Belphegor war ein lebhafter Advokat und bekam auf seine Anfrage -- warum dieser Elende zu seinem Verderben gezwungen wer- den sollte? -- die lachende Antwort: weil ich das Recht dazu habe. -- Und wer gab Jh- nen das Recht? -- Das hab' ich gekauft. -- Also kann man Unterdrückung kaufen? -- Blitz! der Herr ist wohl verwirrt. Recht ist keine Unterdrückung; auch nicht, wenn ich den Herrn zum Hause hinausjage; -- und so fiff er eine Kuppel Hunde zusammen, hez- te sie auf den armen Belphegor los, der mit Mühe einige Fragmente von seiner Kleidung aus ihren Zähnen rettete, und alles anwen- den mußte, um nicht einen Theil seiner eig- nen Person einzubüßen.
Welche Ungerechtigkeit! welche Unterdrü- ckung! rief er, als er sich ein wenig gesam- melt hatte; und sein Magen sezte hinzu: wel- cher Hunger!
Jn seinem gegenwärtigen Zustande war ihm nichts übrig, als von der Wohlthätig- keit andrer zu leben; er bat um Almosen, hungerte selten und bekam niemals Ribben- stöße, noch Steine an den Kopf.
Belphegor war ein lebhafter Advokat und bekam auf ſeine Anfrage — warum dieſer Elende zu ſeinem Verderben gezwungen wer- den ſollte? — die lachende Antwort: weil ich das Recht dazu habe. — Und wer gab Jh- nen das Recht? — Das hab’ ich gekauft. — Alſo kann man Unterdruͤckung kaufen? — Blitz! der Herr iſt wohl verwirrt. Recht iſt keine Unterdruͤckung; auch nicht, wenn ich den Herrn zum Hauſe hinausjage; — und ſo fiff er eine Kuppel Hunde zuſammen, hez- te ſie auf den armen Belphegor los, der mit Muͤhe einige Fragmente von ſeiner Kleidung aus ihren Zaͤhnen rettete, und alles anwen- den mußte, um nicht einen Theil ſeiner eig- nen Perſon einzubuͤßen.
Welche Ungerechtigkeit! welche Unterdruͤ- ckung! rief er, als er ſich ein wenig geſam- melt hatte; und ſein Magen ſezte hinzu: wel- cher Hunger!
Jn ſeinem gegenwaͤrtigen Zuſtande war ihm nichts uͤbrig, als von der Wohlthaͤtig- keit andrer zu leben; er bat um Almoſen, hungerte ſelten und bekam niemals Ribben- ſtoͤße, noch Steine an den Kopf.
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Belphegor war ein lebhafter Advokat und
bekam auf ſeine Anfrage — warum dieſer
Elende zu ſeinem Verderben gezwungen wer-
den ſollte? — die lachende Antwort: weil ich
das Recht dazu habe. — Und wer gab Jh-
nen das Recht? — Das hab’ ich gekauft. —
Alſo kann man Unterdruͤckung kaufen? —
Blitz! der Herr iſt wohl verwirrt. Recht iſt
keine Unterdruͤckung; auch nicht, wenn ich
den Herrn zum Hauſe hinausjage; — und
ſo fiff er eine Kuppel Hunde zuſammen, hez-
te ſie auf den armen Belphegor los, der mit
Muͤhe einige Fragmente von ſeiner Kleidung
aus ihren Zaͤhnen rettete, und alles anwen-
den mußte, um nicht einen Theil ſeiner eig-
nen Perſon einzubuͤßen.
Welche Ungerechtigkeit! welche Unterdruͤ-
ckung! rief er, als er ſich ein wenig geſam-
melt hatte; und ſein Magen ſezte hinzu: wel-
cher Hunger!
Jn ſeinem gegenwaͤrtigen Zuſtande war
ihm nichts uͤbrig, als von der Wohlthaͤtig-
keit andrer zu leben; er bat um Almoſen,
hungerte ſelten und bekam niemals Ribben-
ſtoͤße, noch Steine an den Kopf.
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Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 1. Leipzig, 1776, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor01_1776/44>, abgerufen am 28.04.2024.
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