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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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9.
Der Paladin, mit dessen abenteuern,
Wir euch zu ergötzen (sofern ihr noch ergözbar seyd)
Entschlossen sind, war seit geraumer zeit
Gebunden durch sein wort nach Babylon zu steuern.
Was er zu Babylon verrichten sollte, war
Halsbrechend werk, sogar in Karl des großen tagen:
In unsern würd' es, auf gleiche gefahr,
Um allen ruhm der welt kein junger ritter wagen.
10.
Sohn, sprach zu ihm sein öhm, der heil'ge Vater zu Rom,
Zu dessen füßen, mit einem reichlichen strom
Bußfert'ger zähren angefeuchtet,
Er, als ein frommer christ, erst seine schuld gebeichtet;
Sohn, sprach er, da er ihm den ablas segnend gab,
Zeuch hin in frieden! Es wird dir wohl gelingen
Was du beginnst. Allein vor allen dingen,
Wenn du nach Joppen kömmst, besuch das heil'ge grab!
11.
Der Ritter küsset ihm in demuth den pantoffel,
Gelobt gehorsam an und zieht getrost dahin.
Schwer war das werk, wozu der Kayser ihn
Verurtheilt hatte; doch, mit Gott und Sanct Christoffel,
Hoft er zu seinem ruhm sich schon herauszuziehn.
Er steigt zu Joppen aus, tritt mit dem pilgerstabe
Die wallfahrt an zum werthen heil'gen grabe,
Und fühlt sich nun an muth und glauben zwiefach kühn.
12. Drauf
9.
Der Paladin, mit deſſen abenteuern,
Wir euch zu ergoͤtzen (ſofern ihr noch ergoͤzbar ſeyd)
Entſchloſſen ſind, war ſeit geraumer zeit
Gebunden durch ſein wort nach Babylon zu ſteuern.
Was er zu Babylon verrichten ſollte, war
Halsbrechend werk, ſogar in Karl des großen tagen:
In unſern wuͤrd' es, auf gleiche gefahr,
Um allen ruhm der welt kein junger ritter wagen.
10.
Sohn, ſprach zu ihm ſein oͤhm, der heil'ge Vater zu Rom,
Zu deſſen fuͤßen, mit einem reichlichen ſtrom
Bußfert'ger zaͤhren angefeuchtet,
Er, als ein frommer chriſt, erſt ſeine ſchuld gebeichtet;
Sohn, ſprach er, da er ihm den ablas ſegnend gab,
Zeuch hin in frieden! Es wird dir wohl gelingen
Was du beginnſt. Allein vor allen dingen,
Wenn du nach Joppen koͤmmſt, beſuch das heil'ge grab!
11.
Der Ritter kuͤſſet ihm in demuth den pantoffel,
Gelobt gehorſam an und zieht getroſt dahin.
Schwer war das werk, wozu der Kayſer ihn
Verurtheilt hatte; doch, mit Gott und Sanct Chriſtoffel,
Hoft er zu ſeinem ruhm ſich ſchon herauszuziehn.
Er ſteigt zu Joppen aus, tritt mit dem pilgerſtabe
Die wallfahrt an zum werthen heil'gen grabe,
Und fuͤhlt ſich nun an muth und glauben zwiefach kuͤhn.
12. Drauf
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[0012] 9. Der Paladin, mit deſſen abenteuern, Wir euch zu ergoͤtzen (ſofern ihr noch ergoͤzbar ſeyd) Entſchloſſen ſind, war ſeit geraumer zeit Gebunden durch ſein wort nach Babylon zu ſteuern. Was er zu Babylon verrichten ſollte, war Halsbrechend werk, ſogar in Karl des großen tagen: In unſern wuͤrd' es, auf gleiche gefahr, Um allen ruhm der welt kein junger ritter wagen. 10. Sohn, ſprach zu ihm ſein oͤhm, der heil'ge Vater zu Rom, Zu deſſen fuͤßen, mit einem reichlichen ſtrom Bußfert'ger zaͤhren angefeuchtet, Er, als ein frommer chriſt, erſt ſeine ſchuld gebeichtet; Sohn, ſprach er, da er ihm den ablas ſegnend gab, Zeuch hin in frieden! Es wird dir wohl gelingen Was du beginnſt. Allein vor allen dingen, Wenn du nach Joppen koͤmmſt, beſuch das heil'ge grab! 11. Der Ritter kuͤſſet ihm in demuth den pantoffel, Gelobt gehorſam an und zieht getroſt dahin. Schwer war das werk, wozu der Kayſer ihn Verurtheilt hatte; doch, mit Gott und Sanct Chriſtoffel, Hoft er zu ſeinem ruhm ſich ſchon herauszuziehn. Er ſteigt zu Joppen aus, tritt mit dem pilgerſtabe Die wallfahrt an zum werthen heil'gen grabe, Und fuͤhlt ſich nun an muth und glauben zwiefach kuͤhn. 12. Drauf

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/12>, abgerufen am 25.04.2024.