Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

heit, Abscheu gegen eine so grause That, wie
ein Mord, stritten mit dem wildesten Auf-
ruhre in dem verlegnen Belphegor: er wollte
ihn zurückrufen, er setzte einen Fuß bedächt-
lich vorwärts und zog ihn hastig wieder zu-
rück; er ächzte, er zitterte, er sann, und
endlich eilte er dem bösen Manne nach, um
ihm seine Hülfe zu versprechen, ob er gleich
bey sich den festen Vorsatz hatte, nicht Einen
Finger zu einem Morde anzulegen: nur aus
Liebe zur Selbsterhaltung that er ihm dies
verstellte Versprechen, und war willens, sich
lieber einer Verrätherey gegen diesen Böse-
wicht, als einer Mordthat schuldig zu machen.
Der Listige, um sich ihn desto fester zu ver-
binden, schlug anfangs sein Anerbieten aus,
und versicherte, daß er einen solchen feigen
Undankbaren nicht zu einer Unternehmung
zulassen würde, für die er von einem so
schlechten Werkzeuge alles fürchten müßte.
Belphegor wurde ängstlich, die Qual des
Verhungerns stellte sich ihm in der fürchter-
lichsten Schwärze vor, er setzte in ihn, be-
schwor ihn und erhielt endlich, doch als
eine Freundschaft, die Erlaubniß, an der
mördrischen That einen rühmlichen Antheil

zu neh-

heit, Abſcheu gegen eine ſo grauſe That, wie
ein Mord, ſtritten mit dem wildeſten Auf-
ruhre in dem verlegnen Belphegor: er wollte
ihn zuruͤckrufen, er ſetzte einen Fuß bedaͤcht-
lich vorwaͤrts und zog ihn haſtig wieder zu-
ruͤck; er aͤchzte, er zitterte, er ſann, und
endlich eilte er dem boͤſen Manne nach, um
ihm ſeine Huͤlfe zu verſprechen, ob er gleich
bey ſich den feſten Vorſatz hatte, nicht Einen
Finger zu einem Morde anzulegen: nur aus
Liebe zur Selbſterhaltung that er ihm dies
verſtellte Verſprechen, und war willens, ſich
lieber einer Verraͤtherey gegen dieſen Boͤſe-
wicht, als einer Mordthat ſchuldig zu machen.
Der Liſtige, um ſich ihn deſto feſter zu ver-
binden, ſchlug anfangs ſein Anerbieten aus,
und verſicherte, daß er einen ſolchen feigen
Undankbaren nicht zu einer Unternehmung
zulaſſen wuͤrde, fuͤr die er von einem ſo
ſchlechten Werkzeuge alles fuͤrchten muͤßte.
Belphegor wurde aͤngſtlich, die Qual des
Verhungerns ſtellte ſich ihm in der fuͤrchter-
lichſten Schwaͤrze vor, er ſetzte in ihn, be-
ſchwor ihn und erhielt endlich, doch als
eine Freundſchaft, die Erlaubniß, an der
moͤrdriſchen That einen ruͤhmlichen Antheil

zu neh-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0018" n="12"/>
heit, Ab&#x017F;cheu gegen eine &#x017F;o grau&#x017F;e That, wie<lb/>
ein Mord, &#x017F;tritten mit dem wilde&#x017F;ten Auf-<lb/>
ruhre in dem verlegnen Belphegor: er wollte<lb/>
ihn zuru&#x0364;ckrufen, er &#x017F;etzte einen Fuß beda&#x0364;cht-<lb/>
lich vorwa&#x0364;rts und zog ihn ha&#x017F;tig wieder zu-<lb/>
ru&#x0364;ck; er a&#x0364;chzte, er zitterte, er &#x017F;ann, und<lb/>
endlich eilte er dem bo&#x0364;&#x017F;en Manne nach, um<lb/>
ihm &#x017F;eine Hu&#x0364;lfe zu ver&#x017F;prechen, ob er gleich<lb/>
bey &#x017F;ich den fe&#x017F;ten Vor&#x017F;atz hatte, nicht Einen<lb/>
Finger zu einem Morde anzulegen: nur aus<lb/>
Liebe zur Selb&#x017F;terhaltung that er ihm dies<lb/>
ver&#x017F;tellte Ver&#x017F;prechen, und war willens, &#x017F;ich<lb/>
lieber einer Verra&#x0364;therey gegen die&#x017F;en Bo&#x0364;&#x017F;e-<lb/>
wicht, als einer Mordthat &#x017F;chuldig zu machen.<lb/>
Der Li&#x017F;tige, um &#x017F;ich ihn de&#x017F;to fe&#x017F;ter zu ver-<lb/>
binden, &#x017F;chlug anfangs &#x017F;ein Anerbieten aus,<lb/>
und ver&#x017F;icherte, daß er einen &#x017F;olchen feigen<lb/>
Undankbaren nicht zu einer Unternehmung<lb/>
zula&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rde, fu&#x0364;r die er von einem &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chlechten Werkzeuge alles fu&#x0364;rchten mu&#x0364;ßte.<lb/>
Belphegor wurde a&#x0364;ng&#x017F;tlich, die Qual des<lb/>
Verhungerns &#x017F;tellte &#x017F;ich ihm in der fu&#x0364;rchter-<lb/>
lich&#x017F;ten Schwa&#x0364;rze vor, er &#x017F;etzte in ihn, be-<lb/>
&#x017F;chwor ihn und erhielt endlich, doch als<lb/>
eine Freund&#x017F;chaft, die Erlaubniß, an der<lb/>
mo&#x0364;rdri&#x017F;chen That einen ru&#x0364;hmlichen Antheil<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu neh-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0018] heit, Abſcheu gegen eine ſo grauſe That, wie ein Mord, ſtritten mit dem wildeſten Auf- ruhre in dem verlegnen Belphegor: er wollte ihn zuruͤckrufen, er ſetzte einen Fuß bedaͤcht- lich vorwaͤrts und zog ihn haſtig wieder zu- ruͤck; er aͤchzte, er zitterte, er ſann, und endlich eilte er dem boͤſen Manne nach, um ihm ſeine Huͤlfe zu verſprechen, ob er gleich bey ſich den feſten Vorſatz hatte, nicht Einen Finger zu einem Morde anzulegen: nur aus Liebe zur Selbſterhaltung that er ihm dies verſtellte Verſprechen, und war willens, ſich lieber einer Verraͤtherey gegen dieſen Boͤſe- wicht, als einer Mordthat ſchuldig zu machen. Der Liſtige, um ſich ihn deſto feſter zu ver- binden, ſchlug anfangs ſein Anerbieten aus, und verſicherte, daß er einen ſolchen feigen Undankbaren nicht zu einer Unternehmung zulaſſen wuͤrde, fuͤr die er von einem ſo ſchlechten Werkzeuge alles fuͤrchten muͤßte. Belphegor wurde aͤngſtlich, die Qual des Verhungerns ſtellte ſich ihm in der fuͤrchter- lichſten Schwaͤrze vor, er ſetzte in ihn, be- ſchwor ihn und erhielt endlich, doch als eine Freundſchaft, die Erlaubniß, an der moͤrdriſchen That einen ruͤhmlichen Antheil zu neh-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/18
Zitationshilfe: Wezel, Johann Carl: Belphegor, oder die wahrscheinlichste Geschichte unter der Sonne. Bd. 2. Leipzig, 1776, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wezel_belphegor02_1776/18>, abgerufen am 29.03.2024.