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Weigel, Valentin: Der güldene Griff/ Alle Ding ohne Jrrthumb zuerkennen. Halle (Saale), 1613.

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Der güldene Griff.
GOtt warten in jhme selber/ vnd in ein vergessen kommen/ seiner
selber/ vnd aller ding/ der wird in seinem Verstand von GOtt er-
leuchtet/ vnd das heist von Gott lernen/ vom Vater hören/
dem Zug des Vaters raum geben/ solches mag ein jeder in jhme
selbst erfahren/ das obriste inwendigste Aug kan wohl seine Krafft
zubringen ohne alle hülff vnd gegenwertigkeit der vntersten Au-
gen/ aber das vnterste mag nichts schaffen/ ohne Hülff vnd Liecht
des Obristen Auges/ darauff merck allhier diese Regel/ Quicquid
potest potentia inferior hoc idem potest potentia superior
& multe excellentior, sed non contra,
das ist/ Was da ver-
mag die vntere Begreiffligkeit/ dasselbe vermag die obere Begreiff-
ligkeit/ viel in einem höhern grad/ aber nicht das gegentheil/ dann
das obere Aug vermag viel/ das dem andern vnmüglich ist zuthun.
Item merck diese Regel/ Unitas omnis est in sua alteritate ut
lux in tenebris: Et omnis alteritas estin sua unitate ut te-
nebrae in luce,
das ist/ die Einigkeit als das jnnerste Aug/ ist dem
gezweitem als dem vntersten Aug gleich wie ein Liecht in der Fin-
sternis/ als der Verstand ist die Einigkeit gegen der Vernunfft/ die
Vernunfft ist das Gezweite gegen dem Verstand/ vnd ist der Ver-
stand in der Vernunfft/ wie ein Liecht in eim Schatten oder Fin-
sternis/ also ist die Vernunfft die Einigkeit gegen der Imagina-
tion, Imaginatio
ist der Schatten oder Bildtnis der Vernunfft/
vnd diese einige Vernunfft leuchtet in die Imaginatio, widerumb
in die Vernunfft wie ein Schatten in das Liecht Item die Imagi-
natio
ist die Einigkeit gegen den eussern 5. Sinnen gerechnet/ vnd
ist ein Liecht gegen sie/ die eussern Sinnen sind ein Schatten vnd
Finsternis gegen der Imagination.

Diese

Der guͤldene Griff.
GOtt warten in jhme ſelber/ vnd in ein vergeſſen kommen/ ſeiner
ſelber/ vnd aller ding/ der wird in ſeinem Verſtand von GOtt er-
leuchtet/ vnd das heiſt von Gott lernen/ vom Vater hoͤren/
dem Zug des Vaters raum geben/ ſolches mag ein jeder in jhme
ſelbſt erfahren/ das obriſte inwendigſte Aug kan wohl ſeine Krafft
zubringen ohne alle huͤlff vnd gegenwertigkeit der vnterſten Au-
gen/ aber das vnterſte mag nichts ſchaffen/ ohne Huͤlff vnd Liecht
des Obriſten Auges/ darauff merck allhier dieſe Regel/ Quicquid
poteſt potentia inferior hoc idem poteſt potentia ſuperior
& multè excellentior, ſed non contra,
das iſt/ Was da ver-
mag die vntere Begreiffligkeit/ daſſelbe vermag die obere Begreiff-
ligkeit/ viel in einem hoͤhern grad/ aber nicht das gegentheil/ dann
das obere Aug vermag viel/ das dem andern vnmuͤglich iſt zuthun.
Item merck dieſe Regel/ Unitas omnis eſt in ſua alteritate ut
lux in tenebris: Et omnis alteritas eſtin ſua unitate ut te-
nebræ in luce,
das iſt/ die Einigkeit als das jnnerſte Aug/ iſt dem
gezweitem als dem vnterſten Aug gleich wie ein Liecht in der Fin-
ſternis/ als der Verſtand iſt die Einigkeit gegen der Vernunfft/ die
Vernunfft iſt das Gezweite gegen dem Verſtand/ vnd iſt der Ver-
ſtand in der Vernunfft/ wie ein Liecht in eim Schatten oder Fin-
ſternis/ alſo iſt die Vernunfft die Einigkeit gegen der Imagina-
tion, Imaginatio
iſt der Schatten oder Bildtnis der Vernunfft/
vnd dieſe einige Vernunfft leuchtet in die Imaginatio, widerumb
in die Vernunfft wie ein Schatten in das Liecht Item die Imagi-
natio
iſt die Einigkeit gegen den euſſern 5. Sinnen gerechnet/ vnd
iſt ein Liecht gegen ſie/ die euſſern Sinnen ſind ein Schatten vnd
Finſternis gegen der Imagination.

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[0028] Der guͤldene Griff. GOtt warten in jhme ſelber/ vnd in ein vergeſſen kommen/ ſeiner ſelber/ vnd aller ding/ der wird in ſeinem Verſtand von GOtt er- leuchtet/ vnd das heiſt von Gott lernen/ vom Vater hoͤren/ dem Zug des Vaters raum geben/ ſolches mag ein jeder in jhme ſelbſt erfahren/ das obriſte inwendigſte Aug kan wohl ſeine Krafft zubringen ohne alle huͤlff vnd gegenwertigkeit der vnterſten Au- gen/ aber das vnterſte mag nichts ſchaffen/ ohne Huͤlff vnd Liecht des Obriſten Auges/ darauff merck allhier dieſe Regel/ Quicquid poteſt potentia inferior hoc idem poteſt potentia ſuperior & multè excellentior, ſed non contra, das iſt/ Was da ver- mag die vntere Begreiffligkeit/ daſſelbe vermag die obere Begreiff- ligkeit/ viel in einem hoͤhern grad/ aber nicht das gegentheil/ dann das obere Aug vermag viel/ das dem andern vnmuͤglich iſt zuthun. Item merck dieſe Regel/ Unitas omnis eſt in ſua alteritate ut lux in tenebris: Et omnis alteritas eſtin ſua unitate ut te- nebræ in luce, das iſt/ die Einigkeit als das jnnerſte Aug/ iſt dem gezweitem als dem vnterſten Aug gleich wie ein Liecht in der Fin- ſternis/ als der Verſtand iſt die Einigkeit gegen der Vernunfft/ die Vernunfft iſt das Gezweite gegen dem Verſtand/ vnd iſt der Ver- ſtand in der Vernunfft/ wie ein Liecht in eim Schatten oder Fin- ſternis/ alſo iſt die Vernunfft die Einigkeit gegen der Imagina- tion, Imaginatio iſt der Schatten oder Bildtnis der Vernunfft/ vnd dieſe einige Vernunfft leuchtet in die Imaginatio, widerumb in die Vernunfft wie ein Schatten in das Liecht Item die Imagi- natio iſt die Einigkeit gegen den euſſern 5. Sinnen gerechnet/ vnd iſt ein Liecht gegen ſie/ die euſſern Sinnen ſind ein Schatten vnd Finſternis gegen der Imagination. Dieſe

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Zitationshilfe: Weigel, Valentin: Der güldene Griff/ Alle Ding ohne Jrrthumb zuerkennen. Halle (Saale), 1613, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_gueldenergriff_1613/28>, abgerufen am 29.03.2024.