Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673.

Bild:
<< vorherige Seite


te. Doch dessen ungeacht/ wolte er in der
Erzehlung fortfahren. Allein Gelanor mach-
te eine unfreundliche Mine/ und redete ihn fol-
gender Gestalt an: Jhr Kerle/ wer ihr seyd/
habt ihr nun das grosse Wort über dem Ti-
sche allein/ und sind wir gut genug eure Zotten
und Saupossen anzuhören. Wollt ihr einen
Stocknarren agiren/ so habt ihr in unserer
Compagnie nichts zu thun/ vor den Tisch ge-
hören solche Gauckeler/ da sie die Nasenstüber
zur Hand haben. Jn ehrlichen Gesellschafften
soll es ehrlich und vernünftig zugehen/ so kommt
ihr und verunehret uns mit euren unvernünff-
tigen und unverantwortlichen Narrenthei-
dungen/ gleich als wäre kein GOtt/ der von
allen unnützen Worten Rechenschafft fordern
wolte. Oder/ als wenn der Apostel gelogen
hätte/ indem er von Schertz und Narrenthei-
dung gesagt/ die den Christen nicht geziemen.
Es solte ein jedweder froh seyn/ der seinen ge-
sunden Verstand gebrauchen könte. Doch
es ist eine Schande/ daß sich mancher stellt als
wäre er auß dem Tollhause entlauffen. Ein
höflicher Schertz zu seiner Zeit geredt/ wird
von niemanden getadelt. Vielmehr werden
dergleichen sinnreiche und anmuthige Köpffe
bey allen in sonderlichen Ehren gehalten. Al-

lein


te. Doch deſſen ungeacht/ wolte er in der
Erzehlung fortfahren. Allein Gelanor mach-
te eine unfreundliche Mine/ und redete ihn fol-
gender Geſtalt an: Jhr Kerle/ wer ihr ſeyd/
habt ihr nun das groſſe Wort uͤber dem Ti-
ſche allein/ und ſind wir gut genug eure Zotten
und Saupoſſen anzuhoͤren. Wollt ihr einen
Stocknarren agiren/ ſo habt ihr in unſerer
Compagnie nichts zu thun/ vor den Tiſch ge-
hoͤren ſolche Gauckeler/ da ſie die Naſenſtuͤber
zur Hand haben. Jn ehrlichen Geſellſchafften
ſoll es ehrlich und vernuͤnftig zugehen/ ſo kom̃t
ihr und verunehret uns mit euren unvernuͤnff-
tigen und unverantwortlichen Narrenthei-
dungen/ gleich als waͤre kein GOtt/ der von
allen unnuͤtzen Worten Rechenſchafft fordern
wolte. Oder/ als wenn der Apoſtel gelogen
haͤtte/ indem er von Schertz und Narrenthei-
dung geſagt/ die den Chriſten nicht geziemen.
Es ſolte ein jedweder froh ſeyn/ der ſeinen ge-
ſunden Verſtand gebrauchen koͤnte. Doch
es iſt eine Schande/ daß ſich mancher ſtellt als
waͤre er auß dem Tollhauſe entlauffen. Ein
hoͤflicher Schertz zu ſeiner Zeit geredt/ wird
von niemanden getadelt. Vielmehr werden
dergleichen ſinnreiche und anmuthige Koͤpffe
bey allen in ſonderlichen Ehren gehalten. Al-

