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Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683.

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Jacobs
habe noch das wenigste von seinem Gemüthe aus-
studieret. Das weiß ich/ daß jhm in Handel und
Wandel nicht zu trauen ist.

Han. Ich hätte vermeinet solche alte und an-
sehnliche Herren solten sich der Unwahrheit und
des Betruges schämen. Nun ich aber sehe/ daß
der ehrliche Jacob so weidlich bey der Nase herum
geführet wird/ so werde ich mir bey einem Alten
nicht allezeit die Tugend und die Redligkeit ein-
bilden.

Bild. Welt bleibet Welt: und wer sich darin
auffhalten wil/ der mache sich nur gefast allerhand
List und Betrug zuerfahren.

Han. So viel habe ich gelernet/ daß einem jed-
weden nicht zu trauen ist: Aber auf Herr Labans
Wort hätte ich grosse Thürme gebauet.

Bild. Es ist wahr/ wer in der Welt am besten
pralen kan/ der hat den Vorzug. Das grosse Wort
geht jhm sehr hurtig vom Maule/ doch wenn er
hundert Jahr lebete/ so würde er nicht einmahl so
viel halten können/ als er in einem Jahre verspro-
chen hat.

Han. So ist es mit Jacobs Vexierey nichts
neues?

Bild. Ach es ist Kinderspiel gegen den Causen/
die er die Zeit seines Lebens gemacht hat. Wer
mit jhm zu thun hat/ und wird nicht betrogen/
der muß bey der ersten Bekandschafft zurücke ge-
treten seyn. Da machet er eine Enderung in dem
Loh-
Jacobs
habe noch das wenigſte von ſeinem Gemuͤthe aus-
ſtudieret. Das weiß ich/ daß jhm in Handel und
Wandel nicht zu trauen iſt.

Han. Ich haͤtte vermeinet ſolche alte und an-
ſehnliche Herren ſolten ſich der Unwahrheit und
des Betruges ſchaͤmen. Nun ich aber ſehe/ daß
der ehrliche Jacob ſo weidlich bey der Naſe herum
gefuͤhret wird/ ſo werde ich mir bey einem Alten
nicht allezeit die Tugend und die Redligkeit ein-
bilden.

Bild. Welt bleibet Welt: und wer ſich darin
auffhalten wil/ der mache ſich nur gefaſt allerhand
Liſt und Betrug zuerfahren.

Han. So viel habe ich gelernet/ daß einem jed-
weden nicht zu trauen iſt: Aber auf Herr Labans
Wort haͤtte ich groſſe Thuͤrme gebauet.

Bild. Es iſt wahr/ wer in der Welt am beſten
pralen kan/ der hat den Vorzug. Das groſſe Wort
geht jhm ſehr hurtig vom Maule/ doch wenn er
hundert Jahr lebete/ ſo wuͤrde er nicht einmahl ſo
viel halten koͤnnen/ als er in einem Jahre verſpro-
chen hat.

Han. So iſt es mit Jacobs Vexierey nichts
neues?

Bild. Ach es iſt Kinderſpiel gegen den Cauſen/
die er die Zeit ſeines Lebens gemacht hat. Wer
mit jhm zu thun hat/ und wird nicht betrogen/
der muß bey der erſten Bekandſchafft zuruͤcke ge-
treten ſeyn. Da machet er eine Enderung in dem
Loh-
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[80/0101] Jacobs habe noch das wenigſte von ſeinem Gemuͤthe aus- ſtudieret. Das weiß ich/ daß jhm in Handel und Wandel nicht zu trauen iſt. Han. Ich haͤtte vermeinet ſolche alte und an- ſehnliche Herren ſolten ſich der Unwahrheit und des Betruges ſchaͤmen. Nun ich aber ſehe/ daß der ehrliche Jacob ſo weidlich bey der Naſe herum gefuͤhret wird/ ſo werde ich mir bey einem Alten nicht allezeit die Tugend und die Redligkeit ein- bilden. Bild. Welt bleibet Welt: und wer ſich darin auffhalten wil/ der mache ſich nur gefaſt allerhand Liſt und Betrug zuerfahren. Han. So viel habe ich gelernet/ daß einem jed- weden nicht zu trauen iſt: Aber auf Herr Labans Wort haͤtte ich groſſe Thuͤrme gebauet. Bild. Es iſt wahr/ wer in der Welt am beſten pralen kan/ der hat den Vorzug. Das groſſe Wort geht jhm ſehr hurtig vom Maule/ doch wenn er hundert Jahr lebete/ ſo wuͤrde er nicht einmahl ſo viel halten koͤnnen/ als er in einem Jahre verſpro- chen hat. Han. So iſt es mit Jacobs Vexierey nichts neues? Bild. Ach es iſt Kinderſpiel gegen den Cauſen/ die er die Zeit ſeines Lebens gemacht hat. Wer mit jhm zu thun hat/ und wird nicht betrogen/ der muß bey der erſten Bekandſchafft zuruͤcke ge- treten ſeyn. Da machet er eine Enderung in dem Loh-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/101>, abgerufen am 25.04.2024.