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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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51.
Dies rasche wort empört den ganzen saal
Von neuem; alle schwerter blitzen
Das ritterrecht, das Karl in mir verlezt, zu schützen.
Ergreift ihn, ruft der Kayser abermal;
Allein, mit vorgehaltnen klingen,
Sieht er, und knirscht vor zorn, die ritter mich umringen.
Vergebens droht, schier im gedräng erstickt,
Der geistliche herr mit bann und interdikt.
52.
Des reiches schicksal schien an einem haar zu schweben.
Die grauen räthe flehn dem kayser auf den knie'n
Dem Recht der ritter nachzugeben:
Je mehr sie flehn, je minder rührt es ihn:
Bis endlich herzog Nayms (der oft in seinem leben,
Wenn Karl den kopf verlohr, den seinen ihm geliehn)
Den mund zum ohr ihm hält, dann gegen uns sich kehret,
Und zum begehrten kampf des kaysers urlaub schwöret.
53.
Herr Hüon fuhr in seiner erzählung fort:
Wie straks auf dieses einz'ge wort
Der aufruhr sich gelegt, die ritter alle zurücke
Gewichen, und Karl, wiewohl im herzen ergrimmt,
Mit stiller wut, im halbentwölkten blicke,
Den achten tag zum urtheilskampf bestimmt;
Wie beyde theile sich mit großer pracht gerüstet,
Und wie, des siegs gewiß, sich Hohenblat gebrüstet.
54. Des
51.
Dies raſche wort empoͤrt den ganzen ſaal
Von neuem; alle ſchwerter blitzen
Das ritterrecht, das Karl in mir verlezt, zu ſchuͤtzen.
Ergreift ihn, ruft der Kayſer abermal;
Allein, mit vorgehaltnen klingen,
Sieht er, und knirſcht vor zorn, die ritter mich umringen.
Vergebens droht, ſchier im gedraͤng erſtickt,
Der geiſtliche herr mit bann und interdikt.
52.
Des reiches ſchickſal ſchien an einem haar zu ſchweben.
Die grauen raͤthe flehn dem kayſer auf den knie'n
Dem Recht der ritter nachzugeben:
Je mehr ſie flehn, je minder ruͤhrt es ihn:
Bis endlich herzog Nayms (der oft in ſeinem leben,
Wenn Karl den kopf verlohr, den ſeinen ihm geliehn)
Den mund zum ohr ihm haͤlt, dann gegen uns ſich kehret,
Und zum begehrten kampf des kayſers urlaub ſchwoͤret.
53.
Herr Huͤon fuhr in ſeiner erzaͤhlung fort:
Wie ſtraks auf dieſes einz'ge wort
Der aufruhr ſich gelegt, die ritter alle zuruͤcke
Gewichen, und Karl, wiewohl im herzen ergrimmt,
Mit ſtiller wut, im halbentwoͤlkten blicke,
Den achten tag zum urtheilskampf beſtimmt;
Wie beyde theile ſich mit großer pracht geruͤſtet,
Und wie, des ſiegs gewiß, ſich Hohenblat gebruͤſtet.
54. Des
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[0026] 51. Dies raſche wort empoͤrt den ganzen ſaal Von neuem; alle ſchwerter blitzen Das ritterrecht, das Karl in mir verlezt, zu ſchuͤtzen. Ergreift ihn, ruft der Kayſer abermal; Allein, mit vorgehaltnen klingen, Sieht er, und knirſcht vor zorn, die ritter mich umringen. Vergebens droht, ſchier im gedraͤng erſtickt, Der geiſtliche herr mit bann und interdikt. 52. Des reiches ſchickſal ſchien an einem haar zu ſchweben. Die grauen raͤthe flehn dem kayſer auf den knie'n Dem Recht der ritter nachzugeben: Je mehr ſie flehn, je minder ruͤhrt es ihn: Bis endlich herzog Nayms (der oft in ſeinem leben, Wenn Karl den kopf verlohr, den ſeinen ihm geliehn) Den mund zum ohr ihm haͤlt, dann gegen uns ſich kehret, Und zum begehrten kampf des kayſers urlaub ſchwoͤret. 53. Herr Huͤon fuhr in ſeiner erzaͤhlung fort: Wie ſtraks auf dieſes einz'ge wort Der aufruhr ſich gelegt, die ritter alle zuruͤcke Gewichen, und Karl, wiewohl im herzen ergrimmt, Mit ſtiller wut, im halbentwoͤlkten blicke, Den achten tag zum urtheilskampf beſtimmt; Wie beyde theile ſich mit großer pracht geruͤſtet, Und wie, des ſiegs gewiß, ſich Hohenblat gebruͤſtet. 54. Des

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/26>, abgerufen am 24.04.2024.