhalten.</p><lb/>
          <p>So &#x017F;tunde dann das Ro&#x0364;mi&#x017F;che Reich in ho&#x0364;ch&#x017F;ter Gefahr/ in-<lb/>
wendig mit Vnruh vnd Zwy&#x017F;palt getrennet/ außwendig von dem<lb/>
vberma&#x0364;chtigen Tu&#x0364;rcken/ vnd von dem wanckelmu&#x0364;htigen Frantzo-<lb/>
&#x017F;en angefochten. Vnd i&#x017F;t nicht ohne/ der Bap&#x017F;t/ als ein Haupt der<lb/>
Occidentali&#x017F;chen Chri&#x017F;tenheit/ hatte zwar das Gei&#x017F;tliche eygentlich<lb/>
zuverwalten: Weil aber das Weltliche auch jederweilen in das<lb/>
Gei&#x017F;tliche laufft/ muß jhm deßwegen ein gro&#x017F;&#x017F;es An&#x017F;ehen auch dar-<lb/>
u&#x0364;ber zuwach&#x017F;en. Wann nun der&#x017F;elbe &#x017F;ich/ als eine&#x0303; allgemeinen gei&#x017F;t-<lb/>
lichen Vatter bezeuget/ moderiert er alle Ding vnter &#x017F;einen Kindern<lb/>
zum allerbe&#x017F;ten; la&#x0364;ßt jhnen den Zaum jederweilen lang/ jeder weilen<lb/>
ziehet er den&#x017F;elben an &#x017F;ich/ vnd vnterrichtet &#x017F;eine Kinder/ daß nicht<lb/>
allemal Seelet/ was wol Leibet; auch nicht allemal Gewinn i&#x017F;t/<lb/>
wann mancher gro&#x017F;&#x017F;er Potentat/ wie ein gro&#x017F;&#x017F;er Hecht in einem<lb/>
Fi&#x017F;chteich/ die Kleinen ver&#x017F;chlinget/ vnd von jhrem Flei&#x017F;ch vn&#x0303; Blut<lb/>
&#x017F;ett vnd &#x017F;tarck wird. Dannenhero hat er ein wachendes Aug auff der<lb/>
Potentaten Verbu&#x0364;ndnu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ lencket vnd wendet die&#x017F;elben nach be-<lb/>
&#x017F;ter Maaß/ zu der Kirchen Auffnehmen vnd Wolfahrt. Darumb<lb/>
mu&#x017F;te der Bap&#x017F;t zu die&#x017F;er Zeit &#x017F;onderliche Sorg tragen/ weil Spa-<lb/>
nien vn&#x0303; Franckreich die gantze Welt gegen Nidergang in zwo Par-<lb/>
theyen &#x017F;paltete&#x0303;. Dann in Erwegung der Frantzo&#x0364;ß jhre weitla&#x0364;ufftige<lb/>
Ding ohnla&#x0364;ng&#x017F;t eingebildet vnd fu&#x0364;rgenommen/ einen Durchgang<lb/>
durch das Alpengebu&#x0364;rg in die Lombardey/ da von dannen ein <hi rendition="#aq">Via</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Qq ij</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Appia,</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[307/0315] ET RESTAVR. DISCVRS. XXVI. vnd thaͤt ein kluge vnd beſcheydene Rede/ entſchuldiget zu erſt ſeine Jugend/ erwieſe/ daß er auß vieler verſtaͤndiger Leute Beyrahten ſo viel erlernet/ daß ein Concilium der Kirchen zum allerhoͤchſten noht thaͤte. Darumb beſtehe er in ſeinem Fuͤrnehmen/ vnnd wer- de dahin nicht zubringen ſeyn/ daß er zugleich/ was gut bey der Re- ligion iſt/ mit dem boͤſen ſolte außrotten laſſen. Hieruͤber ſaß der Bapſt mit ſeinen Hoͤfflingen vmb etwas beſtuͤrtzt/ gab es vm̃ etwas wolfeiler/ vnd ſagt: Er wolte ſich mit ſeinen Cardinaͤlen daruͤber berahten: Erhielte doch ſo viel/ daß Carolus verſprach/ alle muͤg- liche Wege fuͤrzunehmen/ daß die Lutheraner wider zur Roͤmiſchen Kirchen kehreten/ vnd wann es nicht anderſt ſeyn wolte/ ſie mit Ge- walt dahin anzuhalten. So ſtunde dann das Roͤmiſche Reich in hoͤchſter Gefahr/ in- wendig mit Vnruh vnd Zwyſpalt getrennet/ außwendig von dem vbermaͤchtigen Tuͤrcken/ vnd von dem wanckelmuͤhtigen Frantzo- ſen angefochten. Vnd iſt nicht ohne/ der Bapſt/ als ein Haupt der Occidentaliſchen Chriſtenheit/ hatte zwar das Geiſtliche eygentlich zuverwalten: Weil aber das Weltliche auch jederweilen in das Geiſtliche laufft/ muß jhm deßwegen ein groſſes Anſehen auch dar- uͤber zuwachſen. Wann nun derſelbe ſich/ als einẽ allgemeinen geiſt- lichen Vatter bezeuget/ moderiert er alle Ding vnter ſeinen Kindern zum allerbeſten; laͤßt jhnen den Zaum jederweilen lang/ jeder weilen ziehet er denſelben an ſich/ vnd vnterrichtet ſeine Kinder/ daß nicht allemal Seelet/ was wol Leibet; auch nicht allemal Gewinn iſt/ wann mancher groſſer Potentat/ wie ein groſſer Hecht in einem Fiſchteich/ die Kleinen verſchlinget/ vnd von jhrem Fleiſch vñ Blut ſett vnd ſtarck wird. Dannenhero hat er ein wachendes Aug auff der Potentaten Verbuͤndnuͤſſen/ lencket vnd wendet dieſelben nach be- ſter Maaß/ zu der Kirchen Auffnehmen vnd Wolfahrt. Darumb muſte der Bapſt zu dieſer Zeit ſonderliche Sorg tragen/ weil Spa- nien vñ Franckreich die gantze Welt gegen Nidergang in zwo Par- theyen ſpaltetẽ. Dann in Erwegung der Frantzoͤß jhre weitlaͤufftige Ding ohnlaͤngſt eingebildet vnd fuͤrgenommen/ einen Durchgang durch das Alpengebuͤrg in die Lombardey/ da von dannen ein Via Appia, Qq ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wartmann_germania01_1650
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wartmann_germania01_1650/315
Zitationshilfe: Sigismundus Freyberger [i. e. Wartmann, Sigismund Friedrich]: Germania Pertubata et Restaurata: Das ist [...] Theologo-Historica Politische Discursus, Vom Zustand deß gantzen Römischen Reichs. Bd. 1. Frankfurt (Main), 1650, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wartmann_germania01_1650/315>, abgerufen am 23.04.2024.