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Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674.

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Capitel. und denen Gesetzen.
welche sambt den Gesetzen/ weil sie dem Moralischen Thun des Men-
schen eine Treib- und Leit-Ursach geben/ daselbst wiederum in etwas
weiter zu betrachten vorkommen werden.

Das Achtzehende Capitel.
Von der Geltung und dem Werth.

§. 1.

UNter denen Real-Gestaltsamkeiten/ das ist/ unter denen Mora-
lischen Qualitäten/ welche denen Sachen und nicht denen Per-
sonen anhängig sind/ dadurch die Empfindungs und Anneh-
mungs-Krafft des Menschen auff gewisse Maße gerührt werden kan/
ist die vornehmste/ und gleichsamb der Außbund und die Summa al-
ler mit einander/ das Pretium, oder pretiositas, die Geltung und der
Werth; Welcher ob er sich wohl gründet/ in denen so mancherley natür-
lichen einfachen Qualitäten derer Sachen/ als in der Bequemligkeit/
Nutzbarkeit/ Liebligkeit/ etc. Denen die Unbequemligkeit/ Schädlig-
keit/ Verdrießligkeit entgegen; Wormit die Mißgeltung und Unwerth
nicht derer beständigen natürlichen Sachen/ sondern des Thuns und
der bösen That in der Affter-Welt bezahlet/ das ist/ bestraffet wird:
So bestehet doch der Werth und der Preiß vornehmlich in der gemei-
nen Form der Moralischen Essentz/ nehmlich in der imputation,
und Zurechnung/ welche von gesambter Republiq/ nechst einer reflexi-
on
auff den Consens auch derer andern Republiquen/ geschicht/ und
entweder außtrücklich oder stillschweigend beniemet wird.

Nehmlich wie die Achtbarkeit derer Personen im gemeinen We-
sen/ ob sie sich wohl in allerhand natürlichen Qualitäten des Menschen
gründet/ (als daß er ein vernünfftiger/ gelehrter/ behertzter/ arbeitsa-
mer Mensch sey/ der bey der Gesellschafft bequemlig sich auffhalten/ da-
bey nützliche Dienste thun/ oder lieblich mit den andern conversiren
könne;) Dennoch vornehmlich in der imputation und Zurechnung
bestehet/ ohne welche ein sonst noch so qualificirter Mensch keines we-
ges vor ein Mitglied des gemeinen Wesens erkant wird/ ja durch wel-
che er/ ob er gleich in der That wenig Nutz stiffet/ wenig Hülffe leistet/

den-
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Capitel. und denen Geſetzen.
welche ſambt den Geſetzen/ weil ſie dem Moraliſchen Thun des Men-
ſchen eine Treib- und Leit-Urſach geben/ daſelbſt wiederum in etwas
weiter zu betrachten vorkommen werden.

Das Achtzehende Capitel.
Von der Geltung und dem Werth.

§. 1.

UNter denen Real-Geſtaltſamkeiten/ das iſt/ unter denen Mora-
liſchen Qualitaͤten/ welche denen Sachen und nicht denen Per-
ſonen anhaͤngig ſind/ dadurch die Empfindungs und Anneh-
mungs-Krafft des Menſchen auff gewiſſe Maße geruͤhrt werden kan/
iſt die vornehmſte/ und gleichſamb der Außbund und die Summa al-
ler mit einander/ das Pretium, oder pretioſitas, die Geltung und der
Werth; Welcher ob er ſich wohl gruͤndet/ in denen ſo mancherley natuͤr-
lichen einfachen Qualitaͤten derer Sachen/ als in der Bequemligkeit/
Nutzbarkeit/ Liebligkeit/ ꝛc. Denen die Unbequemligkeit/ Schaͤdlig-
keit/ Verdrießligkeit entgegen; Wormit die Mißgeltung und Unwerth
nicht derer beſtaͤndigen natuͤrlichen Sachen/ ſondern des Thuns und
der boͤſen That in der Affter-Welt bezahlet/ das iſt/ beſtraffet wird:
So beſtehet doch der Werth und der Preiß vornehmlich in der gemei-
nen Form der Moraliſchen Eſſentz/ nehmlich in der imputation,
und Zurechnung/ welche von geſambter Republiq/ nechſt einer reflexi-
on
auff den Conſens auch derer andern Republiquen/ geſchicht/ und
entweder außtruͤcklich oder ſtillſchweigend beniemet wird.

