Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

St. Jch nehme es nicht wieder. Sie behalt
es nur und mein Hertz darzu.
Am. Jch werde ihn nicht in solchen Schaden
bringen.
St, Das ist kein Schaden/ ich bin ihr Leibeige-
ner/ so ist es nun kein Unterscheid/ ob meine
Sachen bey mir oder bey ihr in Verwah-
rung liegen.
Am. Jch bitte er nehme es wieder/ was wür-
den die Leute sprechen.
St. Sie mögen sprechen was sie wollen/ sie
sprechen nur alles Gutes dazu.
Am. Weil er mich dann so zwingt/ daß ich sei-
nen Schaden begehren muß/ so will ich zwar
gehorsam seyn: doch mag er es wieder ab-
fordern lassen/ wenn er will.
St. Wenn das Gold wird blaß werden/ so
werde ich auch auffhören/ ihr auffzuwarten.
Hiermit ergriff er sie bey dem Kinne/ und
gab ihr einen sachten Kuß/ welchen Amaryllis
durch einen heimlichen Gegenkuß erwiederte/
dannenhero Gelanor abmerckte/ die Jungfer
müsse von der Gattung seyn/ die nichts umb-
sonst/ und alles umbs Geld thun. Wie er
sich denn besann/ daß zu seiner Zeit/ als er auf
Universitäten gelebt/ ein Courtisan gewesen/
welcher allzeit 6. Ducaten zuvor verspielen
müs-

St. Jch nehme es nicht wieder. Sie behalt
es nur und mein Hertz darzu.
Am. Jch werde ihn nicht in ſolchen Schaden
bringen.
St, Das iſt kein Schaden/ ich bin ihr Leibeige-
ner/ ſo iſt es nun kein Unterſcheid/ ob meine
Sachen bey mir oder bey ihr in Verwah-
rung liegen.
Am. Jch bitte er nehme es wieder/ was wuͤr-
den die Leute ſprechen.
St. Sie moͤgen ſprechen was ſie wollen/ ſie
ſprechen nur alles Gutes dazu.
Am. Weil er mich dann ſo zwingt/ daß ich ſei-
nen Schadẽ begehren muß/ ſo will ich zwar
gehorſam ſeyn: doch mag er es wieder ab-
fordern laſſen/ wenn er will.
St. Wenn das Gold wird blaß werden/ ſo
werde ich auch auffhoͤren/ ihr auffzuwarten.
Hiermit ergriff er ſie bey dem Kinne/ und
gab ihr einen ſachten Kuß/ welchen Amaryllis
durch einen heimlichen Gegenkuß erwiederte/
dannenhero Gelanor abmerckte/ die Jungfer
muͤſſe von der Gattung ſeyn/ die nichts umb-
ſonſt/ und alles umbs Geld thun. Wie er
ſich denn beſann/ daß zu ſeiner Zeit/ als er auf
Univerſitaͤten gelebt/ ein Courtiſan geweſen/
welcher allzeit 6. Ducaten zuvor verſpielen
muͤſ-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0141" n="135"/><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#aq">St.</hi> </speaker>
            <p>Jch nehme es nicht wieder. Sie behalt<lb/>
es nur und mein Hertz darzu.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#aq">Am.</hi> </speaker>
            <p>Jch werde ihn nicht in &#x017F;olchen Schaden<lb/>
bringen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#aq">St,</hi> </speaker>
            <p>Das i&#x017F;t kein Schaden/ ich bin ihr Leibeige-<lb/>
ner/ &#x017F;o i&#x017F;t es nun kein Unter&#x017F;cheid/ ob meine<lb/>
Sachen bey mir oder bey ihr in Verwah-<lb/>
rung liegen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#aq">Am.</hi> </speaker>
            <p>Jch bitte er nehme es wieder/ was wu&#x0364;r-<lb/>
den die Leute &#x017F;prechen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#aq">St.</hi> </speaker>
            <p>Sie mo&#x0364;gen &#x017F;prechen was &#x017F;ie wollen/ &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;prechen nur alles Gutes dazu.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#aq">Am.</hi> </speaker>
            <p>Weil er mich dann &#x017F;o zwingt/ daß ich &#x017F;ei-<lb/>
nen Schade&#x0303; begehren muß/ &#x017F;o will ich zwar<lb/>
gehor&#x017F;am &#x017F;eyn: doch mag er es wieder ab-<lb/>
fordern la&#x017F;&#x017F;en/ wenn er will.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#aq">St.</hi> </speaker>
            <p>Wenn das Gold wird blaß werden/ &#x017F;o<lb/>
werde ich auch auffho&#x0364;ren/ ihr auffzuwarten.</p>
          </sp><lb/>
          <stage>Hiermit ergriff er &#x017F;ie bey dem Kinne/ und<lb/>
gab ihr einen &#x017F;achten Kuß/ welchen <hi rendition="#aq">Amaryllis</hi><lb/>
durch einen heimlichen Gegenkuß erwiederte/<lb/>
dannenhero <hi rendition="#aq">Gelanor</hi> abmerckte/ die Jungfer<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e von der Gattung &#x017F;eyn/ die nichts umb-<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t/ und alles umbs Geld thun. Wie er<lb/>
&#x017F;ich denn be&#x017F;ann/ daß zu &#x017F;einer Zeit/ als er auf<lb/><hi rendition="#aq">Univer&#x017F;i</hi>ta&#x0364;ten gelebt/ ein <hi rendition="#aq">Courti&#x017F;an</hi> gewe&#x017F;en/<lb/>
welcher allzeit 6. Ducaten zuvor ver&#x017F;pielen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mu&#x0364;&#x017F;-</fw><lb/></stage>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[135/0141] St. Jch nehme es nicht wieder. Sie behalt es nur und mein Hertz darzu. Am. Jch werde ihn nicht in ſolchen Schaden bringen. St, Das iſt kein Schaden/ ich bin ihr Leibeige- ner/ ſo iſt es nun kein Unterſcheid/ ob meine Sachen bey mir oder bey ihr in Verwah- rung liegen. Am. Jch bitte er nehme es wieder/ was wuͤr- den die Leute ſprechen. St. Sie moͤgen ſprechen was ſie wollen/ ſie ſprechen nur alles Gutes dazu. Am. Weil er mich dann ſo zwingt/ daß ich ſei- nen Schadẽ begehren muß/ ſo will ich zwar gehorſam ſeyn: doch mag er es wieder ab- fordern laſſen/ wenn er will. St. Wenn das Gold wird blaß werden/ ſo werde ich auch auffhoͤren/ ihr auffzuwarten. Hiermit ergriff er ſie bey dem Kinne/ und gab ihr einen ſachten Kuß/ welchen Amaryllis durch einen heimlichen Gegenkuß erwiederte/ dannenhero Gelanor abmerckte/ die Jungfer muͤſſe von der Gattung ſeyn/ die nichts umb- ſonſt/ und alles umbs Geld thun. Wie er ſich denn beſann/ daß zu ſeiner Zeit/ als er auf Univerſitaͤten gelebt/ ein Courtiſan geweſen/ welcher allzeit 6. Ducaten zuvor verſpielen muͤſ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/141
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/141>, abgerufen am 18.04.2024.