Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weigel, Valentin: Gnothi seauton. Nosce te ipsum. Erkenne dich selber O Mensch. Neustadt, 1618.

Bild:
<< vorherige Seite

Erkenne dich selber/
wer nicht darzu geboren ist/ der kan es nicht: quasi diceret:
Were es nicht von Natur in mir/ wie auch in allen/ Nim-
mermehr vermöchte ein Mensche zu sein ein Magus, ein
Gabalist/ Dann so wir in der Newen Geburt zu Kindern
Gottes geboren seind/ das grösser ist: viel mehr sind wir ge-
boren zu Kindern der Weißheit. Es lieget alles an dem
Erkennen/ Wer sich selber erkennet/ Woraus er gemacht
sey vnd warzu/ der muß sagen/ das vns Menschen Magia
so natürlich angebohren sey/ als Riechen/ schmecken/ füh-
len/ Reden/ etc.

Den es ist ja zwiefache weißheit in allen Menschen/
als die Himlische Ewige/ auß Gotte/ vnnd den Engeln:
Vnd die Jrrdische zeitliche aus der Natur. Darvon liß
weiter das Büchlein Theophrasti Paracelsis: De funda-
mento Sapientiae & Artium.
Du möchtest hie sprechen
also: Die Bücher lehren dich nichts/ Tragen nicht hinein/
etc. Vnd Weisest mich dennoch auff Bücher. Responsio,
Ob gleich die Lehrer vnd Büch er keine Kunst in Menschen
tragen noch eingiessen/ so seind sie doch Ermanunge zu de-
me/ das in vns ist. Jch rede aber von dem rechten Buche.
Vnd darumb sollen wir gute Bücher lieb haben/ das in jhnen
nichts anders geschrieben ist/ den das/ das in vns ist/ vnnd
das wir selber sein/ vnd sein sollen vnd müssen: Nemlich/
gute Bücher vnd Lehrer führen vns zu deme/ das wir sel-
ber sein/ nach der zweifachen Geburt/ vnd beschreiben daß/
daraus der Mensche ist/ vnd warzu der Mensche geschaf-
fen sey/ vnd in diese Welt gesetzet/ vnnd das der Mensche
eben das sein solle/ was er lernet. Der Mensche lernet sich
selber erkennen/ vnd also Erkennet er Gott vnd alle ding in
ihme. Wer sich selber erkennet vnd GOtt/ der darff für

keine

Erkenne dich ſelber/
wer nicht darzu geboren iſt/ der kan es nicht: quaſi diceret:
Were es nicht von Natur in mir/ wie auch in allen/ Nim-
mermehr vermoͤchte ein Menſche zu ſein ein Magus, ein
Gabaliſt/ Dann ſo wir in der Newen Geburt zu Kindern
Gottes geboren ſeind/ das groͤſſer iſt: viel mehr ſind wir ge-
boren zu Kindern der Weißheit. Es lieget alles an dem
Erkennen/ Wer ſich ſelber erkennet/ Woraus er gemacht
ſey vnd warzu/ der muß ſagen/ das vns Menſchen Magia
ſo natuͤrlich angebohren ſey/ als Riechen/ ſchmecken/ fuͤh-
len/ Reden/ etc.

Den es iſt ja zwiefache weißheit in allen Menſchen/
als die Himliſche Ewige/ auß Gotte/ vnnd den Engeln:
Vnd die Jrrdiſche zeitliche aus der Natur. Darvon liß
weiter das Buͤchlein Theophraſti Paracelſis: De funda-
mento Sapientiæ & Artium.
Du moͤchteſt hie ſprechen
alſo: Die Buͤcher lehren dich nichts/ Tragen nicht hinein/
etc. Vnd Weiſeſt mich dennoch auff Buͤcher. Reſponſio,
Ob gleich die Lehrer vnd Buͤch er keine Kunſt in Menſchen
tragen noch eingieſſen/ ſo ſeind ſie doch Ermanunge zu de-
me/ das in vns iſt. Jch rede aber von dem rechten Buche.
Vnd darumb ſollen wir gute Buͤcher lieb habẽ/ das in jhnen
nichts anders geſchrieben iſt/ den das/ das in vns iſt/ vnnd
das wir ſelber ſein/ vnd ſein ſollen vnd muͤſſen: Nemlich/
gute Buͤcher vnd Lehrer fuͤhren vns zu deme/ das wir ſel-
ber ſein/ nach der zweifachen Geburt/ vnd beſchreiben daß/
daraus der Menſche iſt/ vnd warzu der Menſche geſchaf-
fen ſey/ vnd in dieſe Welt geſetzet/ vnnd das der Menſche
eben das ſein ſolle/ was er lernet. Der Menſche lernet ſich
ſelber erkennen/ vnd alſo Erkennet er Gott vnd alle ding in
ihme. Wer ſich ſelber erkennet vnd GOtt/ der darff fuͤr

