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Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892.

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Rasse-Charakteren handelt, während bei der Fortpflanzung des
Menschen innerhalb einer seiner Rassen nur individuelle
Unterschiede miteinander gemischt werden. In Bezug auf die
ersteren konnten die Idanten je des einen Elters bei der
Bastardzeugung als gleich angenommen werden, wenn dies auch
möglicherweise nicht immer ganz genau ist, wie sich später
zeigen wird; in Bezug auf die individuellen Unterschiede aber
können die Idanten je einen Elters beim Menschen durchaus
nicht als gleich angesehen werden. Jeder dieser Idanten setzt
sich aus einer Anzahl einzelner Ide zusammen, die vielfach
verschieden sein können. In allen sind die Determinanten so
ähnlich, als es die Festhaltung des Artcharakters erfordert, also
sämmtliche Determinanten der gleichen ontogenetischen Stufe
sind einander homolog, aber sie sind niemals alle auch zugleich
untereinander homodynam, sondern sie unterscheiden sich viel-
fach durch kleine, individuelle Abweichungen. Es kann also
das eine Id diese, das andere jene Variation irgend einer
homologen Determinante enthalten. Bezeichnen wir die homo-
logen Determinanten mit dem gleichen Buchstaben und drücken
die Varianten einer Determinante durch beigesetzte Striche aus,
so könnte z. B. Id I irgend eines Keimplasma's die Determinanten
a, b, c, d, e ..... n enthalten, Id II die Determinanten a, b',
c, d', e .... n', Id III die Determinanten a', b'', c', d''', e'
.... n u. s. w. Die Gesammtwirkung des Idanten wird nun
bestimmt durch den Kampf der Ide, dessen Gesetze wir nicht
näher ergründen konnten, den wir uns aber bis auf bessere
Einsicht so vorstellten, dass immer diejenigen Varianten die
meiste Aussicht haben, die Zelle ganz oder doch vorwiegend
zu bestimmen, welche in der grössten Anzahl vorhanden sind; ihre
Wirkung muss sich summiren, und eine kleine Minorität homo-
dynamer Determinanten wird gegen eine grosse Majorität einer
andern Variante nicht aufkommen können. Die Bestimmung

Rasse-Charakteren handelt, während bei der Fortpflanzung des
Menschen innerhalb einer seiner Rassen nur individuelle
Unterschiede miteinander gemischt werden. In Bezug auf die
ersteren konnten die Idanten je des einen Elters bei der
Bastardzeugung als gleich angenommen werden, wenn dies auch
möglicherweise nicht immer ganz genau ist, wie sich später
zeigen wird; in Bezug auf die individuellen Unterschiede aber
können die Idanten je einen Elters beim Menschen durchaus
nicht als gleich angesehen werden. Jeder dieser Idanten setzt
sich aus einer Anzahl einzelner Ide zusammen, die vielfach
verschieden sein können. In allen sind die Determinanten so
ähnlich, als es die Festhaltung des Artcharakters erfordert, also
sämmtliche Determinanten der gleichen ontogenetischen Stufe
sind einander homolog, aber sie sind niemals alle auch zugleich
untereinander homodynam, sondern sie unterscheiden sich viel-
fach durch kleine, individuelle Abweichungen. Es kann also
das eine Id diese, das andere jene Variation irgend einer
homologen Determinante enthalten. Bezeichnen wir die homo-
logen Determinanten mit dem gleichen Buchstaben und drücken
die Varianten einer Determinante durch beigesetzte Striche aus,
so könnte z. B. Id I irgend eines Keimplasma’s die Determinanten
a, b, c, d, e ..... n enthalten, Id II die Determinanten a, b',
c, d', e .... n', Id III die Determinanten a', b'', c', d''', e'
.... n u. s. w. Die Gesammtwirkung des Idanten wird nun
bestimmt durch den Kampf der Ide, dessen Gesetze wir nicht
näher ergründen konnten, den wir uns aber bis auf bessere
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meiste Aussicht haben, die Zelle ganz oder doch vorwiegend
zu bestimmen, welche in der grössten Anzahl vorhanden sind; ihre
Wirkung muss sich summiren, und eine kleine Minorität homo-
dynamer Determinanten wird gegen eine grosse Majorität einer
andern Variante nicht aufkommen können. Die Bestimmung

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[404/0428] Rasse-Charakteren handelt, während bei der Fortpflanzung des Menschen innerhalb einer seiner Rassen nur individuelle Unterschiede miteinander gemischt werden. In Bezug auf die ersteren konnten die Idanten je des einen Elters bei der Bastardzeugung als gleich angenommen werden, wenn dies auch möglicherweise nicht immer ganz genau ist, wie sich später zeigen wird; in Bezug auf die individuellen Unterschiede aber können die Idanten je einen Elters beim Menschen durchaus nicht als gleich angesehen werden. Jeder dieser Idanten setzt sich aus einer Anzahl einzelner Ide zusammen, die vielfach verschieden sein können. In allen sind die Determinanten so ähnlich, als es die Festhaltung des Artcharakters erfordert, also sämmtliche Determinanten der gleichen ontogenetischen Stufe sind einander homolog, aber sie sind niemals alle auch zugleich untereinander homodynam, sondern sie unterscheiden sich viel- fach durch kleine, individuelle Abweichungen. Es kann also das eine Id diese, das andere jene Variation irgend einer homologen Determinante enthalten. Bezeichnen wir die homo- logen Determinanten mit dem gleichen Buchstaben und drücken die Varianten einer Determinante durch beigesetzte Striche aus, so könnte z. B. Id I irgend eines Keimplasma’s die Determinanten a, b, c, d, e ..... n enthalten, Id II die Determinanten a, b', c, d', e .... n', Id III die Determinanten a', b'', c', d''', e' .... n u. s. w. Die Gesammtwirkung des Idanten wird nun bestimmt durch den Kampf der Ide, dessen Gesetze wir nicht näher ergründen konnten, den wir uns aber bis auf bessere Einsicht so vorstellten, dass immer diejenigen Varianten die meiste Aussicht haben, die Zelle ganz oder doch vorwiegend zu bestimmen, welche in der grössten Anzahl vorhanden sind; ihre Wirkung muss sich summiren, und eine kleine Minorität homo- dynamer Determinanten wird gegen eine grosse Majorität einer andern Variante nicht aufkommen können. Die Bestimmung

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Zitationshilfe: Weismann, August: Das Keimplasma. Eine Theorie der Vererbung. Jena, 1892, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weismann_keimplasma_1892/428>, abgerufen am 23.04.2024.