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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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33.
Sie kamen just zurück, als, nah am Klosterbühl,
Indem sie paar und paar in schönster ordnung wallten,
Der rest des sturms sie überfiel.
Kreuz, fahnen, scapulier, sind toller winde spiel,
Und strömend dringt die flut bis in des schleyers falten.
Umsonst ist alle müh die ordnung zu erhalten.
Die andacht reißt. Mit komischem gewühl
Rennt alles hin und her in seltsamen gestalten.
34.
Hier wadet bis ans knie geschürzt
Ein nönnchen im morast: dort glitscht ein mönch im laufen,
Und, daß er nicht auf einen haufen
Von schwesterchen, die vor ihm rennen, stürzt,
Ergreift er in der angst die Domina beym beine.
Doch endlich, da der sturm sein äusserstes gethan,
Langt, athemlos, die ganze Chorgemeine,
Durchnäßt und wohlbesprizt, im klostervorhof an.
35.
Hier war noch alles voll getümmel,
Als durch das thor, das weitgeöfnet stund,
Mein Scherasmin sich mitten ins gewimmel
Der klosterleute stürzt; denn auf geweyhtem grund
Ists, wie er glaubt, so sicher als im himmel.
Bald kömmt auch Hüon nach, und, wie er gleich den mund
Eröfnen will, die freyheit abzubitten,
So steht mit einem blitz der Zwerg in ihrer mitten.
36. Auf
C 4
33.
Sie kamen juſt zuruͤck, als, nah am Kloſterbuͤhl,
Indem ſie paar und paar in ſchoͤnſter ordnung wallten,
Der reſt des ſturms ſie uͤberfiel.
Kreuz, fahnen, ſcapulier, ſind toller winde ſpiel,
Und ſtroͤmend dringt die flut bis in des ſchleyers falten.
Umſonſt iſt alle muͤh die ordnung zu erhalten.
Die andacht reißt. Mit komiſchem gewuͤhl
Rennt alles hin und her in ſeltſamen geſtalten.
34.
Hier wadet bis ans knie geſchuͤrzt
Ein noͤnnchen im moraſt: dort glitſcht ein moͤnch im laufen,
Und, daß er nicht auf einen haufen
Von ſchweſterchen, die vor ihm rennen, ſtuͤrzt,
Ergreift er in der angſt die Domina beym beine.
Doch endlich, da der ſturm ſein aͤuſſerſtes gethan,
Langt, athemlos, die ganze Chorgemeine,
Durchnaͤßt und wohlbeſprizt, im kloſtervorhof an.
35.
Hier war noch alles voll getuͤmmel,
Als durch das thor, das weitgeoͤfnet ſtund,
Mein Scherasmin ſich mitten ins gewimmel
Der kloſterleute ſtuͤrzt; denn auf geweyhtem grund
Iſts, wie er glaubt, ſo ſicher als im himmel.
Bald koͤmmt auch Huͤon nach, und, wie er gleich den mund
Eroͤfnen will, die freyheit abzubitten,
So ſteht mit einem blitz der Zwerg in ihrer mitten.
36. Auf
C 4
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[0045] 33. Sie kamen juſt zuruͤck, als, nah am Kloſterbuͤhl, Indem ſie paar und paar in ſchoͤnſter ordnung wallten, Der reſt des ſturms ſie uͤberfiel. Kreuz, fahnen, ſcapulier, ſind toller winde ſpiel, Und ſtroͤmend dringt die flut bis in des ſchleyers falten. Umſonſt iſt alle muͤh die ordnung zu erhalten. Die andacht reißt. Mit komiſchem gewuͤhl Rennt alles hin und her in ſeltſamen geſtalten. 34. Hier wadet bis ans knie geſchuͤrzt Ein noͤnnchen im moraſt: dort glitſcht ein moͤnch im laufen, Und, daß er nicht auf einen haufen Von ſchweſterchen, die vor ihm rennen, ſtuͤrzt, Ergreift er in der angſt die Domina beym beine. Doch endlich, da der ſturm ſein aͤuſſerſtes gethan, Langt, athemlos, die ganze Chorgemeine, Durchnaͤßt und wohlbeſprizt, im kloſtervorhof an. 35. Hier war noch alles voll getuͤmmel, Als durch das thor, das weitgeoͤfnet ſtund, Mein Scherasmin ſich mitten ins gewimmel Der kloſterleute ſtuͤrzt; denn auf geweyhtem grund Iſts, wie er glaubt, ſo ſicher als im himmel. Bald koͤmmt auch Huͤon nach, und, wie er gleich den mund Eroͤfnen will, die freyheit abzubitten, So ſteht mit einem blitz der Zwerg in ihrer mitten. 36. Auf C 4

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/45>, abgerufen am 28.03.2024.