keine
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0108" n="101"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erkenne dich &#x017F;elber/</hi></fw><lb/>
wer nicht darzu geboren i&#x017F;t/ der kan es nicht: <hi rendition="#aq">qua&#x017F;i diceret:</hi><lb/>
Were es nicht von Natur in mir/ wie auch in allen/ Nim-<lb/>
mermehr vermo&#x0364;chte ein Men&#x017F;che zu &#x017F;ein ein <hi rendition="#aq">Magus,</hi> ein<lb/>
Gabali&#x017F;t/ Dann &#x017F;o wir in der Newen Geburt zu Kindern<lb/>
Gottes geboren &#x017F;eind/ das gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er i&#x017F;t: viel mehr &#x017F;ind wir ge-<lb/>
boren zu Kindern der Weißheit. Es lieget alles an dem<lb/>
Erkennen/ Wer &#x017F;ich &#x017F;elber erkennet/ Woraus er gemacht<lb/>
&#x017F;ey vnd warzu/ der muß &#x017F;agen/ das vns Men&#x017F;chen <hi rendition="#aq">Magia</hi><lb/>
&#x017F;o natu&#x0364;rlich angebohren &#x017F;ey/ als Riechen/ &#x017F;chmecken/ fu&#x0364;h-<lb/>
len/ Reden/ etc.</p><lb/>
        <p>Den es i&#x017F;t ja zwiefache weißheit in allen Men&#x017F;chen/<lb/>
als die Himli&#x017F;che Ewige/ auß Gotte/ vnnd den Engeln:<lb/>
Vnd die Jrrdi&#x017F;che zeitliche aus der Natur. Darvon liß<lb/>
weiter das Bu&#x0364;chlein <hi rendition="#aq">Theophra&#x017F;ti Paracel&#x017F;is: De funda-<lb/>
mento Sapientiæ &amp; Artium.</hi> Du mo&#x0364;chte&#x017F;t hie &#x017F;prechen<lb/>
al&#x017F;o: Die Bu&#x0364;cher lehren dich nichts/ Tragen nicht hinein/<lb/>
etc. Vnd Wei&#x017F;e&#x017F;t mich dennoch auff Bu&#x0364;cher. <hi rendition="#aq">Re&#x017F;pon&#x017F;io,</hi><lb/>
Ob gleich die Lehrer vnd Bu&#x0364;ch er keine Kun&#x017F;t in Men&#x017F;chen<lb/>
tragen noch eingie&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;o &#x017F;eind &#x017F;ie doch Ermanunge zu de-<lb/>
me/ das in vns i&#x017F;t. Jch rede aber von dem rechten Buche.<lb/>
Vnd darumb &#x017F;ollen wir gute Bu&#x0364;cher lieb hab&#x1EBD;/ das in jhnen<lb/>
nichts anders ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t/ den das/ das in vns i&#x017F;t/ vnnd<lb/>
das wir &#x017F;elber &#x017F;ein/ vnd &#x017F;ein &#x017F;ollen vnd mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en: Nemlich/<lb/>
gute Bu&#x0364;cher vnd Lehrer fu&#x0364;hren vns zu deme/ das wir &#x017F;el-<lb/>
ber &#x017F;ein/ nach der zweifachen Geburt/ vnd be&#x017F;chreiben daß/<lb/>
daraus der Men&#x017F;che i&#x017F;t/ vnd warzu der Men&#x017F;che ge&#x017F;chaf-<lb/>
fen &#x017F;ey/ vnd in die&#x017F;e Welt ge&#x017F;etzet/ vnnd das der Men&#x017F;che<lb/>
eben das &#x017F;ein &#x017F;olle/ was er lernet. Der Men&#x017F;che lernet &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elber erkennen/ vnd al&#x017F;o Erkennet er Gott vnd alle ding in<lb/>
ihme. Wer &#x017F;ich &#x017F;elber erkennet vnd GOtt/ der darff fu&#x0364;r<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">keine</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[101/0108] Erkenne dich ſelber/ wer nicht darzu geboren iſt/ der kan es nicht: quaſi diceret: Were es nicht von Natur in mir/ wie auch in allen/ Nim- mermehr vermoͤchte ein Menſche zu ſein ein Magus, ein Gabaliſt/ Dann ſo wir in der Newen Geburt zu Kindern Gottes geboren ſeind/ das groͤſſer iſt: viel mehr ſind wir ge- boren zu Kindern der Weißheit. Es lieget alles an dem Erkennen/ Wer ſich ſelber erkennet/ Woraus er gemacht ſey vnd warzu/ der muß ſagen/ das vns Menſchen Magia ſo natuͤrlich angebohren ſey/ als Riechen/ ſchmecken/ fuͤh- len/ Reden/ etc. Den es iſt ja zwiefache weißheit in allen Menſchen/ als die Himliſche Ewige/ auß Gotte/ vnnd den Engeln: Vnd die Jrrdiſche zeitliche aus der Natur. Darvon liß weiter das Buͤchlein Theophraſti Paracelſis: De funda- mento Sapientiæ & Artium. Du moͤchteſt hie ſprechen alſo: Die Buͤcher lehren dich nichts/ Tragen nicht hinein/ etc. Vnd Weiſeſt mich dennoch auff Buͤcher. Reſponſio, Ob gleich die Lehrer vnd Buͤch er keine Kunſt in Menſchen tragen noch eingieſſen/ ſo ſeind ſie doch Ermanunge zu de- me/ das in vns iſt. Jch rede aber von dem rechten Buche. Vnd darumb ſollen wir gute Buͤcher lieb habẽ/ das in jhnen nichts anders geſchrieben iſt/ den das/ das in vns iſt/ vnnd das wir ſelber ſein/ vnd ſein ſollen vnd muͤſſen: Nemlich/ gute Buͤcher vnd Lehrer fuͤhren vns zu deme/ das wir ſel- ber ſein/ nach der zweifachen Geburt/ vnd beſchreiben daß/ daraus der Menſche iſt/ vnd warzu der Menſche geſchaf- fen ſey/ vnd in dieſe Welt geſetzet/ vnnd das der Menſche eben das ſein ſolle/ was er lernet. Der Menſche lernet ſich ſelber erkennen/ vnd alſo Erkennet er Gott vnd alle ding in ihme. Wer ſich ſelber erkennet vnd GOtt/ der darff fuͤr keine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gnothi02_1618
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gnothi02_1618/108
Zitationshilfe: Weigel, Valentin: Gnothi seauton. Nosce te ipsum. Erkenne dich selber O Mensch. Neustadt, 1618, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gnothi02_1618/108>, abgerufen am 24.04.2024.