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Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880.

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Die Seejunker
man kann sich die Tortur des armen Böhrs unter dem Tische
denken. Bei der lebhaften Unterhaltung über sich, hat er es
riskirt, sich wenigstens die Beinkleider anzuziehen und es ist
ihm gelungen. Kaum hat sich die Messethür hinter der Gesell-
schaft geschlossen, so kriecht er, roth vor Zorn, aus seinem Ver-
steck hervor; aber was kann er thun? er wird nur mit einem
abermaligen Hohngelächter empfangen und ist der Gefoppte.

Was hilft es ihm, daß er schwört, sich nicht wieder an-
führen zu lassen; bei der nächsten Gelegenheit zahlt er doch
wieder die Kosten. Von tiefem Groll erfüllt geht er in das
Zwischendeck an seine Kiste, um sich die Stengenschmiere von
den Füßen zu waschen.

Inzwischen wird zur abendlichen Geschützmusterung ange-
schlagen. Die Junker folgen eilends dem Trommelsignal und
begeben sich auf ihre Posten. Der arme Böhrs kommt jedoch
zu spät und eine ihm zudictirte Strafwache macht das Maaß
seines Schmerzes voll.



Die Seejunker
man kann ſich die Tortur des armen Böhrs unter dem Tiſche
denken. Bei der lebhaften Unterhaltung über ſich, hat er es
riskirt, ſich wenigſtens die Beinkleider anzuziehen und es iſt
ihm gelungen. Kaum hat ſich die Meſſethür hinter der Geſell-
ſchaft geſchloſſen, ſo kriecht er, roth vor Zorn, aus ſeinem Ver-
ſteck hervor; aber was kann er thun? er wird nur mit einem
abermaligen Hohngelächter empfangen und iſt der Gefoppte.

Was hilft es ihm, daß er ſchwört, ſich nicht wieder an-
führen zu laſſen; bei der nächſten Gelegenheit zahlt er doch
wieder die Koſten. Von tiefem Groll erfüllt geht er in das
Zwiſchendeck an ſeine Kiſte, um ſich die Stengenſchmiere von
den Füßen zu waſchen.

Inzwiſchen wird zur abendlichen Geſchützmuſterung ange-
ſchlagen. Die Junker folgen eilends dem Trommelſignal und
begeben ſich auf ihre Poſten. Der arme Böhrs kommt jedoch
zu ſpät und eine ihm zudictirte Strafwache macht das Maaß
ſeines Schmerzes voll.



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[303/0315] Die Seejunker man kann ſich die Tortur des armen Böhrs unter dem Tiſche denken. Bei der lebhaften Unterhaltung über ſich, hat er es riskirt, ſich wenigſtens die Beinkleider anzuziehen und es iſt ihm gelungen. Kaum hat ſich die Meſſethür hinter der Geſell- ſchaft geſchloſſen, ſo kriecht er, roth vor Zorn, aus ſeinem Ver- ſteck hervor; aber was kann er thun? er wird nur mit einem abermaligen Hohngelächter empfangen und iſt der Gefoppte. Was hilft es ihm, daß er ſchwört, ſich nicht wieder an- führen zu laſſen; bei der nächſten Gelegenheit zahlt er doch wieder die Koſten. Von tiefem Groll erfüllt geht er in das Zwiſchendeck an ſeine Kiſte, um ſich die Stengenſchmiere von den Füßen zu waſchen. Inzwiſchen wird zur abendlichen Geſchützmuſterung ange- ſchlagen. Die Junker folgen eilends dem Trommelſignal und begeben ſich auf ihre Poſten. Der arme Böhrs kommt jedoch zu ſpät und eine ihm zudictirte Strafwache macht das Maaß ſeines Schmerzes voll.

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Zitationshilfe: Werner, Reinhold von: Erinnerungen und Bilder aus dem Seeleben. Berlin, 1880, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/werner_seeleben_1880/315>, abgerufen am 28.03.2024.