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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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36.
Und mit dem worte rennt er gegen mich,
Der, unbereit zu solchem tanze,
Sich's nicht versah, mit eingelegter lanze.
Zum glück pariert' ich seinen stich
Mit meinem linken arm, um den ich in der eile
Den mantel schlug, und auf der stell empfieng
Mit meinem degenknopf der unhold eine beule
So derb, daß ihm davon der athem stracks entgieng.
37.
Er fiel, mit einem wort, um nimmer aufzustehen.
Und plözlich liessen sich im walde reuter sehen
In großer zahl; doch des erschlagnen tod
Zu rächen, war dem feigen troß nicht noth.
Sie hielten, während wir des knaben wunde banden,
Sich still und fern, bis wir aus ihren augen schwanden;
Drauf legten sie den leichnam auf ein roß
Und zogen ebnen wegs zum kayserlichen schloß.
38.
Unwissend, wie bey Karln mein handel sich verschlimmert,
Verfolg ich meinen weg, des vorgangs unbekümmert.
Wir langen an. Mein alter öhm, der Abt
Von Saint Denys, ein mann mit weisheit hochbegabt,
Führt beym gehör das wort. Wir werden wohl empfangen,
Und alles wäre recht erwünscht für uns ergangen:
Allein, just wie man sich zur tafel setzen will,
Hält Hohenblat vorm schloß mit Scharlots leiche still.
39. Zwölf
36.
Und mit dem worte rennt er gegen mich,
Der, unbereit zu ſolchem tanze,
Sich's nicht verſah, mit eingelegter lanze.
Zum gluͤck pariert' ich ſeinen ſtich
Mit meinem linken arm, um den ich in der eile
Den mantel ſchlug, und auf der ſtell empfieng
Mit meinem degenknopf der unhold eine beule
So derb, daß ihm davon der athem ſtracks entgieng.
37.
Er fiel, mit einem wort, um nimmer aufzuſtehen.
Und ploͤzlich lieſſen ſich im walde reuter ſehen
In großer zahl; doch des erſchlagnen tod
Zu raͤchen, war dem feigen troß nicht noth.
Sie hielten, waͤhrend wir des knaben wunde banden,
Sich ſtill und fern, bis wir aus ihren augen ſchwanden;
Drauf legten ſie den leichnam auf ein roß
Und zogen ebnen wegs zum kayſerlichen ſchloß.
38.
Unwiſſend, wie bey Karln mein handel ſich verſchlimmert,
Verfolg ich meinen weg, des vorgangs unbekuͤmmert.
Wir langen an. Mein alter oͤhm, der Abt
Von Saint Denys, ein mann mit weisheit hochbegabt,
Fuͤhrt beym gehoͤr das wort. Wir werden wohl empfangen,
Und alles waͤre recht erwuͤnſcht fuͤr uns ergangen:
Allein, juſt wie man ſich zur tafel ſetzen will,
Haͤlt Hohenblat vorm ſchloß mit Scharlots leiche ſtill.
39. Zwoͤlf
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[0021] 36. Und mit dem worte rennt er gegen mich, Der, unbereit zu ſolchem tanze, Sich's nicht verſah, mit eingelegter lanze. Zum gluͤck pariert' ich ſeinen ſtich Mit meinem linken arm, um den ich in der eile Den mantel ſchlug, und auf der ſtell empfieng Mit meinem degenknopf der unhold eine beule So derb, daß ihm davon der athem ſtracks entgieng. 37. Er fiel, mit einem wort, um nimmer aufzuſtehen. Und ploͤzlich lieſſen ſich im walde reuter ſehen In großer zahl; doch des erſchlagnen tod Zu raͤchen, war dem feigen troß nicht noth. Sie hielten, waͤhrend wir des knaben wunde banden, Sich ſtill und fern, bis wir aus ihren augen ſchwanden; Drauf legten ſie den leichnam auf ein roß Und zogen ebnen wegs zum kayſerlichen ſchloß. 38. Unwiſſend, wie bey Karln mein handel ſich verſchlimmert, Verfolg ich meinen weg, des vorgangs unbekuͤmmert. Wir langen an. Mein alter oͤhm, der Abt Von Saint Denys, ein mann mit weisheit hochbegabt, Fuͤhrt beym gehoͤr das wort. Wir werden wohl empfangen, Und alles waͤre recht erwuͤnſcht fuͤr uns ergangen: Allein, juſt wie man ſich zur tafel ſetzen will, Haͤlt Hohenblat vorm ſchloß mit Scharlots leiche ſtill. 39. Zwoͤlf

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/21>, abgerufen am 29.03.2024.