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Weigel, Valentin: Gnothi seauton. Nosce te ipsum. Erkenne dich selber O Mensch. Neustadt, 1618.

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Erkenne dich selber/
Edelman/ kein Juncker/ Panierher/ etc. kommet in Him-
mel/ den sein Standt ist auß dem (Tödtlichen) Adel/ der
da vom Gestirn gewachsen ist. Hie auff Erden haben die E-
delleute vnnd Freyherren sonderliche Stüle in der Kirchen
(Jch meine in der Steinkirchen) Sonderliche Begrebnusse/
neben jhnen viel Privilegia (Wappen) für andern Men-
schen. Aber in jener Welt ist ein Sewhirte (so hoch geadels
als der höchste vom Adel in dieser Welt) Bettler vnd Edel-
man/ emer wie der ander. So ist nun das die erste vrsache/
darumb kein Edelman in den Himmel kommet/ nemlich man
darff jhrer nicht/ GOtt wil nur Kinder oder Christen im
Himmel haben/ nicht Edelleute. Die andere vrsache ist/
das die Alte Geburt aus den Sternen muß vergehen/ vnnd
auffhören mit der Welt. Den die Edelleute werden
nicht durch den glauben/ sondern von jhren Eltern geboren.
Vnd ob sie gleich tugent vnnd Ritterliche Thaten hetten
zum Adel bracht/ so muß doch alles abgeleget werden. Die
drittevrsache/ das im Sabbath solches bezeuget wird. Den
halte nur ein Edelman recht den Sabbath/ Feyre von allen
seinen gedancken/ von jhm selber/ das ist/ er Bete nur im
Geiste/ welches ist mit Christo Sterben/ so wird er sehen
vnd bekennen/ daß nichts vom Adel zu halten sey/ das auch
keiner sey in Himmel kommen/ Sondern nur Kinder oder
Christen. Aber solche Herren vnd Edelleuthe halten mit jh-
ren Pfaffen den Sabbath gantz wider Christum. Sechs
Tage sehen sie (invigalant) auff jhre Narung/ vnd am 7.
hören sie eine Predigt vnnd hernach/ mit e. a. zur Zeche/
zum Spiel/ etc.

Wie ists müglich/ das die Leuthe sollen Christum ver-
stehen/ sein Creutz/ sein leyden/ etc. wie solten solche leute
den Sabbath halten? Letzlich/ kömpt der Todt/ vnd nim-

met

Erkenne dich ſelber/
Edelman/ kein Juncker/ Panierher/ etc. kommet in Him-
mel/ den ſein Standt iſt auß dem (Toͤdtlichen) Adel/ der
da vom Geſtirn gewachſen iſt. Hie auff Erden haben die E-
delleute vnnd Freyherren ſonderliche Stuͤle in der Kirchen
(Jch meine in der Steinkirchẽ) Sonderliche Begrebnuſſe/
neben jhnen viel Privilegia (Wappen) fuͤr andern Men-
ſchen. Aber in jener Welt iſt ein Sewhirte (ſo hoch geadels
als der hoͤchſte vom Adel in dieſer Welt) Bettler vnd Edel-
man/ emer wie der ander. So iſt nun das die erſte vrſache/
darumb kein Edelman in den Himmel kommet/ nemlich man
darff jhrer nicht/ GOtt wil nur Kinder oder Chriſten im
Himmel haben/ nicht Edelleute. Die andere vrſache iſt/
das die Alte Geburt aus den Sternen muß vergehen/ vnnd
auffhoͤren mit der Welt. Den die Edelleute werden
nicht durch den glauben/ ſondern von jhren Eltern geboren.
Vnd ob ſie gleich tugent vnnd Ritterliche Thaten hetten
zum Adel bracht/ ſo muß doch alles abgeleget werden. Die
drittevrſache/ das im Sabbath ſolches bezeuget wird. Den
halte nur ein Edelman recht den Sabbath/ Feyre von allen
ſeinen gedancken/ von jhm ſelber/ das iſt/ er Bete nur im
Geiſte/ welches iſt mit Chriſto Sterben/ ſo wird er ſehen
vnd bekennen/ daß nichts vom Adel zu halten ſey/ das auch
keiner ſey in Himmel kommen/ Sondern nur Kinder oder
Chriſten. Aber ſolche Herren vnd Edelleuthe haltẽ mit jh-
ren Pfaffen den Sabbath gantz wider Chriſtum. Sechs
Tage ſehen ſie (invigalant) auff jhre Narung/ vnd am 7.
hoͤren ſie eine Predigt vnnd hernach/ mit e. a. zur Zeche/
zum Spiel/ etc.

Wie iſts muͤglich/ das die Leuthe ſollen Chriſtum ver-
ſtehen/ ſein Creutz/ ſein leyden/ etc. wie ſolten ſolche leute
den Sabbath halten? Letzlich/ koͤmpt der Todt/ vnd nim-

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[47/0054] Erkenne dich ſelber/ Edelman/ kein Juncker/ Panierher/ etc. kommet in Him- mel/ den ſein Standt iſt auß dem (Toͤdtlichen) Adel/ der da vom Geſtirn gewachſen iſt. Hie auff Erden haben die E- delleute vnnd Freyherren ſonderliche Stuͤle in der Kirchen (Jch meine in der Steinkirchẽ) Sonderliche Begrebnuſſe/ neben jhnen viel Privilegia (Wappen) fuͤr andern Men- ſchen. Aber in jener Welt iſt ein Sewhirte (ſo hoch geadels als der hoͤchſte vom Adel in dieſer Welt) Bettler vnd Edel- man/ emer wie der ander. So iſt nun das die erſte vrſache/ darumb kein Edelman in den Himmel kommet/ nemlich man darff jhrer nicht/ GOtt wil nur Kinder oder Chriſten im Himmel haben/ nicht Edelleute. Die andere vrſache iſt/ das die Alte Geburt aus den Sternen muß vergehen/ vnnd auffhoͤren mit der Welt. Den die Edelleute werden nicht durch den glauben/ ſondern von jhren Eltern geboren. Vnd ob ſie gleich tugent vnnd Ritterliche Thaten hetten zum Adel bracht/ ſo muß doch alles abgeleget werden. Die drittevrſache/ das im Sabbath ſolches bezeuget wird. Den halte nur ein Edelman recht den Sabbath/ Feyre von allen ſeinen gedancken/ von jhm ſelber/ das iſt/ er Bete nur im Geiſte/ welches iſt mit Chriſto Sterben/ ſo wird er ſehen vnd bekennen/ daß nichts vom Adel zu halten ſey/ das auch keiner ſey in Himmel kommen/ Sondern nur Kinder oder Chriſten. Aber ſolche Herren vnd Edelleuthe haltẽ mit jh- ren Pfaffen den Sabbath gantz wider Chriſtum. Sechs Tage ſehen ſie (invigalant) auff jhre Narung/ vnd am 7. hoͤren ſie eine Predigt vnnd hernach/ mit e. a. zur Zeche/ zum Spiel/ etc. Wie iſts muͤglich/ das die Leuthe ſollen Chriſtum ver- ſtehen/ ſein Creutz/ ſein leyden/ etc. wie ſolten ſolche leute den Sabbath halten? Letzlich/ koͤmpt der Todt/ vnd nim- met

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Zitationshilfe: Weigel, Valentin: Gnothi seauton. Nosce te ipsum. Erkenne dich selber O Mensch. Neustadt, 1618, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gnothi02_1618/54>, abgerufen am 24.04.2024.