lein
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0314" n="308"/><lb/>
te. Doch de&#x017F;&#x017F;en ungeacht/ wolte er in der<lb/>
Erzehlung fortfahren. Allein <hi rendition="#aq">Gelanor</hi> mach-<lb/>
te eine unfreundliche Mine/ und redete ihn fol-<lb/>
gender Ge&#x017F;talt an: Jhr Kerle/ wer ihr &#x017F;eyd/<lb/>
habt ihr nun das gro&#x017F;&#x017F;e Wort u&#x0364;ber dem Ti-<lb/>
&#x017F;che allein/ und &#x017F;ind wir gut genug eure Zotten<lb/>
und Saupo&#x017F;&#x017F;en anzuho&#x0364;ren. Wollt ihr einen<lb/>
Stocknarren <hi rendition="#aq">agi</hi>ren/ &#x017F;o habt ihr in un&#x017F;erer<lb/><hi rendition="#aq">Compagnie</hi> nichts zu thun/ vor den Ti&#x017F;ch ge-<lb/>
ho&#x0364;ren &#x017F;olche Gauckeler/ da &#x017F;ie die Na&#x017F;en&#x017F;tu&#x0364;ber<lb/>
zur Hand haben. Jn ehrlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chafften<lb/>
&#x017F;oll es ehrlich und vernu&#x0364;nftig zugehen/ &#x017F;o kom&#x0303;t<lb/>
ihr und verunehret uns mit euren unvernu&#x0364;nff-<lb/>
tigen und unverantwortlichen Narrenthei-<lb/>
dungen/ gleich als wa&#x0364;re kein GOtt/ der von<lb/>
allen unnu&#x0364;tzen Worten Rechen&#x017F;chafft fordern<lb/>
wolte. Oder/ als wenn der Apo&#x017F;tel gelogen<lb/>
ha&#x0364;tte/ indem er von Schertz und Narrenthei-<lb/>
dung ge&#x017F;agt/ die den Chri&#x017F;ten nicht geziemen.<lb/>
Es &#x017F;olte ein jedweder froh &#x017F;eyn/ der &#x017F;einen ge-<lb/>
&#x017F;unden Ver&#x017F;tand gebrauchen ko&#x0364;nte. Doch<lb/>
es i&#x017F;t eine Schande/ daß &#x017F;ich mancher &#x017F;tellt als<lb/>
wa&#x0364;re er auß dem Tollhau&#x017F;e entlauffen. Ein<lb/>
ho&#x0364;flicher Schertz zu &#x017F;einer Zeit geredt/ wird<lb/>
von niemanden getadelt. Vielmehr werden<lb/>
dergleichen &#x017F;innreiche und anmuthige Ko&#x0364;pffe<lb/>
bey allen in &#x017F;onderlichen Ehren gehalten. Al-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">lein</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[308/0314] te. Doch deſſen ungeacht/ wolte er in der Erzehlung fortfahren. Allein Gelanor mach- te eine unfreundliche Mine/ und redete ihn fol- gender Geſtalt an: Jhr Kerle/ wer ihr ſeyd/ habt ihr nun das groſſe Wort uͤber dem Ti- ſche allein/ und ſind wir gut genug eure Zotten und Saupoſſen anzuhoͤren. Wollt ihr einen Stocknarren agiren/ ſo habt ihr in unſerer Compagnie nichts zu thun/ vor den Tiſch ge- hoͤren ſolche Gauckeler/ da ſie die Naſenſtuͤber zur Hand haben. Jn ehrlichen Geſellſchafften ſoll es ehrlich und vernuͤnftig zugehen/ ſo kom̃t ihr und verunehret uns mit euren unvernuͤnff- tigen und unverantwortlichen Narrenthei- dungen/ gleich als waͤre kein GOtt/ der von allen unnuͤtzen Worten Rechenſchafft fordern wolte. Oder/ als wenn der Apoſtel gelogen haͤtte/ indem er von Schertz und Narrenthei- dung geſagt/ die den Chriſten nicht geziemen. Es ſolte ein jedweder froh ſeyn/ der ſeinen ge- ſunden Verſtand gebrauchen koͤnte. Doch es iſt eine Schande/ daß ſich mancher ſtellt als waͤre er auß dem Tollhauſe entlauffen. Ein hoͤflicher Schertz zu ſeiner Zeit geredt/ wird von niemanden getadelt. Vielmehr werden dergleichen ſinnreiche und anmuthige Koͤpffe bey allen in ſonderlichen Ehren gehalten. Al- lein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Bei der Ausgabe handelt es sich um die 2. Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/314
Zitationshilfe: Weise, Christian: Die drey ärgsten Ertz-Narren. 2. Aufl. 1673, S. 308. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_ertznarren_1672/314>, abgerufen am 28.03.2024.