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Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

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Eurylas fragte/ warumb aber die Täntze
bey Hochzeiten so gemein worden? Gelanor
antwortete/ die lieben Alten hätten es darumb
angestellet/ daß ein Junger Mensch/ der sich
nunmehr nach einer Liebsten zu seiner Heyrath
umbsehen wolle/ an einem Orte Gelegenheit
hätte/ ohne sonderlichem Verdacht mit etlichen
bekandt zu werden. Allein die heutige Welt
habe es umbgekehrt/ denn/ sagte er/ da müssen
alles gelschneblichte Stutzergen seyn/ die noch
in vierzehen Jahren keine rechte Liebste
bedürffen. Und manche Jungfer steht sich
selbst im Lichten/ die offt einen ehrlichen Kauff-
oder Handwercksmann der sie in allen Ehren
meynet/ über Achsel ansieht/ und einen Bunt-
bändrichten Monsieur ihm zu Trotze mit vor-
trefflichen Liebkosungen bedienet/ darüber sie
endlich zur alten Magd wird: und da mag
sie wohl versichert seyn/ wann sie den Kirch-
Thurm scheuern wird/ so wird ihr keiner von
den vorigen Auffwärtern Wasser zutragen.
Hier ward etwas anders drein geredet/ und
Eurylas erinnerte/ ob man nicht künfftigen
Tag weiter reisen wolte. Solches ward be-
liebet/ und weil gleich eine Landkutsche auf eine
andere Stadt abfahren wolte/ setzten sich Flo-
rindo, Gelanol
und Eurylas darauff/ und lies-

sen

Eurylas fragte/ warumb aber die Taͤntze
bey Hochzeiten ſo gemein worden? Gelanor
antwortete/ die lieben Alten haͤtten es darumb
angeſtellet/ daß ein Junger Menſch/ der ſich
nunmehr nach einer Liebſten zu ſeiner Heyrath
umbſehen wolle/ an einem Orte Gelegenheit
haͤtte/ ohne ſondeꝛlichem Veꝛdacht mit etlichen
bekandt zu werden. Allein die heutige Welt
habe es umbgekehrt/ denn/ ſagte er/ da muͤſſen
alles gelſchneblichte Stutzergen ſeyn/ die noch
ïn vierzehen Jahren keine rechte Liebſte
beduͤrffen. Und manche Jungfer ſteht ſich
ſelbſt im Lichten/ die offt einen ehrlichen Kauff-
oder Handwercksmann der ſie in allen Ehren
meynet/ uͤber Achſel anſieht/ und einen Bunt-
baͤndrichten Monſieur ihm zu Trotze mit vor-
trefflichen Liebkoſungen bedienet/ daruͤber ſie
endlich zur alten Magd wird: und da mag
ſie wohl verſichert ſeyn/ wann ſie den Kirch-
Thurm ſcheuern wird/ ſo wird ihr keiner von
den vorigen Auffwaͤrtern Waſſer zutragen.
Hier ward etwas anders drein geredet/ und
Eurylas erinnerte/ ob man nicht kuͤnfftigen
Tag weiter reiſen wolte. Solches ward be-
liebet/ und weil gleich eine Landkutſche auf eine
andere Stadt abfahren wolte/ ſetzten ſich Flo-
rindo, Gelanol
und Eurylas darauff/ und lieſ-

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[286/0292] Eurylas fragte/ warumb aber die Taͤntze bey Hochzeiten ſo gemein worden? Gelanor antwortete/ die lieben Alten haͤtten es darumb angeſtellet/ daß ein Junger Menſch/ der ſich nunmehr nach einer Liebſten zu ſeiner Heyrath umbſehen wolle/ an einem Orte Gelegenheit haͤtte/ ohne ſondeꝛlichem Veꝛdacht mit etlichen bekandt zu werden. Allein die heutige Welt habe es umbgekehrt/ denn/ ſagte er/ da muͤſſen alles gelſchneblichte Stutzergen ſeyn/ die noch ïn vierzehen Jahren keine rechte Liebſte beduͤrffen. Und manche Jungfer ſteht ſich ſelbſt im Lichten/ die offt einen ehrlichen Kauff- oder Handwercksmann der ſie in allen Ehren meynet/ uͤber Achſel anſieht/ und einen Bunt- baͤndrichten Monſieur ihm zu Trotze mit vor- trefflichen Liebkoſungen bedienet/ daruͤber ſie endlich zur alten Magd wird: und da mag ſie wohl verſichert ſeyn/ wann ſie den Kirch- Thurm ſcheuern wird/ ſo wird ihr keiner von den vorigen Auffwaͤrtern Waſſer zutragen. Hier ward etwas anders drein geredet/ und Eurylas erinnerte/ ob man nicht kuͤnfftigen Tag weiter reiſen wolte. Solches ward be- liebet/ und weil gleich eine Landkutſche auf eine andere Stadt abfahren wolte/ ſetzten ſich Flo- rindo, Gelanol und Eurylas darauff/ und lieſ- ſen

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/292>, abgerufen am 19.04.2024.