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Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683.

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MASANIELLO.
Nachredner.

HOchgeneigte und werthgeschätzte Anwesende.
So ist nunmehr die wunderbahre Begeben-
heit von dem unvergleichlichen/ und ich möchte fast
sagen von dem unglaublichen Masaniello zu Ende
gebracht worden/ und so haben die gesamten Stu-
dierende sich einer weitläufftigen Kühnheit unter-
fangen/ nachdem sie ein subtiles und Politisches
Geheimnis mit ihren blöden Augen entweder aus-
grübeln oder doch in jhren einfältigen Gedancken
etwas abbilden wollen. Denn ob wohl ein jedwe-
der/ dem die Bücher unverbothen sind/ alle Sachen
unter sein Eigenthum zehlen darff/ welche der Ge-
lehrten Welt zu fernern Nachsinnen an das freye
Licht geleget werden: Dennoch wird es gar leicht
fallen/ die Kühnheit übel aus zulegen/ weil einige
Rebellion auffgeführet wird/ da hohe Personen ih-
rer Schwachheiten/ und hingegen niedrige Men-
schen einer möglichen Freyheit erinnert werden. Es
ist schrecklich/ daß ein Königlicher Minister den
Befehl eines Fischer-Knechtes respectiren muß.
Es ist grausam/ daß so viel hohe Familien jhr Haab
und Gut dem muthwilligen Pöbel zu einen unge-
rechten Opffer überlassen haben. Und so wohl ein
jedweder Mensch die höchste Süßigkeit darin em-
pfindet/ wenn er seinem Feinde mit volliger/ ia wohl
auch mit überflüssiger Rache begegnen kan; so gar
leicht würde manch ungehorsames Gemüthe sich

er-
MASANIELLO.
Nachredner.

HOchgeneigte und werthgeſchaͤtzte Anweſende.
So iſt nunmehr die wunderbahre Begeben-
heit von dem unvergleichlichen/ und ich moͤchte faſt
ſagen von dem unglaublichen Maſaniello zu Ende
gebracht worden/ und ſo haben die geſamten Stu-
dierende ſich einer weitlaͤufftigen Kuͤhnheit unter-
fangen/ nachdem ſie ein ſubtiles und Politiſches
Geheimnis mit ihren bloͤden Augen entweder aus-
gruͤbeln oder doch in jhren einfaͤltigen Gedancken
etwas abbilden wollen. Denn ob wohl ein jedwe-
der/ dem die Buͤcher unverbothen ſind/ alle Sachen
unter ſein Eigenthum zehlen darff/ welche der Ge-
lehrten Welt zu fernern Nachſinnen an das freye
Licht geleget werden: Dennoch wird es gar leicht
fallen/ die Kuͤhnheit uͤbel aus zulegen/ weil einige
Rebellion auffgefuͤhret wird/ da hohe Perſonen ih-
rer Schwachheiten/ und hingegen niedrige Men-
ſchen einer moͤglichen Freyheit erinnert werden. Es
iſt ſchrecklich/ daß ein Koͤniglicher Miniſter den
Befehl eines Fiſcher-Knechtes reſpectiren muß.
Es iſt grauſam/ daß ſo viel hohe Familien jhr Haab
und Gut dem muthwilligen Poͤbel zu einen unge-
rechten Opffer uͤberlaſſen haben. Und ſo wohl ein
jedweder Menſch die hoͤchſte Suͤßigkeit darin em-
pfindet/ wenn er ſeinem Feinde mit volliger/ ia wohl
auch mit uͤberfluͤſſiger Rache begegnen kan; ſo gar
leicht wuͤrde manch ungehorſames Gemuͤthe ſich

er-
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[235/0576] MASANIELLO. Nachredner. HOchgeneigte und werthgeſchaͤtzte Anweſende. So iſt nunmehr die wunderbahre Begeben- heit von dem unvergleichlichen/ und ich moͤchte faſt ſagen von dem unglaublichen Maſaniello zu Ende gebracht worden/ und ſo haben die geſamten Stu- dierende ſich einer weitlaͤufftigen Kuͤhnheit unter- fangen/ nachdem ſie ein ſubtiles und Politiſches Geheimnis mit ihren bloͤden Augen entweder aus- gruͤbeln oder doch in jhren einfaͤltigen Gedancken etwas abbilden wollen. Denn ob wohl ein jedwe- der/ dem die Buͤcher unverbothen ſind/ alle Sachen unter ſein Eigenthum zehlen darff/ welche der Ge- lehrten Welt zu fernern Nachſinnen an das freye Licht geleget werden: Dennoch wird es gar leicht fallen/ die Kuͤhnheit uͤbel aus zulegen/ weil einige Rebellion auffgefuͤhret wird/ da hohe Perſonen ih- rer Schwachheiten/ und hingegen niedrige Men- ſchen einer moͤglichen Freyheit erinnert werden. Es iſt ſchrecklich/ daß ein Koͤniglicher Miniſter den Befehl eines Fiſcher-Knechtes reſpectiren muß. Es iſt grauſam/ daß ſo viel hohe Familien jhr Haab und Gut dem muthwilligen Poͤbel zu einen unge- rechten Opffer uͤberlaſſen haben. Und ſo wohl ein jedweder Menſch die hoͤchſte Suͤßigkeit darin em- pfindet/ wenn er ſeinem Feinde mit volliger/ ia wohl auch mit uͤberfluͤſſiger Rache begegnen kan; ſo gar leicht wuͤrde manch ungehorſames Gemuͤthe ſich er-

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Zittauisches Theatrum. Zittau, 1683, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_theatrum_1683/576>, abgerufen am 19.04.2024.