Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

nicht unähnlich sahen. Auch diesen Verlust
hat mir ein gewisser spanischer Don mit sech-
zig Namen, durch diese Larve glücklich ersezt.
Sie ist von dem feinsten egyptischen Papiere,
mit einem feinen Leime auf der Haut befe-
stigt und von dem Ritter Mengs nach dem
Leben gemahlt --

Siehst du, Brüderchen? unterbrach sie
Medardus; wahrhaftig so natürlich, daß es
der liebe Gott nicht natürlicher machen könn-
te. Der Mann ist ein Tausendkünstler! --

Vorher wurden alle Erhöhungen und Ver-
tiefungen der Haut mit einer sehr geistreichen
Masse geebnet: doch diese Wiederherstellung
meiner verlornen Schönheit erhielt ich erst
nach der Verabschiedung aus dem Hause des
Marchese, und auch die Nase erst bey dem
Abschiede. Er liebte mich indessen bey allen
diesen Mängeln nicht weniger feurig als vor-
her. Da meine Neiderinnen mit ihrem
Hauptzwecke, mich außer Gewogenheit zu se-
tzen, noch nicht zu Stande kommen konnten,
so fuhren sie fort, wenigstens meine Schön-
heit unter die ihrige zu erniedrigen. Eine
meiner Mitschwestern, die am ganzen Leibe

nicht unaͤhnlich ſahen. Auch dieſen Verluſt
hat mir ein gewiſſer ſpaniſcher Don mit ſech-
zig Namen, durch dieſe Larve gluͤcklich erſezt.
Sie iſt von dem feinſten egyptiſchen Papiere,
mit einem feinen Leime auf der Haut befe-
ſtigt und von dem Ritter Mengs nach dem
Leben gemahlt —

Siehſt du, Bruͤderchen? unterbrach ſie
Medardus; wahrhaftig ſo natuͤrlich, daß es
der liebe Gott nicht natuͤrlicher machen koͤnn-
te. Der Mann iſt ein Tauſendkuͤnſtler! —

Vorher wurden alle Erhoͤhungen und Ver-
tiefungen der Haut mit einer ſehr geiſtreichen
Maſſe geebnet: doch dieſe Wiederherſtellung
meiner verlornen Schoͤnheit erhielt ich erſt
nach der Verabſchiedung aus dem Hauſe des
Marcheſe, und auch die Naſe erſt bey dem
Abſchiede. Er liebte mich indeſſen bey allen
dieſen Maͤngeln nicht weniger feurig als vor-
her. Da meine Neiderinnen mit ihrem
Hauptzwecke, mich außer Gewogenheit zu ſe-
tzen, noch nicht zu Stande kommen konnten,
ſo fuhren ſie fort, wenigſtens meine Schoͤn-
heit unter die ihrige zu erniedrigen. Eine
meiner Mitſchweſtern, die am ganzen Leibe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0128" n="108"/>
nicht una&#x0364;hnlich &#x017F;ahen. Auch die&#x017F;en Verlu&#x017F;t<lb/>
hat mir ein gewi&#x017F;&#x017F;er &#x017F;pani&#x017F;cher Don mit &#x017F;ech-<lb/>
zig Namen, durch die&#x017F;e Larve glu&#x0364;cklich er&#x017F;ezt.<lb/>
Sie i&#x017F;t von dem fein&#x017F;ten egypti&#x017F;chen Papiere,<lb/>
mit einem feinen Leime auf der Haut befe-<lb/>
&#x017F;tigt und von dem Ritter <hi rendition="#fr">Mengs</hi> nach dem<lb/>
Leben gemahlt &#x2014;</p><lb/>
        <p>Sieh&#x017F;t du, Bru&#x0364;derchen? unterbrach &#x017F;ie<lb/>
Medardus; wahrhaftig &#x017F;o natu&#x0364;rlich, daß es<lb/>
der liebe Gott nicht natu&#x0364;rlicher machen ko&#x0364;nn-<lb/>
te. Der Mann i&#x017F;t ein Tau&#x017F;endku&#x0364;n&#x017F;tler! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Vorher wurden alle Erho&#x0364;hungen und Ver-<lb/>
tiefungen der Haut mit einer &#x017F;ehr gei&#x017F;treichen<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;e geebnet: doch die&#x017F;e Wiederher&#x017F;tellung<lb/>
meiner verlornen Scho&#x0364;nheit erhielt ich er&#x017F;t<lb/>
nach der Verab&#x017F;chiedung aus dem Hau&#x017F;e des<lb/>
Marche&#x017F;e, und auch die Na&#x017F;e er&#x017F;t bey dem<lb/>
Ab&#x017F;chiede. Er liebte mich inde&#x017F;&#x017F;en bey allen<lb/>
die&#x017F;en Ma&#x0364;ngeln nicht weniger feurig als vor-<lb/>
her. Da meine Neiderinnen mit ihrem<lb/>
Hauptzwecke, mich außer Gewogenheit zu &#x017F;e-<lb/>
tzen, noch nicht zu Stande kommen konnten,<lb/>
&#x017F;o fuhren &#x017F;ie fort, wenig&#x017F;tens meine Scho&#x0364;n-<lb/>
heit unter die ihrige zu erniedrigen. Eine<lb/>
meiner Mit&#x017F;chwe&#x017F;tern, die am ganzen Leibe<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[108/0128] nicht unaͤhnlich ſahen. Auch dieſen Verluſt hat mir ein gewiſſer ſpaniſcher Don mit ſech- zig Namen, durch dieſe Larve gluͤcklich erſezt. Sie iſt von dem feinſten egyptiſchen Papiere, mit einem feinen Leime auf der Haut befe- ſtigt und von dem Ritter Mengs nach dem Leben gemahlt — Siehſt du, Bruͤderchen? unterbrach ſie Medardus; wahrhaftig ſo natuͤrlich, daß es der liebe Gott nicht natuͤrlicher machen koͤnn- te. Der Mann iſt ein Tauſendkuͤnſtler! — Vorher wurden alle Erhoͤhungen und Ver- tiefungen der Haut mit einer ſehr geiſtreichen Maſſe geebnet: doch dieſe Wiederherſtellung meiner verlornen Schoͤnheit erhielt ich erſt nach der Verabſchiedung aus dem Hauſe des Marcheſe, und auch die Naſe erſt bey dem Abſchiede. Er liebte mich indeſſen bey allen dieſen Maͤngeln nicht weniger feurig als vor- her. Da meine Neiderinnen mit ihrem Hauptzwecke, mich außer Gewogenheit zu ſe- tzen, noch nicht zu Stande kommen konnten, ſo fuhren ſie fort, wenigſtens meine Schoͤn- heit unter die ihrige zu erniedrigen. Eine meiner Mitſchweſtern, die am ganzen Leibe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/128
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/128>, abgerufen am 14.05.2024.