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Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893.

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3.
CHRONOLOGIE DER PENTEKONTAETIE.


Die Politie hat für die chronologisch dunkele periode 479--45Begrenzung
der auf-
gabe.

einige feste punkte gegeben, durch die Themistoklesanekdote aber ge-
droht, alles zu verwirren. bei der nachprüfung stellte sich mir zur
eigenen überraschung heraus, dass das mistrauen gegen die ergebnisse
der zeitrechnung für diese periode, das ich bisher gehegt hatte, nur so
weit berechtigt war, als es den modernen gebäuden galt, die ohne aus-
nahme starke gewaltmittel gegenüber den zeugnissen brauchen. lässt
man dagegen die zuverlässige überlieferung stehn, so ergibt sich ein
resultat von sehr erfreulicher einfachheit und sicherheit. obwol also
neues gerade gar nichts von mir aufgestellt wird, halte ich für gut, eine
zeittafel vorzulegen. die methode, dünkt mich, spricht für sich selbst,
die genauen und absolut, nicht bloss relativ, gegebenen datirungen an
einander zu reihen. wenn sie stimmen, so ist es gut; die relativen an-
gaben müssen sich dann fügen, und es hat historisch sogar nur ein
geringes interesse, wie das bewerkstelligt wird.

Es kommt freilich darauf an, welche voraussetzungen man macht,
und wie weit man exacte genauigkeit überhaupt für erreichbar hält. ich
schicke deshalb die grundsätze voraus, auf deren boden ich allein de-
battiren kann.

1) die zeitrechnung ist die attische. alle angaben der späteren gehen
auf attische jahre zurück, abgesehen von dem persischen kanon der
könige.1) also sind die einzig absolut verlässlichen daten die auf den
attischen archon gestellten, zumal sie entweder direct in urkunden er-
halten sind oder aus der chronik stammen. die angaben der späteren

1) Die gedichte des Pindaros sind durch die siege datirt, auf die sie sich be-
ziehen, also auf Olympien und Pythien; damit ist ein spielraum von ein par mo-
naten gegeben.
v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 19
3.
CHRONOLOGIE DER PENTEKONTAETIE.


Die Politie hat für die chronologisch dunkele periode 479—45Begrenzung
der auf-
gabe.

einige feste punkte gegeben, durch die Themistoklesanekdote aber ge-
droht, alles zu verwirren. bei der nachprüfung stellte sich mir zur
eigenen überraschung heraus, daſs das mistrauen gegen die ergebnisse
der zeitrechnung für diese periode, das ich bisher gehegt hatte, nur so
weit berechtigt war, als es den modernen gebäuden galt, die ohne aus-
nahme starke gewaltmittel gegenüber den zeugnissen brauchen. läſst
man dagegen die zuverläſsige überlieferung stehn, so ergibt sich ein
resultat von sehr erfreulicher einfachheit und sicherheit. obwol also
neues gerade gar nichts von mir aufgestellt wird, halte ich für gut, eine
zeittafel vorzulegen. die methode, dünkt mich, spricht für sich selbst,
die genauen und absolut, nicht bloſs relativ, gegebenen datirungen an
einander zu reihen. wenn sie stimmen, so ist es gut; die relativen an-
gaben müssen sich dann fügen, und es hat historisch sogar nur ein
geringes interesse, wie das bewerkstelligt wird.

Es kommt freilich darauf an, welche voraussetzungen man macht,
und wie weit man exacte genauigkeit überhaupt für erreichbar hält. ich
schicke deshalb die grundsätze voraus, auf deren boden ich allein de-
battiren kann.

1) die zeitrechnung ist die attische. alle angaben der späteren gehen
auf attische jahre zurück, abgesehen von dem persischen kanon der
könige.1) also sind die einzig absolut verläſslichen daten die auf den
attischen archon gestellten, zumal sie entweder direct in urkunden er-
halten sind oder aus der chronik stammen. die angaben der späteren

1) Die gedichte des Pindaros sind durch die siege datirt, auf die sie sich be-
ziehen, also auf Olympien und Pythien; damit ist ein spielraum von ein par mo-
naten gegeben.
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[[289]/0299] 3. CHRONOLOGIE DER PENTEKONTAETIE. Die Politie hat für die chronologisch dunkele periode 479—45 einige feste punkte gegeben, durch die Themistoklesanekdote aber ge- droht, alles zu verwirren. bei der nachprüfung stellte sich mir zur eigenen überraschung heraus, daſs das mistrauen gegen die ergebnisse der zeitrechnung für diese periode, das ich bisher gehegt hatte, nur so weit berechtigt war, als es den modernen gebäuden galt, die ohne aus- nahme starke gewaltmittel gegenüber den zeugnissen brauchen. läſst man dagegen die zuverläſsige überlieferung stehn, so ergibt sich ein resultat von sehr erfreulicher einfachheit und sicherheit. obwol also neues gerade gar nichts von mir aufgestellt wird, halte ich für gut, eine zeittafel vorzulegen. die methode, dünkt mich, spricht für sich selbst, die genauen und absolut, nicht bloſs relativ, gegebenen datirungen an einander zu reihen. wenn sie stimmen, so ist es gut; die relativen an- gaben müssen sich dann fügen, und es hat historisch sogar nur ein geringes interesse, wie das bewerkstelligt wird. Begrenzung der auf- gabe. Es kommt freilich darauf an, welche voraussetzungen man macht, und wie weit man exacte genauigkeit überhaupt für erreichbar hält. ich schicke deshalb die grundsätze voraus, auf deren boden ich allein de- battiren kann. 1) die zeitrechnung ist die attische. alle angaben der späteren gehen auf attische jahre zurück, abgesehen von dem persischen kanon der könige. 1) also sind die einzig absolut verläſslichen daten die auf den attischen archon gestellten, zumal sie entweder direct in urkunden er- halten sind oder aus der chronik stammen. die angaben der späteren 1) Die gedichte des Pindaros sind durch die siege datirt, auf die sie sich be- ziehen, also auf Olympien und Pythien; damit ist ein spielraum von ein par mo- naten gegeben. v. Wilamowitz, Aristoteles. II. 19

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Zitationshilfe: Wilamowitz-Moellendorff, Ulrich von: Aristoteles und Athen. Bd. 2. Berlin, 1893, S. [289]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilamowitz_aristoteles02_1893/299>, abgerufen am 24.04.2024.