Nehmlich wie die Achtbarkeit derer Perſonen im gemeinen We-
ſen/ ob ſie ſich wohl in allerhand natuͤrlichen Qualitaͤten des Menſchen
gruͤndet/ (als daß er ein vernuͤnfftiger/ gelehrter/ behertzter/ arbeitſa-
mer Menſch ſey/ der bey der Geſellſchafft bequemlig ſich auffhalten/ da-
bey nuͤtzliche Dienſte thun/ oder lieblich mit den andern converſiren
koͤnne;) Dennoch vornehmlich in der imputation und Zurechnung
beſtehet/ ohne welche ein ſonſt noch ſo qualificirter Menſch keines we-
ges vor ein Mitglied des gemeinen Weſens erkant wird/ ja durch wel-
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[131/0141] Capitel. und denen Geſetzen. welche ſambt den Geſetzen/ weil ſie dem Moraliſchen Thun des Men- ſchen eine Treib- und Leit-Urſach geben/ daſelbſt wiederum in etwas weiter zu betrachten vorkommen werden. Das Achtzehende Capitel. Von der Geltung und dem Werth. §. 1. UNter denen Real-Geſtaltſamkeiten/ das iſt/ unter denen Mora- liſchen Qualitaͤten/ welche denen Sachen und nicht denen Per- ſonen anhaͤngig ſind/ dadurch die Empfindungs und Anneh- mungs-Krafft des Menſchen auff gewiſſe Maße geruͤhrt werden kan/ iſt die vornehmſte/ und gleichſamb der Außbund und die Summa al- ler mit einander/ das Pretium, oder pretioſitas, die Geltung und der Werth; Welcher ob er ſich wohl gruͤndet/ in denen ſo mancherley natuͤr- lichen einfachen Qualitaͤten derer Sachen/ als in der Bequemligkeit/ Nutzbarkeit/ Liebligkeit/ ꝛc. Denen die Unbequemligkeit/ Schaͤdlig- keit/ Verdrießligkeit entgegen; Wormit die Mißgeltung und Unwerth nicht derer beſtaͤndigen natuͤrlichen Sachen/ ſondern des Thuns und der boͤſen That in der Affter-Welt bezahlet/ das iſt/ beſtraffet wird: So beſtehet doch der Werth und der Preiß vornehmlich in der gemei- nen Form der Moraliſchen Eſſentz/ nehmlich in der imputation, und Zurechnung/ welche von geſambter Republiq/ nechſt einer reflexi- on auff den Conſens auch derer andern Republiquen/ geſchicht/ und entweder außtruͤcklich oder ſtillſchweigend beniemet wird. Nehmlich wie die Achtbarkeit derer Perſonen im gemeinen We- ſen/ ob ſie ſich wohl in allerhand natuͤrlichen Qualitaͤten des Menſchen gruͤndet/ (als daß er ein vernuͤnfftiger/ gelehrter/ behertzter/ arbeitſa- mer Menſch ſey/ der bey der Geſellſchafft bequemlig ſich auffhalten/ da- bey nuͤtzliche Dienſte thun/ oder lieblich mit den andern converſiren koͤnne;) Dennoch vornehmlich in der imputation und Zurechnung beſtehet/ ohne welche ein ſonſt noch ſo qualificirter Menſch keines we- ges vor ein Mitglied des gemeinen Weſens erkant wird/ ja durch wel- che er/ ob er gleich in der That wenig Nutz ſtiffet/ wenig Huͤlffe leiſtet/ den- R 2

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Zitationshilfe: Weigel, Erhard: Arithmetische Beschreibung der Moral-Weißheit von Personen und Sachen Worauf das gemeine Wesen bestehet. Jena, 1674, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weigel_moralweissheit_1674/141>, abgerufen am 28.03.2024.