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Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Was für einen Spaziergang Der wohl machen wollte? dachte Ohlerich und blickte den Jüngling äußerst argwöhnisch an. Dann sah er wieder das Blut und fragte mit einer Gutmüthigkeit, die er beim besten Willen nicht unterdrücken konnte: Hat er gut getroffen?

O nein; herzlich schlecht! sagte Julius lachend. Es that ihm sehr wohl, daß er einen Anlaß hatte, zu lachen. Dabei schwenkte er die Hand geringschätzig und ließ den nächsten Tropfen den Finger hinunterlaufen. Es ist ein elender Schmiß! Mit einem kleinen Stück Heftpflaster macht man der Sache ein Ende!

Nun, so ein paar Blutstropfen kann man zur Noth entbehren, wenn man so viel davon in Vorrath hat, sagte Ohlerich gutmüthig, mit einem Blick auf Julius' blühendes Gesicht. Es fiel ihm auf einmal in die Sinne, wie hübsch und stattlich dieser junge Mensch aussah. Die schönen braunen Augen regten ihn auf. Dazu der junge, kriegerische Bart, wie er selbst ihn nicht hatte. Es ward ihm wieder heiß in der Brust. Er dachte an Liesbeth, und wie natürlich es sei, sich in so einen Menschen zu verlieben, -- Alles in ihm bäumte sich wieder auf. Unterdessen zog Julius ein Stück Heftpflaster aus seiner Brusttasche hervor und klebte es auf den langen, aber schmalen Riß. Dann fragte er, um nicht länger stumm zu sein: Und Sie -- wo wollten Sie hin?

Wo ich hinwollte? -- Nun, ins Wirthshaus! antwortete Johann Ohlerich.

In das nächste da?

Wahrscheinlich!

Man hat da gutes bayrisches Bier! fiel Julius ein zu bemerken.

Und guten Porter, setzte Ohlerich hinzu. Ich für meine Person ziehe Porter vor; er hat mehr Gewalt, er geht besser ins Blut.

Wenn ich ihn mit Ale mischen kann, ist er mir noch lieber, warf Julius möglichst behaglich hin. Indem er das

Was für einen Spaziergang Der wohl machen wollte? dachte Ohlerich und blickte den Jüngling äußerst argwöhnisch an. Dann sah er wieder das Blut und fragte mit einer Gutmüthigkeit, die er beim besten Willen nicht unterdrücken konnte: Hat er gut getroffen?

O nein; herzlich schlecht! sagte Julius lachend. Es that ihm sehr wohl, daß er einen Anlaß hatte, zu lachen. Dabei schwenkte er die Hand geringschätzig und ließ den nächsten Tropfen den Finger hinunterlaufen. Es ist ein elender Schmiß! Mit einem kleinen Stück Heftpflaster macht man der Sache ein Ende!

Nun, so ein paar Blutstropfen kann man zur Noth entbehren, wenn man so viel davon in Vorrath hat, sagte Ohlerich gutmüthig, mit einem Blick auf Julius' blühendes Gesicht. Es fiel ihm auf einmal in die Sinne, wie hübsch und stattlich dieser junge Mensch aussah. Die schönen braunen Augen regten ihn auf. Dazu der junge, kriegerische Bart, wie er selbst ihn nicht hatte. Es ward ihm wieder heiß in der Brust. Er dachte an Liesbeth, und wie natürlich es sei, sich in so einen Menschen zu verlieben, — Alles in ihm bäumte sich wieder auf. Unterdessen zog Julius ein Stück Heftpflaster aus seiner Brusttasche hervor und klebte es auf den langen, aber schmalen Riß. Dann fragte er, um nicht länger stumm zu sein: Und Sie — wo wollten Sie hin?

Wo ich hinwollte? — Nun, ins Wirthshaus! antwortete Johann Ohlerich.

In das nächste da?

Wahrscheinlich!

Man hat da gutes bayrisches Bier! fiel Julius ein zu bemerken.

Und guten Porter, setzte Ohlerich hinzu. Ich für meine Person ziehe Porter vor; er hat mehr Gewalt, er geht besser ins Blut.

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[0042] Was für einen Spaziergang Der wohl machen wollte? dachte Ohlerich und blickte den Jüngling äußerst argwöhnisch an. Dann sah er wieder das Blut und fragte mit einer Gutmüthigkeit, die er beim besten Willen nicht unterdrücken konnte: Hat er gut getroffen? O nein; herzlich schlecht! sagte Julius lachend. Es that ihm sehr wohl, daß er einen Anlaß hatte, zu lachen. Dabei schwenkte er die Hand geringschätzig und ließ den nächsten Tropfen den Finger hinunterlaufen. Es ist ein elender Schmiß! Mit einem kleinen Stück Heftpflaster macht man der Sache ein Ende! Nun, so ein paar Blutstropfen kann man zur Noth entbehren, wenn man so viel davon in Vorrath hat, sagte Ohlerich gutmüthig, mit einem Blick auf Julius' blühendes Gesicht. Es fiel ihm auf einmal in die Sinne, wie hübsch und stattlich dieser junge Mensch aussah. Die schönen braunen Augen regten ihn auf. Dazu der junge, kriegerische Bart, wie er selbst ihn nicht hatte. Es ward ihm wieder heiß in der Brust. Er dachte an Liesbeth, und wie natürlich es sei, sich in so einen Menschen zu verlieben, — Alles in ihm bäumte sich wieder auf. Unterdessen zog Julius ein Stück Heftpflaster aus seiner Brusttasche hervor und klebte es auf den langen, aber schmalen Riß. Dann fragte er, um nicht länger stumm zu sein: Und Sie — wo wollten Sie hin? Wo ich hinwollte? — Nun, ins Wirthshaus! antwortete Johann Ohlerich. In das nächste da? Wahrscheinlich! Man hat da gutes bayrisches Bier! fiel Julius ein zu bemerken. Und guten Porter, setzte Ohlerich hinzu. Ich für meine Person ziehe Porter vor; er hat mehr Gewalt, er geht besser ins Blut. Wenn ich ihn mit Ale mischen kann, ist er mir noch lieber, warf Julius möglichst behaglich hin. Indem er das

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:21:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Wilbrandt, Adolph: Johann Ohlerich. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 267–332. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wilbrandt_ohlerich_1910/42>, abgerufen am 28.03.2024.